Rafael
Mein Besuch bei Manuel ist bereits zwei Wochen her. Es ist als wäre Alba ein Gespenst. Wir haben ganz Texas und Mexiko auf den Kopf gestellt, haben in Puerto Rico nach ihr suchen lassen und sind in ihrer Wohnung gewesen. Nichts! Wir haben nichts gefunden, was wir bisher nicht schon wussten. Wütend schlage ich gegen die Wand und verharre mit meiner Faust darin. Diese Schlampe kann nicht vom fucking Erdboden verschluckt worden sein.
Manuel schwört, dass sie niemals nach Hause gegangen wäre. Er meint, sie würde sich eher auf dem Weg dorthin selbst töten, als zurückzukehren. Hoffen wir es mal für sie, dennoch werde ich nicht aufgeben!
Es Klopf an meiner Tür und ich rufe die Person auf der anderen Seite herein, ziehe meine Hand aus der Wand.
»Don Rafael, wir sind fündig geworden.« Mit einem Satz bin ich bei ihm.
»Was habt ihr gefunden?« Unsere höchste Priorität war es erst mal Alba zu finden. Es war uns wichtiger herauszufinden, wer sie ist und welches Verhältnis sie zu den Suarez pflegte, als Alberto Suarez direkt ausfindig zu machen und zu töten, für das was er meiner Schwester angetan hat. Die Flecken auf dem Bild haben Bände gesprochen. Ich brauche keine weiteren Beweise.
»Wir waren noch einmal in ihrer Wohnung und haben versteckt in ihrem Schrank eine Kiste gefunden.« Erst jetzt bemerke ich die Kiste in seinen Händen und nehme sie ihm entgegen.
»Was ist das?« Frage ich, während ich mir die Bilder anschaue. Ich sehe sie, aber mein Gehirn kann das vor mir liegende nicht zusammensetzen. Wie kann es sein, dass die scheinbar unschuldige, freche Frau zu so etwas fähig ist? So etwas heimtückisches und brutales? Wenn das stimmt, dann hat sie uns alle mächtig getäuscht und wenn es nicht um meine Schwester gehen würde, dann hätte sie für ihren Mum tatsächlich so etwas wie Respekt verdient.
»Es tut mir leid, Señor« er senkt seinen Blick. Die Wirklichkeit der Bilder wird mir umso bewusster.
»Ruf Manuel, Francisco und Pedro« als der Mann sich nicht rührt, füge ich hinzu: »Sofort!« Er zuckt zusammen, verlässt aber schnell mein Büro.
Alba Cayetana Márquez, wenn ich dich finde wirst du dir wünschen niemals geboren worden zu sein! Ich werde dich ausweiden und an die scheiß Krähen verfüttern, werde dir die Augen ausstechen, deine Zunge herausschneiden und dir die Haut abziehen! Scheiße, du weißt nicht, wer verdammt noch mal ich bin. Hinter meinem Namen steckt mehr als eine Reputation, mehr als Ansehen und Macht und du wirst die erste Frau sein, die genau davon zu kosten bekommt. Und wenn ich erst mit dir fertig bin, wird nichts mehr von dir übrig sein. Dein Name wird nichts weiter als ein Mythos. Dein Vermächtnis? Staub. Ich werde dich zerstören, mit all meiner Kraft, so wahr ich Rafael Cifuentes heiße.Keine fünf Minuten später betreten meine Freunde das Büro. Manuel und Francisco sind merkwürdig ruhig, während Pedro genauso bestürzt aussieht wie ich. Das heißt, sie wissen es.
Ich deute ihnen an sich zu setzten, widerwillig folgen sie meinem Befehl.
Mein Atem rast, ich höre meinen Puls in den Ohren rauschen. Manuel setzt an etwas zu sagen, doch ich unterbreche ihn.
»Lass das, Manu! Du hast gesagt, sie wäre kein Problem! Ein einsames Mädchen die vor ihrer Familie geflüchtet ist und nur einen Neuanfang möchte! Du hast gesagt, sie wäre keine Bedrohung! Und wie erklärst du dir das?!« Ich werfe ihm die Bilder entgegen, zögernd nimmt er sie in seine Hände und betrachtet sie. Er sagt nichts, aber ich erkenne in ihm nun dieselbe Wut aufblitzen wie in mir. Wortlos reicht er sie weiter an Francisco, der emotionslos darauf sieht. Er war immer schon ein Rätsel für sich, hat nie viel gesprochen oder von sich preisgegeben. Töten ist sein Hobby, nicht das Reden. Ich habe es immer respektiert. Seine Loyalität war mir und vor allem dem Kartell gegenüber immer sehr stark, sodass es für mich kein Problem war. Zudem ist er der beste Schütze, den ich habe. Als die Bilder bei Pedro ankommen, sind wir uns alle einig.
Alba hat nicht nur etwas mit dem Verschwinden meiner Schwester zu tun, sie hat all das auch geplant. Dieses dreckige Miststück. Bisher hatte ich einer Frau nie direkt geschadet, aber Alba ist in meinen Augen auch keine Frau. Sie tötet so brutal wie ein Mann, dann wird sie auch so leiden wie einer.Die Bilder zeigen meine Schwester: gefesselt und geknebelt. Auf einem Bild sieht man wie Alba in ein Taxi einsteigt, in dasselbe wo kurz zuvor meine Schwester in einen Kofferraum gehievt wurde. Sie lächelt glücklich, als wäre ihr etwas Unmögliches gelungen. Diese Bilder sehen alle aus, als hätte man sie unbemerkt geschossen. Mehrere Bilder, Hunderte, tausende! Mal kleinere Ausschnitte mal größere. Auf einem ist meine Schwester zu sehen mit diesem Alberto, im nächsten Bild ist dieser Typ mit ihr zu sehen und sie hängen über irgendwelche Pläne. Wieder dieses Strahlen! Und auf ein anderes Bild ist eine komplett entstellte Frau zu sehen, allein ihr Armband lässt mich erraten, dass es meine Schwester ist. Was haben sie ihr angetan?
Das erklärt, wieso Alba ausgerechnet nach El Paso gezogen ist. Amerika ist groß genug. Sie hätte auch nach Kanada oder von mir aus in die Antarktis ziehen können, stattdessen zieht sie hierher und wieso? Um mir mein wertvollstes Stück zu nehmen! Um meine Schwester zu entführen und sie zu töten! Immer habe ich gehofft, dass meine Kleine noch am Leben ist. Dass sie früher oder später zurückkommt und alles wieder gut wird, und jetzt? Jetzt sehe ich auf ihre letzten Tage, als wäre es eine scheiß Dokumentation ihrer letzten Atemzüge.
Voller Wut werfe ich meinen Schreibtisch um.
»Mir ist egal, wie lange es dauern wird« mein Atem geht schneller, die Wörter verlassen zischend meine Lippen »Wir werden sie finden und wenn wir sie gefunden haben, wird ihr Tod eine verdammte Hinrichtung!« Sie wird sich wünschen niemals nach El Paso gekommen zu sein. Mir jemals begegnet zu sein.
Ich blicke zu Manuel, eigentlich habe ich erwartet, dass er mir widerspricht, doch er nickt nur entschlossen.
»Wer ist ihre Familie?« Fragt Pedro, seine Stimme ist genauso belegt wie meine. Amalia war für uns alle unser kleiner Engel. Sie jetzt so in Erinnerung zu behalten, schmerzt uns alle.
»Márquez«, antwortet Manuel, doch Pedro schüttelt nur den Kopf
»Davon gibt es dutzende in Lateinamerika«, antwortet Pedro. Zum ersten Mal an diesem Abend erhebt Francisco seine Stimme. »Du hast gesagt, sie ist von ihrer Familie geflohen?« Will er an Manuel gewandt wissen, dieser nickt »Und sie ist aus Puerto Rico?« Wieder ein Nicken.
»Hat sie einen Zweitnamen?«
»Herr Gott, Francisco, wenn du etwas weißt dann sag es uns gefällig!« Fährt Pedro ihn an und ich bin ihn dankbar dafür, weil ich selbst kurz davor stand.
»Cayetana«, antwortet Manuel geduldiger als Pedro oder ich es sein könnten.
»Alba Cayetana Márquez«, flüstert Francisco eher zu sich als zu uns. Wir warten auf eine Antwort, geben ihm aber die Zeit die er benötigt. Noch...
»Kann ich noch einmal die Bilder sehen?« Wir reichen ihm die Kiste. Es scheint, als würde er nach etwas Bestimmtes suchen. Schließlich zieht er ein Bild heraus, dass ein Mädchen von hinten zeigt. Mir war das Bild vorher gar nicht aufgefallen. Ist das Alba? Dieses Mädchen ist viel dünner als sie, ihre Haare sind kurz geschoren, fast schon eine Glatze. Unzählige Narben zieren ihren Körper und... ein Tattoo. Auf ihrem rechten Schulterblatt zeichnet sich ein Tattoo ab. Ich kann nicht genau erkennen, was es darstellen soll. Es scheint, als hätte sie versucht das Tattoo zu verbrennen oder mit Ritzen unkenntlich zu machen – vermutlich beides.
»Lobos«, sagt Francisco ruhig, nachdenklich.
»Wir wissen nicht, ob sie es ist!« Wirft Manuel ein, was Pedro mit einem strengen Blick quittiert.
»Ist das dein Ernst, Mann? Wie kannst du sie noch weiterhin verteidigen, nach allem was du gesehen hast?«
Unsere Blicke richten sich auf Francisco, der immer noch still das Bild begutachtet. Als würde es aus Gold bestehen, betrachtet er das Stück Papier in seiner Hand.
»Ihr kennt sie nicht!« Wirft Manuel ein
»Du auch nicht!« Sagt Pedro.
Manuel steht auf und verlässt wütend mein Büro. Keiner folgt ihm, mein Blick ist immer noch auf Francisco gerichtet. Gerade als ich ihn ansprechen möchte, ob er noch etwas darauf sieht, verlässt auch er das Büro und folgt Manuel. Nun sehe ich zu Pedro, der seine Arme in die Luft wirft und ungläubig den Kopf schüttelt.»Ich habe sie schon immer viel zu merkwürdig gefunden.« Sagt er und reißt mich aus meinen Gedanken, die bis eben Francisco und Manuel galten.
»Es ist egal, ihre letzten Atemzüge sind gezählt!«
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Mi enemigo
RomanceAlba Márquez ist die Tochter eines Kartellanführers. Ihr Leben besteht aus Gewalt, Drogen und Gefahren. Oft muss sie mitansehen, wie unschuldige Menschen unter der Gewalt ihrer Familie leiden müssen. Dem Druck nicht mehr standhaltend können, f...