Kapitel 56 - 41 Stunden

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Ich weiß nicht wie lange wir beide auf dem Boden geschlafen haben, doch als uns eine Krankenschwester sanft weckt und uns einen Kaffee anbietet, steht die Sonne bereits über dem Wasser und erwärmt den heutigen Tag. „What time is it?" Ich bin die erste die Worte finden und sich aufrappelt. Mein T-Shirt aus San Diego riecht mittlerweile nicht mehr ganz so gut, eigentlich sollte ich endlich Mal wieder etwas frisches anziehen. Doch das hier, mein Blick wandert zu Arnav, der immer noch genauso da liegt wie in der vergangenen Nacht, ist einfach wichtiger als ein müffelndes Oberteil. „It is 10 o'clock.  Do you want something for breakfast?" beantwortet die Krankenschwester meine Frage. 10 Uhr...so lange hatten wir dann doch geschlafen, ich spüre jetzt schon die Rückenschmerzen die mir der harte Boden beschert hat.

„No thank you. I'm not hungry." beantworte ich ihr noch nett die Frage bezüglich des Frühstücks. Die Krankenschwester schaut fragend zu Layne, die sich nun auch neben mich gestellt hat. Sie schüttelt ebenfalls den Kopf und nickt dann Richtung Toilette, wo sie nun drin verschwindet. „Okay, if you have any questions you can just press the red button." Mit den Worten nickt sie Richtung Bett und geht dann Richtung Tür. Als mein Blick erneut an Arnav hängen bleibt, taucht wieder die Frage auf, welche Layne mir immer noch nicht beantwortet hat. Also halte ich die nette Dame auf und frage sie, um endlich eine Antwort auf meine Frage zu bekommen.

„What has he?  Will he get well again?" Ich bezweifle das Layne mir in naher Zukunft erzählen kann, was Arnav hat und wie lange er da so liegen wird, also bleibt mir nun Mal nichts anderes übrig, als das Krankenhauspersonal zu fragen. „Don't you know yet?" Ich schüttle den Kopf. „Arnav Hall is in a coma." Sie schaut mich traurig an und drückt meinen Arm sanft, bevor sie das Zimmer verlässt. „Coma?" flüstere ich. In dem Moment höre ich die Klospülung und kurz darauf kommt Layne aus dem Badezimmer. „Bitte sag nicht das 'Coma' das englische Wort für Koma ist. Bitte sag nicht das er, das er...im Koma liegt" Meine Stimme erstickt in Tränen und ich weiß nicht was ich fühlen soll. Verdammt die Antwort liegt auf der Hand. In mir bildet sich ein tiefes Loch, welches alles in mir in sich hinein zieht und nichts außer Schmerz übrig lässt. Wieso er? „Wieso er?" frage ich in den Raum hinein. Wieso jetzt?

Ich laufe die Straßen von Coronado Island entlang, ohne ein bestimmtes Ziel. Mir ist egal wie ich aussehe, denn ich muss sicherlich scheußlich aussehen und genauso riechen, ich musste einfach raus. Raus aus diesem Zimmer, in welchem kaum noch Sauerstoff war, raus aus diesem riesigen weißen Gebäude wo es überall nach Desinfektionsmittel riecht. Ich musste raus. Weg vor allem dem was da gerade passiert ist. Ich wollte Layne nicht da alleine stehen lassen, aber ich konnte nicht und ich wollte nicht erneut eine Stütze für sie sein, wo ich doch selbst gerade eine bräuchte.

Irgendwann komme ich an eine kleine Parkbank entlang, auf die ich mich erschöpft niederlasse. Auf einem Schild steht das ich auf dem Bayshore Bikeway bin und als ich aufsehe bemerke ich erst jetzt wie schön es hier eigentlich ist. Genau gegenüber von mir erstreckt sich die Coronado Bridge über der San Diego Bay. Das Wasser glitzert in der Sonne und auf einmal werde ich von Millionen Flashbacks überflutet.

Der erste Ausflug mit Arnav zu zweit, rüber aufs Festland wo er mich zum Hafen gebracht hat. Wie wir die Beine im Wasser hatten und das Wasser genauso die Sonne wider gespiegelt hat wie heute. Oder die Aussicht von oben auf der Coronado Bridge runter aufs Wasser. Genau dort oben habe ich Arnav gesagt, das ich mit ihm zusammen sein will, während wir auf dem Weg zum Flughafen waren. Und jetzt, jetzt nach all den Jahren, wo ich mich endlich wieder bereit gefühlt habe mit einem Jungen eine Bindung einzugehen, passiert so etwas grausames. Das ist nicht fair. Wieso passiert einem so tollen Jungen so etwas schreckliches? Womit hat er das verdient. Womit hat das Layne verdient, die doch schon ihre Eltern verloren hat. Sie darf nicht auch noch ihren Bruder verlieren!

Im Rausch der WellenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt