9: Wo ist er?

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Oder: Sind Augenringe in Mode?

Ein dem meiner Zwillingsschwester ähnelndes Gesicht schaute mich skeptisch an. Die braunen, schulterlangen Haare standen wirr vom Kopf ab und unter den Augen waren dunkle Ringe zu erkennen. Sie zeichneten sich trotz des etwas dunkleren Hauttons deutlich ab. Ich sah schrecklich aus. Nach meinem Wachphasen der letzten Nacht war das aber auch nicht verwunderlich.
Meine Zimmergenossinnen schliefen alle noch und ich wollte, so wie ich gerade aussah, auch keiner von ihnen begegnen.
„Lange Nacht gehabt?", ertönte zu meinem Leid eine weibliche Stimme hinter mir. Genervt drehte ich mich zu Millicent um. „So siehst du nun mal aus", meinte sie schulterzuckend und verließ dann mit einer eleganten Drehung und den Worten „Beeil dich!" das Bad. Wie ich es hasste, mir mit vier weiteren Leuten ein Bad zu teilen.

Schnell machte ich mich für den Schultag fertig, ging wieder in den Schlafsaal und schnappte mir meine Schulrobe und Schreibsachen. Millicent betrat hinter mir das Bad und ich fragte mich, wie sie kurz nach dem Aufstehen trotzdem gut aussehen konnte. Ihre himmelblauen Augen wirkten hellwach und die langen, schwarzen Haare fielen ihr glatt den Rücken hinunter.
Dann fiel mein Blick auf Hailey, die offensichtlich immer noch schlief. Ihre noch längeren, hellblonden Haare lagen kreuz und quer auf ihrem Kissen und Teilen ihres Gesichts. Den Knutschfleck auf ihrem Hals verbargen sie aber nicht. Gestern Abend war sie mal wieder nach Nachtruhe zurückgekehrt und in ihrer Robe auf ihrem Bett eingeschlafen. Ich wollte gar nicht wissen, wo sie gewesen war oder besser gesagt mit wem.
Hailey Kinsbrook war als die schöne Slytherin bekannt, die ihre Zeit statt in Klassenzimmern in Besenkammern verbrachte.

Ich wendete meinen Blick ab und ging in Richtung Gemeinschaftsraum. Dabei beschäftigte mich wieder eine Frage, die mir den Schlaf geraubt hatte: Wie sollte ich mich gegenüber Draco verhalten?
Als ich über die steinernen Treppen den großen Raum betrat, sah ich sofort Blaise, Vincent und Gregory in einer Ecke auf den schwarzen Sofas. Ich seufzte leise, weil ich natürlich gehofft hatte, Draco zu sehen, ging dann aber mit einem leichten Lächeln zu ihnen.

„Hey, Payton. Gut geschlafen?“, begrüßte mich Blaise.
„Sehe ich so aus?“ Ich ließ mich neben ihn auf das Sofa fallen und fuhr mir verschlafen über mein Gesicht.
„Ach, so schlimm nun auch nicht. Die Augenringe stehen dir“, zwinkerte er mir zu.
Ich grinste zurück. So kannte man Blaise. „Danke, Mr Zabini. Das Kompliment kann ich nur zurückgeben.“
Er lachte leise, denn seine braunen Augen ließen ebenfalls auf wenig Schlaf schließen.

„Lasst uns schon mal gehen. McGonagall wartet doch nicht gern." Mit diesen Worten stand ich auf und sah die Anderen erwartungsvoll an. Wir hatten uns bis eben gut unterhalten und mittlerweile war ich wieder wach und motiviert.
„Wir haben doch noch Zeit“, meckerte Blaise und machte es sich auf dem jetzt völlig freien Sofa bequem.
„Und genau deshalb kommst du immer zu spät“, bemerkte ich mit einem Grinsen. Er stöhnte auf, aber setzte sich dann doch in Bewegung. Er wusste, dass ich Recht hatte. Die anderen Beiden folgten uns einfach.

„Warum musst du auch immer pünktlich kommen?“
Ich lachte leise. Es stimmte, ich kam wirklich immer pünktlich. Okay, fast immer. Gestern Abend war wohl eine Außnahme gewesen... Gerade deswegen wollte ich jetzt umso mehr nicht zu spät erscheinen. 
„Wo ist denn Draco eigentlich?“, fragte ich Blaise, als wir schon vor dem Klassenzimmer standen.
Er sah sich um. „Keine Ahnung. Als ich aufgewacht bin, war er schon weg.“
Ich sah ihn verwundert an. Das war jetzt wirklich seltsam...

Wir redeten noch ein Weile, bis Professor McGonagall kam und wir alle den Klassenraum betraten. Verwandlung mit den Ravenclaws. Ich hätte mein Gefühl wirklich nicht als Freude beschreiben können, aber lächelte sie dennoch einmal an. Ich wollte meine gestrige Verspätung wieder gutmachen und nahm mir vor, die heutige Aufgabe mit Bravour zu meistern.

Ich setzte mich an meinen Platz und legte meine Schreibfeder auf den Tisch. Dann fiel mein Blick auf den leeren Stuhl neben mir. Wo war Draco nur? War ihm irgendetwas passiert? Hatte das etwas mit gestern zu tun? Erneut überkamen mich Zweifel, ob er überhaupt irgendetwas hatte signalisieren wollen. Machte ich mir nur falsche Hoffnungen?
Die Worte, die vom Lehrerpult her erklangen, erreichten mich nicht. Ich war in meinen Gedanken versunken. In Gedanken bei Draco. Wo war er? Hatte ich etwas Falsches getan? War er-

„Wo ist Mr Malfoy, Ms Parkinson?“
Ich horchte auf. Wurde ich angesprochen?
„Na, mich meint sie wohl nicht“, hörte ich Pansy zu Millicent murmeln, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Okay, vielleicht hatte sie auch nur meinen verwirrten Gesichtsausdruck gedeutet.
„Ms Parkinson?“
Ich hob überrascht meinen Kopf. Seit wann stand sie neben mir? Außerdem, täuschte ich mich oder hatte die sonst so wach wirkende Professorin ebenfalls dunkle Schatten unter den Augen?
„Ähm, ich weiß es nicht“, stammelte ich die bei Lehrern wohl beliebteste Antwort. Sie gab nur einen leisen Seufzer von sich und widmete sich dann dem Thema der heutigen Stunde. Ich versuchte, mich zu konzentrieren, als plötzlich die Tür mit einem Knarren aufging und alle Köpfe sich umdrehten. Eine Person mit tiefen Augenringen, einer unordentlich gebundenen, grünen Krawatte und verwuschelten Haaren betrat den Raum.

Zwillingsdrama | Draco Malfoy FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt