||Kapitel 84|| Annie

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"Ich glaube, sie wacht auf, Mama!", höre ich eine schrille Stimme und jemand drückt daraufhin meine Hand. Was geht hier vor sich? Ich glaube, ich liege. In einem Bett? Wem gehört diese Stimme?

"Was? Drück' den Knopf, damit eine Schwester kommt!", ruft eine zweite Stimme und ich höre Schritte, die in meine Richtung kommen.

Kurz darauf öffnet sich - wenn ich das Geräusch richtig interpretiere - eine Tür und wieder höre ich Schritte auf mich zu kommen.

"Ist alles in Ordnung bei Ihnen?", fragt eine männliche Stimme.

"Pfleger Daniel, ich glaube, sie wird wach!", ruft die erste Stimme wieder.

Hallo? Ich kann euch hören. Auch wenn mein Kopf so dermaßen schmerzt!

"Okay!", meint die Männerstimme noch einmal und richtet sich dann an mich, glaube ich zumindest. "Miss Clinton, hören Sie mich? Können Sie zur Bestätigung bitte mal meine Hand drücken?"

Plötzlich greift jemand nach meiner rechten Hand. Um mich bemerkbar zu machen, murmele ich leise etwas Unverständliches und versuche, alle meine Kraft zusammen zu bringen und drücke ganz sanft die Hand des Pflegers.

"Alles klar, okay. Können Sie dann nun auch die Augen öffnen?"

Ich will wissen, was hier los ist und deshalb bringe ich alles an Kraft auf, was in meinem müden, schmerzenden Körper noch zu finden ist.

Aufgrund des großen, plötzlichen Lichteinfalls muss ich ein paar Mal blinzeln, bis ich Menschen erkenne. Na klar, die Stimmen gehörten Aaliyah und Karen! Dass ich das nicht gleich bemerkt hatte...

"Sehr gut. Wie geht es Ihnen? Ich piepe schnell den Doc an", meint der Pfleger und zieht sein Diensthandy aus der Tasche seiner Arbeitskleidung. Er sieht sehr freundlich aus.

Auf seine Frage, wie es mir geht, kann ich ihm nicht antworten. Mein Mund ist so trocken und im Übrigen weiß ich überhaupt nicht, wie es mir geht. Beschissen?

Was ist überhaupt passiert?

Es dauert nicht lange, da stürmt ein grauhaariger, lächelnder Mann im weißen Kittel ins Zimmer.

"Hallo, zusammen! Miss Clinton, schön, dass Sie wieder wach sind. Wie geht es Ihnen? Können Sie sprechen?", fragt er.

Ein Krächzen verlässt meinen Mund. Mehr bringe ich nicht zustande.

"Daniel, seien Sie doch so gut und geben Sie ihr ein bisschen Wasser", meint der Doktor an Pfleger Daniel gerichtet. Dieser nickt und verlässt zügig den Raum.

"Also, mein Name ist Doktor Michaelsen. Ich habe Sie in der Notaufnahme empfangen und versorgt. Sie haben eine kleine Gehirnerschütterung, eine Platzwunde am Kopf und eine gebrochene Rippe. Sie sind glimpflich davongekommen, alles wird wieder heilen."

Der Pfleger kommt zurück und hilft mir einen Schluck Wasser zu trinken. Dann versuche ich es noch einmal mit dem Sprechen.

"Hallo", bekomme ich leise heraus.

"Hallo, Miss Clinton. Haben Sie noch Schmerzen? Wir haben Ihnen 400 Milligramm Schmerzmittel verabreicht. Wenn Sie wünschen, können Sie später noch eine Dosis bekommen."

Ich nicke. "Mir tut einiges weh."

"Wissen Sie denn, was passiert ist?", fragt Dr. Michaelsen nun.

Erst will ich den Kopf schütteln, doch dann trifft es mich wie ein Blitz und ich habe Bilder vor meinem inneren Auge. Das Interview, zu dem wir wollten. Der Unfall auf der Kreuzung. Shawn, der sich schützend vor mich warf.

"Wo ist Shawn?" Meine Stimme war wieder nur ein Krächzen. Dann fiel mir auf, dass Shawns Vater ebenfalls nicht da war.

"Mister Mendes wird gerade operiert", meint der Arzt sachlich, aber irgendwas liegt in seinem Gesichtsausdruck.

"Manny wartet vor dem OP und sagt uns sofort Bescheid, wenn es etwas Neues gibt", meint Karen aufmunternd und kommt zu mir, um mir über die Wange zu streichen.

"Und warum bist du nicht bei deinem Sohn, sondern bei mir?", frage ich verwundert.

"Aaliyah und ich wollten nicht, dass du alleine bist, wenn du wach wirst. Mehr als vor dem OP herumsitzen und Leuten zusehen, die hektisch in den OP-Bereich stürmen oder hinauskommen, kann Manny dort auch nicht tun. Und außerdem war zu dem Zeitpunkt, als wir zu dir gekommen sind, noch nicht klar, wie es meinem Enkel geht", meint Karen.

Ihrem Enkel. Ich riss meine Augen auf. Wie konnte ich das denn vergessen? Schließlich trug ich eine kleine Kugel mit mir.

"Wie geht es ihm denn? Also dem Baby, meine ich!" Erwartungsvoll sehe ich den Arzt an. Bitte sagen Sie mir, dass es ihm gut geht.

"Das Baby hatte wirklich Glück. Es geht ihm gut und es gibt keinen Grund zur Sorge", lächelt mir Dr. Michaelsen zu. Kurz darauf piept sein Telefon im Kittel. Er nimmt es hinaus, sieht darauf und steckt es wieder weg. "Ich muss weiter. Ich sehe später noch einmal nach Ihnen. Ruhen Sie sich aus!"

Dann geht er schnellen Schrittes aus dem Zimmer, so wie er auch gekommen war.

Pfleger Daniel lächelte uns auch noch einmal zu und schloss dann hinter sich die Tür meines Krankenhauszimmers.

"Wie geht es Shawn wirklich?", frage ich sofort.

Karen und Aaliyah sehen sich kurz an und dann ergreift Shawns Schwester das Wort.

"Er hat massive Quetschungen erlitten, viel Blut über einige Schrammen und Wunden verloren und sich einen Schädelbasisbruch zugezogen. Die Ärzte operieren ihn nun schon seit 5 Stunden, aber sie sagen, die Möglichkeit ist sehr groß, dass er nach der OP ins künstliche Koma versetzt werden muss oder von alleine schon ins Koma fällt."

Aaliyah versucht stark zu sein, das sehe ich ihr an. Sie bemüht sich um ein Lächeln, um mir zu zeigen, dass die Situation nicht aussichtslos ist. Doch das ist sie vermutlich.

Karen schluchzt auf, Aaliyah nimmt sie in den Arm. Vermutlich weint sie auch.

Aber ich kann gerade nicht weinen, dafür bin ich zu geschockt.

Dann höre ich eine Stimme, meine Stimme, obwohl ich eigentlich nichts sagen wollte und still an die Wand starren wollte.

"Das ist meine Schuld. Shawn hat sich schützend vor mich und meinen Babybauch geworfen. Deshalb hat es ihn so schwer getroffen und mich nur so leicht."

Karen schnappt laut nach Luft und sieht mir in die Augen. "Schätzchen, was redest du denn da?" Sie löst sich von ihrer Tochter und kommt zu mir. "Das ist auf gar keinen Fall deine Schuld. Der betrunkene Mann ist Schuld an dem ganzen Unfall und es ist auch ganz sicher nicht deine Schuld, dass Shawn dich schützen wollte. Das zeigt doch nur, dass er dich und und euer ungeborenes Kind jetzt schon von ganzen Herzen liebt und alles für euch tun würde. Mach dir keine Gedanken, Shawn wird schon wieder. Ich kenne meinen Sohn jetzt schon über 24 Jahre und er hat noch nie aufgegeben!"

Karens Augen glitzern verdächtig, aber sie meint ihre Worte ernst. Das weiß ich und deswegen glaube ich ihr.

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Silence with you - a Shawn Mendes ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt