Kapitel 5

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„Freitag, 10. November 2018", schrieb ich und kaute auf dem Stift herum, um zu einem passenden Einleitungssatz zu kommen. „Liebes Tagebuch!
In den letzten zwei Tagen ist viel passiert. Doch ich fange lieber von vorne an.
Also: Es begann gestern, als ich von der Arbeit nach Hause kam. Vadim besuchte mich und ich ging mit ihm. Er hat mit mir sein Blut geteilt. Romantisch! Damit kann er zu mir kommen, da er jetzt spürt, wenn es mir schlecht gehen sollte, weil ich ja sein Blut in mir habe! Dann sind wir noch etwas umhergeflogen und als ich dann schließlich um ein Uhr (nachts!!!) wieder zu Hause und eine halbe Stunde später fertig mit Duschen war, besuchte er mich ein weiteres Mal. Diesmal war Vadim aber merkwürdig still.
Erst als er mir sagte, dass er mir etwas zu sagen hatte und es anscheinend um Leben und Tod ginge, hoffte ich, dass es darum ginge, wieso er sich zweieinhalb Stunden zuvor verspätet hatte.

Er brach urplötzlich zusammen und erzählte mir von seinem Bruder Diamond, dessen Freundin Laila, die warum auch immer, (wollte er nicht sagen!) verschollen ist und Diamond daraufhin auch. Vadim hing sehr an ihm, sodass er mit seiner Familie nach ihm und dessen Liebe gesucht hatte. In Lailas Wohnung, in der Umgebung, selbst im Wald, wo er sich gerne aufgehalten hatte. Doch kein Zettel, keine Spur, nicht ein kleinster Hinweis, der erahnen ließ, wo sich einer der beiden versteckt hatte.
Merkwürdig! Und Vadim erzählte, dass er die Sache mit Laila mir nicht auch noch unter die Nase reiben wollte, um mich nicht noch mehr zu beunruhigen. Denn er vermutet, dass Diamond aufgrund Lailas Verschwindens sich nun an mir rächen will, um Vadim ebenso verzweifelt zu sehen. Wie er selbst, als er bemerkte, dass seine Freundin weg war. Denn letzte Nacht bzw. der Rest was davon noch übriggeblieben ist, hatte ich einen schrecklichen Alptraum:

Ein Vampir bedrohte und biss mich!

Nachdem ich dies meinem Freund erzählte, war er sich sicher, dass es Diamond war. Seine Idee mich zu beschützten und mir somit einen Tag frei von der Arbeit zu verschaffen, gefiel mir erst nicht. Doch für eine Woche ohne diesen dummen Mr. Miller in der Nähe, lohnt es sich trotzdem hier bei meinem Liebsten zu warten, bis Vadim Neuigkeiten hat. Nun sitze ich hier, nur um in Sicherheit zu sein. Vadim ist oben in der „Menschenwelt", so wie er es spaßig nennt, um Diamond zu schnappen, falls er sich nähern sollte. Das Kuriose an der ganzen Geschichte ist ja, dass Laila ohne jeglichen Grund abgehauen ist. Denn beide hatten eine tolle Zeit zusammen! Immerhin sechs Jahre! Ohne Streit! Da ist es schon klar, wieso Diamond Hals über Kopf verschwunden ist! Obwohl das nicht gerade die feine Art ist, zu gehen! Dieser Diamond tut mir deshalb irgendwie leid... Ich meine, würde ich Vadim verlassen (tue ich nicht!) wäre er auch sehr traurig und enttäuscht! Jedenfalls schilderte mir das heute Amica, die mir mein Zimmer gezeigt hat. Denn dort entdeckte ich ein Porträt einer Gestalt, dessen Gesicht Diamond zeigte, wie sich herausstellte.
Nachdem Amica das Ölgemälde in einer Truhe eingesperrt hatte, damit ich nicht in Versuchung käme, Nachforschungen darüber anzustellen, hat sie mir dann alles erzählt. Freiwillig!
Tja. Das war's!

Nur noch einmal das, was bisher geschah, in Stichpunkten: (Es bleiben dennoch einige Fragen offen und sind somit ungeklärt)

-Diamond (Bruder von Vadim) hatte eine Freundin: Laila
-Diese ist (Grund unbekannt) plötzlich verschwunden
-Diamond bemerkte es & verschwand ebenfalls; womöglich um Laila zu finden & den Grund ihres Verschwindens herauszufinden
-Diamond und Laila sind unauffindbar! Diamond rief aber, bis vor kurzem noch bei Vadims Familie an, um sich, womöglich über mich zu informieren?! (Amicas Vermutung)
-Er rief Vadim einmal persönlich an, um ihn vor dem gleichen Geschehen zu warnen.
-Damit meinte er wohl, dass ich ebenfalls verschwinden werde und Vadim einfach zurücklasse.
-Diamond schwur durch seine Vision in meinem Traum, Rache für Laila, die ihn ohne Erklärung verlassen hatte! Wahrscheinlich um sie endgültig zu vergessen, da er nicht will, dass Vadim auch so eine Enttäuschung durch mich erleben muss!
-So was würde ich natürlich niemals!!! machen!
-Ich glaube, nach wie vor, dass die Darks ein Familiengeheimnis hüten, dass es noch etwas um Diamond gibt, das ich nicht erfahren darf!!!
Oder Lailas Verwandte bergen ein Geheimnis oder sogar sie selbst!

Wie auch immer!

Ich sitze jetzt hier fest!
Gute Nacht!
Morgen oder später evtl. neuer Bericht über das weitere Vorgehen!

Thea Ricosta"

Damit zog ich noch zwei geschwungene Linien unter dem Eintrag, betrachtete meine schöne Handschrift und lächelte. Dann klappte ich das Büchlein zu und verstaute beides, Füllfederhalter und Heft in meiner Tasche. Danach zog ich die Stiefel aus und sank mit einem wohligen Seufzer in die weichen Daunenkissen. Prompt schlief ich ein.
Als ich wieder aufwachte, war es nicht mehr so dunkel wie in der Früh. Ich schwang die Beine aus dem Bett, damit der Kreislauf in Schwung kam und gähnte ausgiebig. Dann sah ich mich um. Es war keine Menschenseele im Raum. Warum denn auch? Ich ging zur Türe und öffnete sie leise. Mit einem Blick auf die Wanduhr, die auf dem leeren Flur gegenüber meinem Zimmer stand, sah ich, dass der schwere Gong eben halb Zwölf schlug.

So spät! Ich hatte wirklich drei Stunden geschlafen! Da ich nichts hörte, was darauf hindeuten könnte, dass die Familie hier war, nahm ich an, dass sie auf der Jagd waren. Ich schloss die Türe, ehe ich wieder in mein Zimmer zurückkehrte. Nun näherte ich mich der hölzernen Truhe. Doch irgendetwas, was ich einfach nicht deuten konnte, hielt mich zurück. Ich probierte es noch einmal, aber auch als ich es aus den verschiedensten Positionen versuchte, es war zwecklos. Wie, als wäre dort eine unsichtbare Wand. Ich beobachtete, ob sich irgendetwas regte, aber es tat sich nichts. Ich drehte um und begann mich halb auszuziehen. Dann rief ich auf meinem Handy „Mails" auf und checkte die Nachrichten. Eine kam von Vadim: „Wie geht's dir? Alles okay?" Ich antworte mit: „Ja, mir geht's gut.
Neues in Sache Diamond???" Ich sah die anderen Nachrichten durch und mein Blick blieb an einer Mail hängen. Auf dem Display prangte eine unbekannte Nummer. Da diese mir nicht bekannt vorkam, überlegte ich, ob ich sie aufrufen sollte. Entschlossen klickte ich auf „ANZEIGEN" und sofort öffnete sich der Chatverlauf. Nur eine einzige Nachricht. Ich überflog sie und konnte nicht glauben, was ich las. „Ich weiß so gut, wie alles über dich. Entweder trennst du dich von deinem Freund oder ich kann für nix garantieren!" Danach folgte ein Grinsesmiley. Ein hässlicher Grinsesmiley. Ich dachte kurz nach, bevor ich ein entsetztes Gesicht machte und überlegte, ob ich was darauf antworten oder es lassen und Vadim Bescheid geben sollte.

Ich entschloss mich Vadim Bescheid zu geben. Es tutete unendlich lang, dann endlich nach dem gefühlt hundertsten Freizeichen hörte ich seine besorgte Stimme. „Thea, alles in Ordnung?", fragte er erschrocken. „Ich, - nein, - ich weiß auch nicht!", stöhnte ich mit etwas Sorge in der Stimme. „Ich! Irgendwie...!" Ich stockte. „Hey, was ist denn los?", erkundigte er sich. „Auf meinem Handy erschien so eine seltsame Nachricht. Ich glaube, dass sie von Diamond kam!", flüsterte ich. Meine Stimme setzte kurz aus. „Hey! Bitte. Wieso denkst du, dass sie von Diamond stammt?", fragte er ruhig, aber dennoch fordernd. „Es stand drin, dass der Absender alles über mich weiß. Deshalb denke ich, dass die Nachricht von ihm kam. Und ich mich sofort von dir trennen soll, sonst...!"
„Okay!"...
Aussetzer. „Was „sonst"?", fragte er. „Sonst garantiert er für nichts!", meinte ich flüsternd. Meine Stimme zitterte. „Das ist wirklich fies", empörte er sich, „nur keine Panik, Thea!", riet er mir noch, da sank ich schon ohnmächtig vor Schock in seine Arme. Momentmal! - In seine Arme? Natürlich! Er spürte ja, dank seines Blutes in mir, wann es mir schlecht ging. Nun lag ich also in meinem Gästebett und schlief.
Vadim immer dicht an meiner Seite.






The secret of... the bloody rageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt