Capitulo 13

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Alba
Ich stehe schweißgebadet von einem Alptraum auf. Mein Herz hämmert gegen mein Brustkorb, für einen Moment bin ich Orientierungslos. Verstehe nicht ganz, wo ich gerade bin. Ich setzte mich auf und reibe mir noch völlig erschrocken meine Augen. Mein langes, noch feuchtes Haar kitzelt an meinem Rücken. Ich hatte wieder einen dieser Träume, die ich als kleines Mädchen hatte: Die Tür öffnet sich leise. Ich verstecke mich unter meiner Decke, doch es ist zu spät. Der Böse Mann hat bereits mein Zimmer betreten. Ihn interessiert es nicht ob ich schlafe, er holt sich was er will, wann er es möchte. Nur war es diesmal nicht Don Emilios Gesicht sondern Albertos. Ich denke mein Unterbewusstsein wollte mir damit eine Nachricht übermitteln, eine von wegen: Alba, wir sind gefickt. Und verdammt, ich glaube es hat recht. Die Rache an Alberto macht mir doch mehr zu schaffen als ich dachte. Daran erinnert, stehe ich schnell auf. Es dauert einen Moment bis ich realisiere, dass ich nicht in der Höhle liege, sondern bei Diego zuhause. Ich frage mich immer noch, wieso sie mich unbedingt wollen. Wieso sie mich hier schlafen lassen, obwohl sie wissen, dass ich ihnen nicht helfe? Ich frage mich, wieso mir Pepo so bekannt vorkommt und wieso Diego so freundlich zu mir ist? Zwei Tage, solange bin ich bereits in Puerto Rico. Sie mussten nur auf meine Rückkehr gewartet haben, anders kann ich es mir nicht erklären. Ich sehe nach draußen und beginne zu fluchen. Schnell ziehe ich mit eine schwarze Legging und ein Tshirt heraus. Ich sehe aus dem Fenster und bemerke, dass ich noch ein wenig Zeit haben. Die Sonne geht gerade unter, ein roter Streifen erstreckt sich über den Himmel. Kurz überlege ich, was ich für heute Nacht brauche. Komme dann aber zu dem Entschluss, dass ich nichts brauche. Vielleicht einen Stein oder einen Schlüssel, aber den sollte ich auch auf dem Hof finden. Ich ziehe mir meine Boots an, laufe leise zur Tür und öffne diese. Der würzige Geruch von Kaffee steigt mir in die Nase. Mein Magen beginnt sofort zu knurren, obwohl ich generell wenig esse. Ich laufe an die Küche vorbei, wo mich eine Silhouette zum anhalten anregt. Diego steht mit verschränkten Armen, gelehnt an die Arbeitsplatte. »Hätte nicht gedacht, dass du so früh aufstehst.« ich laufe zu ihm. Er stößt sich ab und läuft zum Hängeschrank, von dort nimmt er zwei Tassen. Dann läuft er zur Kaffeemaschine und stellt einer der Tassen darunter. »Glaub mir, ich auch nicht. Mir ist vorhin noch etwas eingefallen. Ihr meintet ihr hättet mich gesucht, aber Hernández soll mich ja die ganze Zeit über beobachtet haben. Wieso hat er euch nicht verraten wo ihr mich findet?« er seufzt hörbar. »Du musst aufhören Hernández mit Alberto zu vergleichen. Er traut uns vielleicht, aber er weiß wie man Familie und Kartell auseinander hält. Du gehörst für ihn zur Familie, diese Angelegenheit ist aber eine vom Kartell. Wenn wir dich als Familie gesucht hätten, dann hätte er uns verraten wo du steckst, so aber blieb er neutral.« er reicht mir die fertige Kaffeetasse und stellt sich eine weitere darunter. »Also wusstet ihr nicht wo ich steckte?«
»Nein. Wie gesagt erst durch deinen Angriff auf Pedro.« ich nicke verstehenden. »Weitere Fragen, Prinzessin?« ich überlege, aber mir fällt gerade spontan keine weitere Fragen ein. Sein Kaffee ist fertig und er nimmt ihn von der Maschine, dann setzt er sich auf einen Stuhl mit gegenüber. Ich setzte mich ebenfalls. »Gerade nicht, aber wenn was sein sollte, komme ich gerne auf dein Angebot zurück.« sage ich ihm. »Okay, ich habe aber eine: wohin gehst du so spät noch raus?« fragt er skeptisch und beäugt mich von oben bis unten. »Einen alten Freund besuchen.« ich lächle ihn zuckersüß an, was eigentlich schon dafür spricht, das ich lüge. Oder zumindest teilweise. Er schnalzt mit der Zunge. »Ich sag dir jetzt nicht, dass es gefährlich werden könnte, weil du mich dann vermutlich mit der Kaffeetasse erschlagen könntest, aber meinst du wirklich Alberto ist all das Wert?« seine Aussage erinnert mich an Rafael und auch daran, dass er sich bisher nicht bei mir gemeldet hat. Ich habe das Handy mitgenommen, dass er mir damals gegeben hat, aber bisher hat es nicht einmal geklingelt. Keine Nachricht, kein Anruf. »Diego« beginne ich und schließe meine Finger um die Tasse. »Du... kennst meine Geschichte, was würdest du sagen wenn es Luna passieren würde? Würdest du nicht mit aller Kraft versuchen Rache an ihren Peiniger zu nehmen?« er trinkt einen weiteren Schluck Kaffee, lässt sich aber bis auf die angespannten Arme keine Reaktion anmerken. »Du gehst irgendwie sofort davon aus, dass ich deine Geschichte kenne. Du hast recht, einiges habe ich von dir erfahren aber nicht sehr viel. Du wurdest eher versteckt gehalten und wenn man nach dir gefragt hat, zum Beispiel wer das junge Mädchen ist, hieß es du wärst die Tochter eines der Dienstmädchen.« seine Aussage überrascht mich nicht. Ich war kurz davor zu fragen, wie sie auf mich gekommen sind, bis mir mein kleiner Amoklauf in Panama wieder einfällt. »Es ist besser für dich, dass du meine Geschichte nicht kennest. Oder nicht gänzlich. Wenn du mich jetzt entschuldigst, Alberto lässt nicht auf sich warten.« der Stuhl scharrt ein wenig über den Boden, als ich mich erhebe. Ich halte einen Moment inne, dann lächle ich schelmisch in Diegos Richtung. »Oh Gott.« bemerkt er, mein Lächeln wird breiter. »Du hast nicht zufällig ein Motorrad.«er beäugt mich kritisch, sichtlich verunsichert ob er lügen oder die Wahrheit sagen soll. Ich strecke bereits meine Hand aus. Er schüttelt perplex den Kopf »Das ist mein Baby.« verteidigt er sich. »Du bist bei der Mafia, Kauf dir einfach ein neues.«
»Du könntest dir auch ein eigenes kaufen... oder kaufen lassen.« ich mach eine wegwerfende Handbewegung. »Du kriegst ihn heil zurück.« widerwillig legt er mir die Schlüssel auf den Tisch. »Hast du ein Handy?« fragt er mich.
»Ich gebe ungern meine Nummer nach dem ersten Date heraus.«
»Ich habe dir meine Familie vorgestellt. Ich denke das macht man auch nicht nach dem ersten Date.« bemerkt er spöttisch. »Na schön, gib mir deine Nummer. Ich entscheide ob ich dich dann anrufe.«
»Señorita, Du bist quasi bei mir eingezogen.«
»So würde ich es jetzt nicht nennen, ich habe ja nicht mal deine Hausschlüssel.«
»Die brauchst du nicht, die Tür steht immer offen.« ich lasse den Satz unkommentiert und nehme die Schlüssel an mich. »Ab wann kann ich mit der Señorita rechnen?« ich tue so als würde ich überlegen. »Am Besten fragst du dafür den Vater der Señorita. Ich glaube er spielt gerade mit deinem Bruder und seiner Nichte.« er versteht schnell, dass ich damit Hernández meinte. »Spaß. Rechne mit morgen früh, vielleicht auch morgen Abend. Kann eine wilde Nacht werden.«
»Okay. Ich glaube wir beide verstehen etwas anderes unter wild, deshalb ignoriere ich es einfach.« ich lache auf und wundere mich selbst darüber, dass ich hier wirklich unbeschwert bin. Im Endeffekt kriege ich hier alles wonach ich mich je gesehnt habe: Liebe und Schutz. Zwar ist diese Liebe eher familiär, aber auch das reicht mir. Auch mit Diego fühlen sich die Gespräche nicht gezwungen an oder wie ein Verteidigungsmeschanismus, sondern freundschaftlich. Als wäre Hernández Familie zu meiner geworden. Es ist meine dritte Nacht in Puerto Rico seitdem ich gelandet bin, diese Familie kenne ich seit zwei Tagen und das Hernández ihr Halbbruder ist seit einigen Stunden, dennoch ändert es etwas Entscheidendes in unserem Verhältnis auch wenn ich es ihnen nicht zeige. Natürlich bin ich noch immer gekränkt davon, dass er mir nicht die Wahrheit erzählt hat. Aber allein das ich weiß, dass Hernández ihnen vertraut bringt mich dazu dasselbe zu tun. Hernández war nach dem Tod von Mercedes der Einzige, der nach mir gefragt hat und das obwohl er unterwegs war. Auch jetzt, wo seine Familie versucht mich anzuwerben drängt er mich nicht zu einer Entscheidung, sondern bittet mich nur um Geduld und das ich ihnen zuhöre. Er scheint Diego genug zu vertrauen, dass er mich mit ihm alleine in seine Wohnung lässt und auch Diego hat mich nicht eine Sekunde bedrängt oder mir Andeutungen gemacht mehr von zu wollen. Es sieht eher so aus, als würde er in mir eine kleine Schwester sehen. Na gut, eine kleine Schwester mit die er machmal geflirtet hat, aber darüber sehen wir mal weg. Ich liebe es ohnehin diese ungebundene Flirterein zu führen. Sie lassen mich weiblich fühlen und sorgen dafür, dass ich mich in meiner Haut wohl führe. Lenken mich von meinen Schmerz ab, den ich vermutlich erst dann loswerde wenn ich mich gänzlich an jeden meiner Peiniger rächt habe: Alberto, Juan, Papá und zu guter letzt Emilio. Und bei Emilio werde ich mir am meisten Zeit lassen. Er wird ganz sicher meine Rache nicht überleben, egal welche Einstellung ich vom Tod habe. So ein Mann wie er sollte nicht mehr leben. Es ist eine Verschwendung an Sauerstoff und Nahrungsmittel. Eigentlich hätte auch mein Vater den Tod verdient, aber seine Schmerzgrenze ist zu hoch. Er würde sterben und noch immer nicht den Schmerz spüren, den ich all die Jahre gespürt habe. Diesen Schmerz erreiche ich nur durch eine Sache: Die Zerstörung der lobos und daraus werde ich auch kein Geheimnis machen. Azucena wird erblühen. Die weiße Lilie, das erste Kartell geführt und gegründet von einer Frau.
»Willst du noch was trinken?« fragt er mich und holt mich aus meinen Erinnerungen. »Nein, danke.« er steht auf und zieht sich einen neuen Kaffee aus der Maschine. Ich beobachte das Spielen seiner Muskeln. »Gucken, nicht anfassen.« ich schrecke zusammen und schreie auf, als Hernández mit deinem Zeigefinger in die Seite pickst. Er und Diego Lachen mich gemeinsam aus, umarmen sich freundschaftlich und schlagen sich gegenseitig auf die Schulter. Ja, Haha, so witzig. Nicht.
Wieso müssen sie mich ständig erschrecken? »Na, princesa?« Hernández kommt zu mir und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Das... ist ungewohnt. Er hat das noch nie getan. Für ihn scheint es aber ganz normal zu sein, er bemerkt nicht einmal dass ich erstarrt bin. »Wie kümmert sich Diego um dich?« seine Worte holen mich aus meinen Gedanken und lassen mich gezwungen Lächeln, dann wir das Lächeln zu einem Grinsen und ich hebe die Motorradschlüsseln hoch. Diego schlägt sich gegen die Stirn. »Lass es mich nicht bereuen, Kleines.« warnt er mich. Was ich mit dem letzten Motorrad gemacht habe behalte ich lieber für mich. »Hast du schon eine Morddrohung bekommen?« fragt Hernández Diego und spricht so als wäre ich nicht im Raum. »Ähm, Hallo? Ich kann dich hören und Nein, er hat keine Drohung bekommen.« Hat er doch nicht, oder? Bin ich wirklich so aggressiv? Verdammt, dass muss an mein Sternzeichen liegen. Diego lacht und verneint seine Frage. »Gut, dann habe ich eine kleine Belohnung für dich, Albita. Komm nach draußen.« ich sehe überrascht zu Diego, der ebenso wenig Bescheid weiß. Bitte ist es ein Motorrad. Bete ich innerlich. Gemeinsam folgen wir Hernández nach draußen. Bevor wir nach draußen treten, hält Hernández mir die Augen zu. Seine Hand liegt samt auf meine Augen, was eigentlich nicht nötig ist, weil ich sie ohnehin geschlossen habe. Vor der Tür zählt er von drei abwärts und ich kann nicht anders als vor Schock den Mund zu öffnen. Mein Herz rast und Tränen treten mir in die Augen. Ich sehe schnell Richtung Himmel und tupfe mir die entflohenen Tränen weg. Hernández nimmt mich in den Arm, mein Körper bebt und ich klammere mich an seinen Unterarm. »Es tut mir leid, dass ich dich nicht so beschützen konnte wie du es verdient hast, Albita.« ich klammere mich fester an seinen Unterarm, die mir gerade die nötige Kraft spenden. Ich spüre die Blicke auf meinen Rücken, die sich in meine Haut brennen. Bemerke das es plötzlich still wurde und lediglich mein leises schniefen die Nacht zerreißt. Hernández hat mir kein Motorrad gekauft, sondern etwas das für mich von größerem Wert ist. Etwas das mich so tief berührt, dass ich für Pepos und Diegos Männer wie eine Psychopathin rüber kommen muss. Er hat mir meinen Bogen wiederbesorgt und nicht nur das. Er hat seinen, Mercedes, Franciscos und Amalias Namen eingravieren lassen. Alles Menschen denen ich blind vertraue. »Ich wusste nicht wie du mittlerweile zu Rafael stehst, aber diese Namen sollen dich daran erinnern das du diese Schlacht nicht alleine kämpft, princesa. Wir alle stehen hinter dir und obwohl du nicht mit ihnen zusammenarbeitest stehen auch für Santos hinter dir. Jeder einzelne von ihnen.« ich drücke Hernández noch fester an mich. »Jetzt spann deine Sehne und zeig den Männern hier, dass sie erst gar nicht daran denken sollten dich zu unterschätzen.« ich löse mich von ihm und laufe direkt auf meinen Bogen zu, nehme ihn und positioniere ihn, dann nehme ich einen Pfeil und spanne ihn in die Sehne meines Bogens. Dieses Gefühl... allein den Bogen wieder zu spüren lässt mein inneres vor Freude Saltos springen. »Bist du bereit?« ich nicke heftig. »Zeig ihnen was du drauf hast, azucena« mein Grinsen wird breiter. Er wirft einen Apfel, es dauert nur wenige Sekunden, dann trifft mein Pfeil genau die Mitte und halbiert den Apfel in der Luft. Damit warst es aber nicht. Er wirft drei weitere, alle auf einmal und ich treffe jeden dieser Äpfel. Ein Applaus ertönt und ich kann es nicht lassen und verbeuge mich theatralisch vor ihnen. Mein Blick bleibt auf Pepo hängen, der anerkennend eine Braue hebt. Das war noch gar nichts, aber allein dafür Anerkennung zu bekommen erfüllt mich mit Freude. Hernández hat mich wirklich so glücklich gemacht, wie ich es seit... noch nie gespürt habe. Das erste Mal kullern Freudetränen meine Wange herunter, sanft legt er seine Hände an meine Wange und wischt mir die Tränen mit seinen Daumen fort. »Das ist die einzige Form von Tränen die ich noch von dir akzeptiere. Und fahr los und verdreh den Männern den Kopf.« wir wissen beide war mit verdrehen gemeint ist.
»Also... Wo ist deine Garage?« Diego wirft Schmunzeln den Kopf nach vorne. Dann geht er vor und ich stolziere wortwörtlich neben ihm her. Dieses Gefühl das ich gerade verspüre ist so allmächtig, als würde sich die Welt das erste mal für und nicht gegen mich drehen. Das Garagentor öffnet sich quietschend und entblößt eine Reihe von Luxusautos und Motorrädern. »Wieso heulst du so rum, wenn du gefühlt duzende von den Dingern hier stehen hast?« frage ich leicht empört. »Jedes von ihnen ist teurer als ein Sommerhaus auf dem Miami Beach.« ich ignoriere seine Aussage und laufe zu dem Motorrad, von dem ich glaube das der Schlüssel passt. Ich probiere ihn aus. Das Dröhnen des Motors ist wie Musik in meinen Ohren. Diego reicht mir einen Rosafarbenen Helm. »Wem gehört er? Barbie?« er lacht einen Moment auf, dann verfinstert sich sein Blick als würde ihn eine düstere Vergangenheit einholen. Der egoistische Teil in mir, der weiß, dass er mein Mitleid nicht möchte sagt, dass ich einfach an ihn vorbeifahren sollte und ihn mit dem Rosa Helm alleine lassen sollte, der andere, der weiß was er fühlt legt ihn eine Hand um seinen Armgelenk und lächelt ihn freundlich an, nimmt aber den schwarzen Helm der über den Spiegel gehängt ist. Mein Ablenkungsmanöver klappt. Ich habe ihn offensichtlich von seiner Erinnerungen zurückgeholt. »Ein Kratzer und du kannst dir eine neue Bleibe suchen, Riveras.« warnt er mich. Ich spiele ein wenig mit dem Gas. »Es ist nicht das erste Motorrad das ich fahre.« ich manövriere mich aus Garage, da höre ich ihn hinter mich fragen: »Hast du überhaupt einen Führerschein?« Meine Antworte muss ich ihm bereits zubrüllen, weil ich davon Fahre: »Nope«

Mi enemigoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt