||Kapitel 75|| Annie

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Es war ganz schön kalt, da ich nur mein Abendkleid trug, das auch nur kurze Ärmel hatte.

Warum musste diese dumme Kuh auch meinen Freund abknutschen?

Plötzlich nehme ich eine Bewegung neben mir wahr. Phil steht neben der Parkbank, auf der ich sitze und dem reißenden Fluss zusehe.

"Was machst du hier?", frage ich ihn verwirrt per Gebärden.

"Shawn hat mich gebeten herzukommen. Ich hab ihn gerade gesehen, er sieht ziemlich fertig aus. Was ist denn passiert?", fragt mein bester Freund, während er mich in zwei Wolldecken verpackt, die er mir anscheinend mitgebracht hatte.

"Danke für die Decken. Kennst du Camila Cabello?", frage ich ihn.

"Schon mal gehört, hat die schwarze Haare und ist relativ klein?"

"Ja, sie ist ein kleines, mieses Biest! Shawn hatte mal besoffen etwas mit ihr und sie macht sich seit Jahren Hoffnungen, obwohl Shawn ihr schon so oft gesagt hat, dass er nichts von ihr will. Camila war heute auch da und saß an unserem Tisch. Ich könnte sie erwürgen! Ich war nur kurz auf die Toilette und als sie sah, dass ich zurückkam, hat sie meinen Freund einfach geküsst. Er hat sie sofort weggestoßen, ich bin auch gar nicht auf ihn sauer, aber Camila könnte ich gerade die Augen auskratzen und sie noch weiter foltern!"

Anhand der Schnelligkeit meiner Gebärden und meiner Gesichtszüge merkte Phil, wie wütend ich war.

"Darf ich sie schlagen gehen, wenn sie noch da ist?"

"Besser nicht. Ich hoffe so einfach nur schon, dass nicht noch irgendein Typ von der Presse im Gebäude war und das Geschehen abgelichtet hat! Obwohl, dann könnten wir Camila ja auch öffentlich fertig machen! Wirklich, ich bin so wütend auf diese Tussi!"

"Bitte kratz' mir nicht die Augen aus", meint Phil und hebt die Hände so neben den Kopf, als würde er sich ergeben. "Pass auf, ich habe eine Idee. Im Studium wurde uns eingetrichtert, dass bestimmte Gefühle wie Wut, Zorn, Angst aber auch Freude Blockaden lösen können. Lass uns deine Wut auf Camila einfach hinausschreien!",schlug er vor und schien maßlos begeistert über seine Idee.

"Ich kann nicht sprechen, wie soll ich dann schreien?", frage ich ihn verwirrt.

"Genau das ist es ja. Wir lösen die Blockade zusammen. Ich weiß nicht, ob es funktioniert, aber falls wir die Blockade so lösen können, kannst du eventuell auch wieder bald sprechen, wenn wir lange genug üben!"

"Was für eine bescheuerte Methode soll das denn sein? Ich glaub nicht, dass das funktioniert, Phil."

"Ich fand es zuerst auch komisch, aber der Professor schwört darauf und hat so angeblich schon einigen seiner Patienten geholfen. Lass es uns doch einfach probieren, was hast du denn zu verlieren?"

"Okay. Dann versuchen wir es",gab ich mich geschlagen.

"Super. Alright, dann schrei ich einfach mal und du versuchst, mir nachzumachen." Im nächsten Moment schrie Phil neben mir so laut, dass ich mir meine Ohren zuhielt.

"Du weißt doch bestimmt noch wie man schreit, von der Zeit vor dem Unfall, oder?"

Ich nicke und versuche auch zu schreien. Wie erwartet verlässt kein Ton meinen Mund.

"Okay, das war doch schon einmal gut. Und jetzt denk an das, was du eben sehen musstest. Denk an Camila, wie sie Shawn ihre Zunge in den Hals schiebt und versuche es wieder", meint Phil in seinem Element.

Ich tue, was mir befohlen wurde und stelle mir die Situation bildlich vor. Sofort habe ich wieder das Bedürfnis Camila Cabellos Augen auszukratzen und mit ihr weiß Gott was noch zu machen. Diese Bitch hat einfach meinen Freund geküsst!

Beflügelt von meiner Wut, versuche ich noch einmal, zu schreien.

Es war nur ein Krächzen, aber wenigstens verließ ein Ton meinen Mund.

Ich brauchte kurz, um zu realisieren, was passiert war, aber dann sprang ich schwungvoll von der Bank und umarmte Phil überschwänglich.

Völlig überwältigt bemühte ich mich nun auch noch darum, etwas sagen zu können.

Ich strengte mich so dermaßen an, wie ich es schon oft versucht hatte, aber der Unterschied bestand darin, dass ich es nun wirklich wollte und es auch eben schon einmal geschafft hatte. Ich nahm all meine Kraft zusammen und versuchte alles in meiner Macht stehende.

"Danke, Phil", sprach ich leise. Die Lautstärke konnte ich noch nicht regulieren, aber Phil hörte es trotzdem.

"Ich bin so froh, dass es geklappt hat!" Phil hält mich eine Armbreite von sich entfernt und grinst mich an.

"Ich... ", begann ich, doch dann brach meine Stimme völlig weg.

"Lass es uns langsam angehen, Annie, okay? Du hast über 12 Jahre kein einziges Wort gesprochen, es ist klar, dass du das jetzt nicht von jetzt auf gleich wieder kannst", meint mein bester Freund und streicht mir über das Haar.

Etwas niedergeschlagen nickte ich und ging einen Schritt von ihm weg, um genug Platz für meine Hände zu haben, damit ich wieder per Gebärdensprache mit Phil kommunizieren konnte.

"Bitte erzähl Shawn erst einmal nichts davon. Ich würde gerne erst genug üben, bevor er es weiß. Ich will nicht, dass er niedergeschlagen ist, wenn es am Anfang jetzt noch nicht so richtig klappt. Okay?"

"Klar, das ist voll und ganz deine Entscheidung. Aber ich werde dir helfen, dass der Zeitpunkt, an dem du es ihm sagst, schon ganz bald ist!" Phil nimmt mich wieder in den Arm.

Stolz auf mich - auf uns - erwidere ich die Umarmung und bin froh, Phil kennengelernt zu haben.

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