Gefahr

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"Die Späher sind zurück." Eilig rannte Adam zu seinem Vorgesetzten Lukas, dem Hauptmann der Wache, dessen Hauptaufgabe der Schutz der Adelsfamilie war. "Sie sollen schleunigst zu den Lords kommen, die frühstücken gerade in ihren Zimmer. Aber unauffällig." fügte er noch hinzu. Auch er selbst folgte seinem Freund zu den Zimmer ihres Herren. Alaina brachte gerade eine Kanne Tee zu den Lordschaften, weil sie einen speziellen verlangt hatten als sie Lukas sah, lief sie ihm freudig zu. Er hatte sich auch bei ihr entschuldigt, weil er bei der Befragung etwas grob war. Lukas war ein freundlicher Mann und jedes Mal, wenn sie sich zufällig über den Weg liefem, grüßte er sie mit einem Augenzwinkern. "Alaina, die Späher sind da." informierte er auch sie und ihre Augen weiteten sich daraufhin. Er mochte sie, zum einen, weil sie seinen Herren das Leben gerettet hat und zum anderen weil sie ein wirklich guter Mensch war. Er hatte beobachtet, wie sie ihren Kolleginnen half und wie sie für James immer Essen stibitze. Auch Lord Geminus hatte es letztes Mal mitbekommen, wie sie sich unauffällig ein Milchbrötchen vom Tisch geschnappt hat. Das Grinsen, welches er auf dem Gesicht hatte, war einmalig. Klopf, klopf. Alaina trat in das Schlafgemach des Lords Geminus und seiner Frau ein. Doch nicht nur das Ehepaar, sondern auch Lady und Lord Orion sowie Lilly waren anwesend. Lord Ares lehnte am Fensterrahmen und war gerade mit seinem Sohn in ein Gespräch vertieft, dabei ruderten sie wild mit den Armen. Wahrscheinlich über Waffen, das waren ihre Lieblingsthemen. Alaina musste schmunzeln und versank in einen tiefen Knicks. "Ihr Tee, Mylady." "Vielen Dank, Alaina." Lady Orion lächelte ihr dankbar zu. "Jetzt wo alle da sind außer James natürlich können wir anfangen." Erwartungsvoll blickte Alexander Orion auf die Späher.

"Ihr habt Recht mit der Annahme über die Soldaten in der Schlucht Albahs." fing der erste Späher zögerlich an. "Es sind ... viele." setzte der andere fort. "Viele? Genauer bitte." ungeduldig fuhr Lord Ares sie an. "Zehntausend Mann." murmelte der Späher kleinlaut. Es war totenstill im Raum. "Zehntausend Mann." murmelte Lord Geminus  leise. Lord Ares schaute aus als hätte ihn ein Blitz getroffen. "Wie hat er in so kurzer Zeit eine solche Vielzahl an Männer zusammentrommeln können?" fragte Lady Orion verdattert. Die Rizaner dachte sich Alaina. "Die Rizaner." murmelte Charly und sah in die Runde. "Das sind die Heere der Rizaner. Nur so kann er auf so viele Männer kommen. Wie hieß noch gleich der Lord, den sie in der Unterhaltung erwähnt hatten, die du belauscht hast Alaina?" fragte er sie. "Lord Aldex war das." Ein Raunen ging durch die Menge. "Lord Aldex natürlich er ist einer der gefährlichsten Heerführer. Das ist eine echt große Sache, größer als wir alle gedacht hatten." Alexander blickte seine Familie ernst an. Alaina lief es kalt über Rücken, zehntausend Mann, diese Worte hallten in ihrem Kopf. Sie sah zu Lilliana, die sie ebenso ängstlich anschaute. "Wir müssen die Südarmee schleunigst hierher bringen. Doch das dauert noch mindestens eine Woche. Bis dahin müssen wir noch durchhalten." "Bis nach Albah reitet man ungefähr einen Tag." überlegte Lord Geminus. "Wenn wir noch eine Woche durchhalten so könnte die Südarmee von hinten angreifen. Dann umkreisen wir sie hier." Lord Ares breitete eine Landkarte aus und deutete auf die flache Ebene in der Nähe der Schlucht Albahs. "Es sei denn ..." "Wir halten so lange durch und Roben bringt uns nicht eher um." vervollständigte Lord Orion den Satz und sah seine Freunde verzweifelt an. "Das ist ein knappes Spiel." "Wir müssen mehr denn je aufpassen." meinte auch Lady Geminus. "Das schaffen wir! Nur eine Woche noch dann wird Roben für seine Taten büßen. Für Amherra!" Sie alle erhoben die Gläser und tranken auf ihr geliebtes Heimatland. Alaina fühlte sich auf einmal so klein, das war nicht nur eine Verschwörung, das war Krieg. Bilder aus ihrer Vergangenheit, die sie verdrängt hatte, versuchten sich ihren Weg an die Oberfläche zu erkämpfen. Bleib tapfer, es ist nicht dasselbe, es ist nicht der Bluttag!

"Eine Woche noch." murmelte James und sah sie an. "Das wird schlimm werden, ich bin ehrlich, zehntausend Mann sind eine Menge. " Alaina lief zu James sogleich sie dies erfahren hatte. "Aus wie vielen Männern besteht denn die Südarmee?" "Zehntausend." er sah sie schief an. "Es könnte knapp werden." "Knapp?" Alaina sah ihn verzweifelt an. "Ja aber wir werden kämpfen bis zum letzten Mann." eindringlich schaute er sie an. "Ich werde dich beschützen dir wird nichts passieren, das verspreche ich."

Die nächsten Tage vergingen wie im Fluge. Jeden Tag brachte Alaina James Essen und sie beide genoßen die Zeit, in der sie zu zweit waren. Sie redeten oft stundenlang in die Nacht hinein, lachten gemeinsam und liebten einander in jeder freien Sekunde. Er war mittlerweile ein großer Teil ihres Lebens geworden, sie wollte jede freie Minute mit ihm verbringen und jedes Mal, wenn die beiden von ihrer Zukunft nach dem Krieg redeten, bekam sie ein warmes Gefühl. "Dann zeige ich die die Wasserfälle Liorias, eine meiner Lieblingsorte und die Küste, die ist atemberaubend, die musst du sehen." Dieser Gedanke half ihr das alles hinzunehmen. Die Angst vor dem Krieg, die Angst ihre Freundinnen zu verlieren und ihre größte Angst, nämlich James zu verlieren. Auch mit Charly und George kam sie mittlerweile hervorragend aus, die beiden behandelten sie wirklich gut und waren immer sehr hilfsbereit. Sie machten sich jedoch auch oft lustig über sie, das wiederum bekamen sie von ihr doppelt zurück, denn auf den Mund gefallen, war sie wohl keinesfalls. Auch Lord und Lady Geminus waren ihr ans Herz gewachsen. Jedes Mal, wenn Alaina sich etwas vom Essen stibitze, damit James nicht nur das Sklavenessen bekam, halfen sie ihr in jeder erdenklichen Weise. Lord Geminus steckte ihr immer ein extra Brötchen in ihre Taschen und zwinkerte ihr dabei zu. Lady Geminus lenkte immer die Aufmerksamkeit von ihr weg, damit ihr Herr von dem Stehlen nichts mitbekam. In Liliana hatte sie eine Art Verbündete gefunden, diese behandelte Aliana wie eine Freundin. Sie erzählte ihr von ihren Männergeschichten, welche sie toll fand, bat ihr die Süßigkeiten an, die sie zum Nachmittagstee brachte und ließ ihr sogar ihre Kleider anprobieren.

Alaina genoß die Zeit wirklich sehr, sie war es nicht gewohnt so gut behandelt zu werden. Auch James Eltern waren überaus freundlich zu ihr und Lady Orion lächelte immer versonnen, wenn sie mitbekam, wie gut sich Alaina um James kümmerte. Sie behandelten sie alle wie eine Freundin, eine die mehr war als nur eine Sklavin, dieser Gedanke machte sie irgendwie wehmütig. Sie war eine Sklavin und somit egal wie gut sie sie behandelten, sie würde immer eine bleiben.

"Alaina komm her." rief Rundgesicht ihr zu. "Der Herr ruft dich." Alaina sag ihn verwirrt an, schon seit einige Tagen war Pria für die Bedienung des Lords zuständig, dass er sie jetzt holte, war wirklich ungewöhnlich. Ein mulmiges Gefühl beschlich Alaina. Lukas ging zufällig gerade vorbei und warf Alaina einen besorgten Blick zu. "Alles in Ordnung?" fragte er sie. In den letzten Tagen war er immer in ihrer Nähe, ganz "zufällig", jedoch hatte sie das Gefühl, dass James dahintersteckte. Er sorgte sich wirklich um sie, dieser Gedanke trieb ihr ein Lächeln aufs Gesicht. Sie nickte nur und begab sich in die Richtung des Schlafzimmers von ihrem Herrn. Zögerlich klopfte sie an der Tür. "Herein." ertönte eine Stimme. "Ah Alaina meine Schöne." Mit einem Glas Wein saß er in dem Sessel. Alaina sank in einen tiefen Knicks und sah zu Boden. Lord Roben betrachtete sie wie ein Futter und er war der Löwe. Langsam stand er auf ging bedrohlich auf sie zu. "

"Glaubst du wirklich, ich hätte es nicht bemerkt, dass du den Wein absichtlich verschüttet hast." Diese Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht. Er wusste es, hat es die ganze Zeit gewusst. Ihr Herz raste und ihr Atem wurde hektisch. Was sollte sie nun tun? Sie alle waren nun in Lebensgefahr! Doch sie konnte keinen mehr warnen. Plötzlich ergriff er ihren Hals und drückte fest zu. Sie röchelte. "Nenn mir einen Grund wieso ich dich am Leben lassen sollte. Einen einzigen." Mit hochrotem und wütenden Gesicht sah er sie an. Die Tür ging auf und die Familie Orion, Geminus, Ares sowie ihre Wachen wurde hineingeschleppt. Sie alle waren gefesselt. Es war zu spät. Verzweifelt versuchte Alaina nach Luft zu schnappen. "Lass sie los!" rief George wutentbrannt sobald er sie so sah. Auch die anderen blickten sie entsetzt an. Lady Orion und Lady Geminus waren den Tränen nahe und Liliana sah auch ziemlich fertig aus. Ruckartig ließ er Alaina los, dabei fiel sie auf den Boden. Sie schnappte erleichtert nach Luft und rieb sich den Hals. "Fesselt sie auch. Sperrt alle in den Keller." Mit schnellen Schritten setzte er sich wieder auf seinen Sessel. "Glaubt mir ihr werdet nicht siegen, eure jämmerliche Armee werden wir vernichten so wie ich James vernichtet hab." Alainas Augen leuchteten auf, er hatte ihnen einen wichtigen Hinweis gegeben. Er wusste nichts davon, dass James noch lebte. Ihr Blick fiel zu den anderen, sie hatten es auch mitbekommen. James war nun ihre einzige Rettung.

WüstenköniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt