Ich gehe die Treppe runter zum Eingang. Ich bin schrecklich nervös. Wie sollte ich ihn begrüßen? Was sollte ich sagen? Für Außenstehende sieht es aus als hätte sich nichts zwischen uns geändert. Im Prinzip hat es das auch nicht. Allerdings herrscht in mir ein riesen Gefühlschaos! Ich weiß nicht was ich von diesen Gefühlen halten soll. Ist das denn so clever sich in einen Jungen der 5000km von Köln entfernt lebt, zu verlieben? Nein! Also bin ich das auch nicht. Punkt. Ich muss mir das nur einreden, dann kommen diese Gefühle auch erst gar nicht an die Oberfläche. Im Endeffekt hat mir das ja auch nur Lia eingeredet! Vorher hatte ich nie solche Gedanken. Also ist es ja ganz klar das diese Gedanken nur pure Zeitverschwendungen sind!
„Hey Violet!" Arnav winkt mir zu. Als ich vor ihm stehe begrüßen wir uns wie immer mit einer Umarmung. Ganz normal also. „Hey" sage ich nun auch und grinse ihm zu. „So du musst mir jetzt wirklich mal erklären wie man auf diese Idee kommt um diese Uhrzeit vor einem Hotel zu stehen und ein ahnungsloses Mädchen in die Dunkelheit zu locken" Ich sehe ihn erwartungsvoll an und warte auf eine Antwort, doch stattdessen nimmt er mich wie ein kleines Kind an die Hand und zieht mich hinter ihm her. „Ey! So etwas macht kein Gentleman!" „Wer sagt das ich ein Gentleman bin?" Tja offensichtlich niemand. Verständlich. Ich renne schon fast hinter ihm her, weil er mit seinen langen Beine riesige Schritte macht. Er zieht mich Richtung Strand und wir laufen auf den Rettungsschwimmer Turm zu. Als wir vor dem "Turm" stehen bleiben, schaue ich Arnav mit einer hochgezogener Braue an. Da fängt er plötzlich an zu lachen „Du siehst wirklich komisch aus, wenn du das machst! HAHAHA" Ich stoße ihn weg, besser gesagt ich versuche es, doch ich scheitere. Er bewegt sich keinen Schritt weiter und macht auch keine Anstalten mit dem Lachen aufzuhören. Obwohl es Mitten in der Nacht ist, kann ich jeden einzelnen Gesichtszug von ihm sehen. Das verdanke ich wohl dem hell leuchtenden Vollmond, der mir jetzt erst ins Auge fällt. Arnavs Zähne strahlen herrlich weiß im Mondlicht und seine Grübchen sind tiefer als sonst, so stark lacht er. „Jetzt hör schon auf" ich schaue beleidigt auf den Pazifik. Arnav lacht noch ein paar Sekunden weiter, bis er dann endlich aufhört. Nun ist es plötzlich ganz still, nur die Schritte von Arnav im Sand und das Rauschen der Wellen ist zu hören. „Du wolltest doch wissen warum ich dich, ich zitiere, in die Dunkelheit gelockt habe. Komm mit rauf." Komm mit rauf? Ich brauche kurz bis ich kapiere was er damit meint. Ich drehe mich um und sehe wie er hoch auf den "Turm" klettert. Es ist ja nicht wirklich ein Turm, denn dieses Gestell ist wahrscheinlich gerade mal knapp 4 Meter hoch. „Ist das überhaupt erlaubt" sage ich nun in einem Flüsterton. „Wieso flüsterst du?" flüstert Arnav zurück. „Wirklich witzig bist du" ich strecke ihm die Zunge raus „und ist es jetzt erlaubt?" hake ich noch einmal nach. „Jetzt sei keine Spielverderberin und komm hoch, du wirst es lieben." Da ich ihn immer noch skeptisch anschaue fügt er hinzu „Wer sollte denn noch so bekloppt sein wie wir und um 1 Uhr hier am Strand sein? Hm?" „Du" korrigiere ich „Du bist bekloppt um die Uhrzeit hier hinzugehen, ich hab nix damit zu tun. Ich wurde zu 100 Prozent von dir gezwungen!" Er lacht daraufhin nur kurz auf und schaut mich dann auffordernd an. Ich verdrehe die Augen „Jaja" und steige die Leiter hoch.
„Wow" mehr kann ich nicht sagen. Ich schaue direkt auf das Meer wo der Mond sich drin spiegelt. Das Wasser glitzert Silber und immer wenn eine kleine Welle am Strand abbricht, ist es so als würde die Welle das Glitzer in die Luft abgeben. Denn nicht nur das Wasser glitzert, sondern auch die Luft um uns herum. „W..Wie ist das möglich?" als ich die Frage stelle schaue ich ihn nicht an, sondern schaue immer noch gebannt auf das Wasser und das Spektakel um uns herum. „Magie" sagt er nur flüsternd. „Magie?" ich glaube ihm nicht. Obwohl ich es mir tief im Inneren auch nicht anders erklären kann. „Ja die Magie des Vollmondes. Ich war damals in Deutschland in der Grundschule in einer Fotografie AG und der Lehrer sprach immer von der Magie des Vollmondes. Einmal sagte er: „Alle 29 Tage können wir uns von der Magie des Vollmondes verzaubern lassen. Jeder Astrofotograf wünscht sich die Vollmondszene so beeindruckend wie möglich in Szene zu setzten." Nach diesem Satz bin ich jeden Monat bei Vollmond rausgeschlichen um eine beeindruckende Vollmondszene mit meiner kleinen Kamera aufzunehmen, aber ich habe nie diese Magie des Vollmondes gefunden. Bis ich hier her kam" Ich atme laut aus. „Magie" und schaue hoch zum Mond „Das ist wohl wahr."
Nach einer gefühlten Ewigkeit sage ich leise „Danke". Kurz denke ich er hat es nicht gehört und drehe mich zu ihm um. In dem selben Moment tretet er einen Schritt näher zu mir und da stehen wir wieder so dicht beieinander wie schon die letzten zweimale. „Hab ich mir doch gedacht das es dir gefallen wird." Ich schmunzel und schaue in seine Augen. Seine Augen scheinen durch das Mondlicht noch viel blauer zu strahlen als sonst, wenn das überhaupt geht?! Ich sehe wie das silberne Glitzer in seinen Augen reflektiert und kurz denke ich das ich wieder auf den Ozean schaue. „Wir ähneln uns in vielen Dingen, weißt du?" Ich schüttel nur leicht den Kopf, nicht im Stande mehr zu sagen, so hypnotisiert war ich von seinem Blick und seiner leisen tiefen Stimme. „Ich glaube uns verbindet noch so viel mehr." er verstummt und streicht mir, eine ins Gesicht gefallene, Ponysträhne hinters Ohr. Sein Blick wandert kurz auf meine Lippen und dann wieder zu meinen Augen. Ich beiße mir nervös auf die Lippe. Verdammt er ist so heiß! Als sein Atem meine Wange streift, bekomme ich eine Gänsehaut. Er beugt seinen Kopf zu mir runter um die paar Zentimeter die uns noch trennen zu überwinden.
Doch kurz bevor er seine vollen Lippen auf meine Lippen legt, weiche ich einen Schritt zurück. Verlegen fährt Arnav sich mit seiner Hand durchs Haar „Tut mir leid..das war unüberlegt von mir.." Ich schaue ebenfalls verlegend auf den Boden und als ich dann wieder in seine Augen schaue, sehe ich wie enttäuscht er ist. Mein Herz zieht sich zusammen. Ich überlege was ich sagen soll, aber mir fällt nichts ein, also bleibe ich einfach stumm stehen und schaue wieder aufs Wasser. „Ich denke, ich war einfach hypnotisiert vom Vollmond..." sagt Arnav und ich hauche nur ein „Ja" als Zustimmung.
„Du..ähm..ich denke ich sollte mich wieder auf dem Weg zurück machen" sage ich nach weiteren unangenehmen Sekunden. „Ja klar." Er bindet meine Jacke von seiner Hüfte, die mir jetzt erst auffällt und überreicht sie mir. „Danke" ich ziehe sie mir gleich über und steige die Treppe runter. Als ich unten nochmal hoch zu Arnav gucke, treffen sich unsere Augen und für eine Sekunde überlege ich, ob ich nicht doch nochmal hochgehen soll und seine tollen Lippen auf meine presse. Nein! Stopp! „Danke nochmal" mit den Worten wende ich mich mit einem Ziehen im Magen von ihm ab und laufe so schnell wie ich kann zurück zum Hotel.
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Im Rausch der Wellen
RomanceTeil 1 der Buchreihe "Im Rausch" Violet ist mit ihrer Familie für fünf Wochen in Kalifornien. Eigentlich hat sie keine Lust die ganzen Sommerferien mit ihrer Familie zu verbringen, stattdessen hätte sie lieber mit ihren Freunden in Köln eine Party n...