33: Kleiderchaos

22 2 4
                                    

Pansy Parkinson

Ich brauchte dringend einen Anlass. Einen Anlass, um mir eines dieser wunderschönen Kleider auszuleihen, die Millicent mir gerade präsentierte.

„Was hältst du von dem?”, fragte sie und hielt ein rotes Kleid mit V-Ausschnitt hoch. Der Stoff war mit einem dezenten Muster bedruckt und der Schnitt sah bereits auf dem Holzbügel so gut aus, das ich vielleicht einen Moment zu lang starrte. Aber die Farbe war einfach ein Traum. „Na?"

„Sehr hübsch, ein guter Kontrast zu deinen Haaren", antwortete ich.

„Hm." Sie hielt es mit ausgestreckten Armen vor sich und überlegte. „Ist die Farbe nicht zu kräftig?”

„Aber sie würde dir bestimmt gut stehen", versuchte ich, Millicent zu einer Entscheidung zu bringen. Ich wollte dieses Kleid unbedingt an einer Person vor mir sehen, auch wenn sie es war, nicht ich.

„Ich weiß, dass es mir steht, Pansy." Sie klappte die Schranktür zu, an deren Vorderseite ein Spiegel angebracht war und hielt das Kleid vor sich. Nach wenigen Sekunden entschied sie: „Aber es ist zu auffällig.”

Schnell warf sie es auf ihr Bett, wo bereits die anderen aussortierten Kleider Platz gefunden hatten. Ich wäre froh, hätte ich so viele Kleider, die mir wirklich gefielen und passten. Vielleicht sollte ich mit ihr mal Einkaufen gehen. Oder mir eins ausleihen.

„Hast du eigentlich schon mit Payton wegen den Ferien gesprochen?", fragte Millicent mich, während sie ihren Schrank wieder öffnete, um ein weiteres potentiell geeignetes Kleidungsstück zu entnehmen.

Mist, das hatte ich ganz vergessen. „Noch nicht, aber spätestens wenn du dieses Kleid trägst, werde ich es”, wich ich aus und angelte mir einen Schokofrosch aus meinem Nachttisch.

Dieses hier?” Mit hochgezogenen Augenbrauen zeigte sie mir etwas, das vermutlich die textile Version einer Korallen-Blaubeer-Kreuzung war. Die Rot- und Blautöne vermischten sich in einem wilden Muster miteinander und Rüschen waren an den kurzen Ärmeln angebracht worden. Die Kombinationen waren sehr… Speziell.

Ich holte tief Luft und schloss die Schublade besonders langsam, um nach einer Antwort zu suchen. Ich entschied mich für ein höfliches: „Das ist, na ja, extravagant.”

Ihre Augenbrauen schoben sich noch ein Stück höher.

Okay, sie wusste selbst, dass es schlimm war. Mit einem gequälten Lächeln sagte ich: „Bitte nicht. Es ist grässlich.”

„Gut, sonst hätte ich mir auch Sorgen um deinen Geschmack gemacht”, lachte Millicent, während sie dieses Ungetüm mit einer eleganten Handbewegung von sich schmiss. Es landete auf dem Boden.

Es war genau so ein Kleidungsstück, in das man viel reininterpretieren könnte und dessen Außergewöhnlichkeit man betonen würde, wenn man ein Journalist des Tagespropheten wäre. So einen Artikel hatte mir Payton irgendwann mal vorgelesen und mir dann amüsiert die Kreation gezeigt, um die der Artikel sich drehte. Wir hatten uns etwas darüber lustig gemacht, wie man einen solch schrecklichen Kreativitätsausbruch - freundlich ausgedrückt - bewundern könnte und gelacht. Wir hatten so gelacht.

„Woher hast du das bitte?”, wunderte ich mich. So etwas hätte ich wirklich nicht in Millicents Kleiderschrank vermutet, auch wenn es nicht annähernd so schlimm wie das aus der Zeitung war.

„Ein klassischer Fehlkauf wahrscheinlich”, murmelte sie und steckte den Kopf wieder in ihren Schrank.

„Dann musst du aber ganz schön neben der Spur gewesen sein”, schmunzelte ich und biss in den Schokofrosch. Mittlerweile kostete es mich keine Überwindung mehr, sie zu essen. Im Gegensatz zu früher war ich in diesem Punkt deutlich brutaler geworden, es war so normal.

Die Tatsache, dass irgendwer mal auf die Idee gekommen war, lebendige Schokolade zu verkaufen, widerte mich jedoch immer noch an. Wer kam denn bitte auf so eine Idee?

Millicent zuckte nur mit den Schultern und zog einen weiteren Kleiderbügel heraus.

„Wie viele Kleider hast du bitte?”, lachte ich nun. Wir waren schließlich schon eine Weile hiermit beschäftigt.

„Einige”, grinste sie nur und warf gleichzeitig einen abschätzigen Blick auf das Kleidungsstück in ihrer Hand, welches sie anschließend mit den Worten „Zu Kurz” auf ihr Bett beförderte.

Als ich mich gerade fragte, ob sie einen Zauber auf ihren Schrank angewendete hatte, um das Innenleben größer zu machen, seufzte Millicent auf und gestand: „Eigentlich habe ich gar keine Lust, da hinzugehen.”

„Wie? So schlimm?”, erkundigte ich mich und setzte mich in den Schneidersitz.

Millicent schloss ihre Schranktür, lehnte sich daran und verzog das Gesicht. „Wenn es wie die letzten Treffen ist, eher langweilig. Man hört über tolle Familien, Berufserfolge und hält unnötigen Smalltalk.”

„Und, wenn du nicht hingehst?”, versuchte ich vorsichtig und beseitigte derweil die Schokoladenverpackungen.

„Theoretisch eine Option”, gab sie zu, „Aber praktisch gesehen will ich mich nicht krank stellen. Und für gute Kontakte ist dieser Club sicher nützlich.”

„Du willst neue Kontakte?”, hakte ich grinsend nach. „Wer ist denn da so Interessantes? Der Junge, der überlebte? Oder die Streberin Granger?”

„Doch nicht die”, schmetterte sie ab und löste sich von ihrem Schrank. „Zurück zum Thema, welches Kleid?”

„Also dafür, dass es dir so egal ist, machst du dir aber viel Aufwand”, stellte ich fest und stand auf.

Millicent hatte sich nämlich dem Stapel auf ihrem Bett zugewandt und nahm eines der Kleider wieder hoch, um es zurück in ihren Schrank zu hängen. „Auftreten ist eben alles, Pansy”, erwiderte sie.

„Stimmt”, seufzte ich und hob das Farb-Desaster vom Boden auf. Vom Nahen betrachtet bissen sich die starken Töne noch mehr, weshalb ich es schnell Millicent aushändigte.

„Weißt du, was?” Sie drehte sich um und wühlte in den restlichen Klamotten auf der grünen Bettwäsche. Dann zog sie ein dunkelblaue Kleid hervor, das mir durch den Rückenausschnitt und den raffinierten Schnitt aufgefallen war. Es war elegant und ästhetisch, aber strahlte dank der Farbe auch Ruhe aus. Eines der ersten Kleider, das sie mir heute gezeigt hatte. „Ich nehme das hier!”

„Ich fand es vorhin schon nicht zu schlicht”, lachte ich, denn diese Kritik hatte ich wirklich nicht nachvollziehen können. „Sehr gute Wahl, Millicent.”

„Danke, ich weiß", grinste sie und begann, ihr Bett von den anderen Kleidern zu befreien. Nebenbei murmelte sie: „Jetzt muss ich mir nur noch Haare, Makeup, Schuhe und Unterwäsche überlegen."

Ich stutzte. „Unterwäsche? Was hast du denn vor?"

„Meine guten Kontakte nutzen", zwinkerte sie.

Mir klappte der Mund auf, aber ich schloss ihn schnell wieder.

„Keine Sorge", lachte Millicent, „Morgen wird es, glaube ich, noch nichts. Aber ich bin dran."

Zwillingsdrama | Draco Malfoy FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt