Die Begegnung

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Liliana stand am Fenster ihres Schlafgemachs und blickte auf die bereits versammelte Menschenmenge am großen Platz. Sie alle warteten auf ihn, auf ihren Bruder, dem zukünftigen König von Amherra. Sie schluckte und knetete ihre Finger, sie war so schrecklich nervös. Jedes Mal vor einer Veranstaltung bekam sie Panik, die Menschenmenge wühlte sie in ihrem Innersten auf. Lukas war der einzige, der sie in jenem Moment runterbrachte, der sie wieder beruhigen konnte. Bei dem Gedanken an ihn musste sie lächeln und sie fasste sich an die Lippen, jene Lippen, die nicht mehr so unschuldig sind wie sie einst waren. Die letzten Monaten waren ein Traum für sie, ihre verbotene und geheime Liebschaft war zu wahrer Liebe geworden nur ein letztes Hindernis stand ihnen noch bevor. Ihr Bruder, denn er würde das nicht gutheißen, sie waren nicht vom gleichen Stand, obwohl ihn das nicht stören sollte, denn er selber war mit Alaina zusammen. Bei dem Gedanken an Alaina wurde ihre innere Freunde durch tiefe Trauer ersetzt, sie vermisste sie so schrecklich, sie war zu ihrer guten Freundin geworden, sie hatte ihr das Leben gerettet und ihr geliebtes Land, aber vor allem hatte sie ihr geholfen, ihr Glück in der Liebe zu finden. Sie und Ella hatten sie dazu ermutigt, sich mit Lukas einzulassen und das hatte zu der schönste Zeit ihres Lebens geführt. Doch zum Dank hatte sie ihr die Wahrheit verleugnet, jene Wahrheit, die Ausschlag über die Zukunft der beiden hatte, jene Wahrheit, die ihre Beziehung zerstört hatte. Doch James liebte sie immer noch, das wusste sie, das wusste jeder, denn man sah es ihm so stark an. Er litt sehr unter ihrem Verlust, jedes Mal, wenn es keiner sah, ging sein Blick ins Leere und nahm so einen betrübten Eindruck, dass man meinen würde, er würde dahinsiechen. Im Inneren war es wohl auch so, doch alles nütze nichts. Sie alle hatten versucht, ihn abzulenken, ihn aufzumuntern, doch das Loch, welches Alaina hinterlassen hatte, würde sich nie flicken lassen. Seine einzige Liebe war verloren. Adele Vanite selber verstand diesen Zustand nicht, sie lief ihm geradezu nach und wollte seine Liebe gewinnen, doch zwecklos. Irgendwann ist es ihm wohl zufiel geworden und er hatte ihr gesagt, dass er mit der Heirat noch warten will. Das hatte sie natürlich nicht gut aufgenommen, doch das war jedem egal, außer natürlich ihrer Mutter und der Lady Hiver, die ja beste Freundinnen waren. Kopfschüttelnd versuchte sie den Aufstand zu verdrängen, den die beiden Frauen gemacht hatten, direkt vor James, bis diesem der Kragen platzte. "Ich bin der König, ich entscheide und wenn ihr nicht derselben Meinung seid, könnt ihr ja gerne vom Hof verschwinden." Genau diese Worte hatte er ihnen in ihre Gesichter gesagt mit eiskalter Stimme wie ein Befehl des Königs, welcher nicht verweigert gehört. Danach waren sie still gewesen, kein Mucks war mehr über ihre Lippen gekommen. Generell konnte sie an James sagen, dass er immer mehr in die Rolle des Königs hineinwuchs, er war jemand, den man respektieren musste, nicht nur wegen seines Standes, sondern auch wegen seiner Persönlichkeit. Darum machte sie sich auch so Sorgen, wenn sie es ihm sagen müsste, dass sie mit seiner Leibwache eine Romanze hatte und diese nicht nur aus Reden bestand, im Gegenteil, sie konnte sich noch genau an ihr Treffen in der Bibliothek erinnern. Bei dem Gedanken daran musste sie schlucken und sie presste ihre Beine zusammen. Gierig waren sie übereinander hergefallen, er hatte ihre Hüfte gepackt und sie gegen das Regal gedrängt. Heiße und feuchte Küsse hatte er überall an ihrem Körper verteilt, so eine Lust war unglaublich, sie konnte nicht mehr anders, sie wollte immer mehr. Vorbei war es also mit ihrer Unschuld, sie fuhr sich durch ihre Locken, die ihr eine Dienstbotin vorhin hochgesteckt hatte. Hinsichtlich des Anlasses trug sie ein elegantes, weites Kleid voller glitzernden Juwelen. Sie fühlte sich sehr schön. Wie zur Bestätigung drehte sie sich im Kreis und ließ ihr Kleid im Licht der Sonne erstrahlen. "Liliana." Lukas war in ihr Zimmer getreten und blickte sie mit offenen Mund an. Sein Blick war voller Liebe und ... Lust. Ein Knurren kam aus seinem Mund und er schritt voran zu ihr und wollte sie gerade in den Arm nehmen, als Charly zur Tür hineinkam. Ruckartig rissen sich die beiden Liebenden voneinander weg und Lukas blickte beschämt auf den Boden. Lilianas Herz raste, sie hoffte, Charly hatte nichts gesehen. "Was willst du?" fragte sie mit beherrschter Stimme, denn in ihrem Inneren brodelte es und einen Seitenblick auf Lukas genügte, um zu wissen, dass es bei ihm ebenfalls der Fall war. "Ich gehe noch schnell in die Stadt, ich muss was für James besorgen, eine Tradition, ich wollte es nur jemanden sagen, die anderen habe ich nicht mehr gefunden." Charly achtete gar nicht auf den komischen Moment zwischen den beiden und war auch schon nach seiner Verkündung wieder aus dem Zimmer hinausgetreten. Liliana seufzte laut auf und auch Lukas schien erleichtert. "Das war knapp." murmelte er und blickte auf seine Lady herab, die nur zitternd nickte. "Ich sollte mich auf den Weg machen, es fällt auf, wenn ich zu spät komme." Mit schnellen Schritten wollte sie ihr Zimmer verlassen, als er sie sanft am Arm festhielt. "Du siehst wunderschön aus." flüsterte Lukas ihr ins Ohr und sie blickte atemlos in seine grauen Augen und streichelte über seine hellblonden Haare. "Du auch." Sein schmaler Mund verzog sich zu einem Lächeln und sein Atem wurde schneller. Er konnte nicht anders, als seine Lippen auf ihre zu drücken. Stöhnend öffnete Liliana ihren Mund und ließ seiner Zunge Einlass. "Na los, wir sehen uns bei der Krönung." Widerwillig löste sich Lukas schließlich nach einem langen Kuss von seiner Lady. "Wir sehen uns bei der Krönung." Mit einem letzten verheißungsvollen Blick ging sie aus dem Zimmer und ließ den Hauptmann der Wache zurück. 

WüstenköniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt