"Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen, Fräulein..."
"Isa. Isabella.", brachte ich geradeso heraus.
"Fräulein Isabella." Der junge Graf Johann von Barthold-Voreck lächelte mich schelmisch und trotzdem höflich an. Er deutete eine leichte Verbeugung an, während ich stocksteif da stand, unfähig mich zu rühren. Er blickte mich die ganze Zeit an, amüsiert und doch interessiert, und ich konnte mich kaum aus seinen goldbraunen Augen losreißen. Sie erinnerten mich an flüssigen Honig, in dem ich zu versinken drohte. Bei diesem Gedanken kam ich wieder zu mir und blinzelte eilig, um meine trockenen Augen zu befeuchten. Was war denn nur los mit mir?
"Johann, ich bin so froh, dass du wieder da bist.", sagte Ludmilla in diesem Moment und brach die Stille, die sich kurz über den Raum gelegt hatte.
"Setz dich bitte! Ich habe dir so viel zu erzählen. Nein, du musst mir so viel erzählen!" Sie führte Johann zu den zwei Sofas, die vor dem Kamin des Raumes standen. Dort ließen sich die beiden einander gegenüber nieder.
"Es gibt wahrlich nichts Aufregendes, das es wert wäre zu erzählen.", wich Johann der Aufforderung seiner Schwester aus. Ich merkte, wie seine Augen kurz den Glanz verloren, als ihm ein Gedanke oder eine Erinnerung durch den Kopf schoss.
"Ach, das kann ich dir nicht glauben! Möchtest du etwas Tee?", eiferte Ludmilla weiter. Johann nickte abwesend. "Isa?"
Ja gerne, wollte ich antworten, bis ihren auffordernden Blick bemerkte. Das war keine Frage gewesen, ob ich auch Tee wollte, sondern eine Anweisung, ihn zu holen. Ich beschwerte mich nicht. Ich nahm die Gelegenheit dankbar an, für einen kurzen Moment aus dieser komischen Situation zu entfliehen.
Als ich den Raum verließ, spürte ich deutlich einen Blick in meinen Rücken. Der Blick des Grafen Johann. Im Flur schlug ich theatralisch die Hände vor mein Gesicht. War ich denn verrückt geworden? Ich war dem Grafen in seinem eigenen Zimmer begegnet, hatte ihn gefragt, ob er ein neuer Angestellter war, hatte ihn angelogen und doch nicht erkannt. Ich war doch seit mehr als einem Monat fast täglich an seinem Gemälde im Eingangsbereich vorbeigelaufen. Gott, ich schämte mich so. Was würde er jetzt nur von mir denken? Diese Situation war mir so unangenehm, dass sie fast einem Liebesfilm Konkurrenz machte. Da gab es solche Situationen ja auch immer. Mit dem Unterschied, dass die beiden Darsteller sich dann ineinander verliebten. Aber das hatte ich ja nicht vor. Ich wollte mich ja nicht in den Grafen verlieben. Nein, ich wollte Tee holen.
"Wer ist diese Isabella eigentlich?", fragte Johann gerade, als ich den Raum mit dem Tablett voll Tee wieder betrat.
"Sie ist eine neue Angestellte.", log Ludmilla sofort, ohne mit der Wimper zu zucken. Damit hatte sie zwar nicht Unrecht, aber es war auch nicht die ganze Wahrheit.
"So, hier ist der Tee.", unterbrach ich das Gespräch der Geschwister und stellte das Tablett auf dem kleinen Tisch zwischen den beiden ab.
"Vielen Dank.", sagte Johann und blickte mich intensiv an. Mir wurde ganz warm.
"Dann werde ich Euch mal alleine lassen." Ich machte Anstalten, den Raum wieder zu verlassen, als Johann mich zurück hielt. Seine Berührung brachte sofort das kribbelnde Brennen auf meiner Haut zurück. Völlig erschrocken über meine Körperreaktion, zuckte ich zusammen, sodass Johann mich wieder losließ.
"Entschuldigen Sie bitte. Bleiben Sie doch. Setzen Sie sich zu uns." Ich sah zu Ludmilla, unsicher, ob ich Johanns Aufforderung nachkommen sollte. Einerseits wollte ich das Gespräch nicht unterbrechen, andererseits interessierte es mich brennend, mehr über Johann zu erfahren. Ludmilla nickte und klopfte auf das Polster, also setzte ich mich neben sie auf das Sofa. Johann schenkte mir ein freundliches Lächeln, dass ich nicht so recht zu deuten wusste, doch dann wandte er sich zurück an seine Schwester.
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My past resolutions
Ficção HistóricaIsa könnte nicht glücklicher sein, als ihr langjähriger Schwarm sie endlich küsst. Und das an Silvester, genau um 0:00 Uhr. Schon immer hat sie davon geträumt, so in ein neues Jahr zu starten. Doch dieser meint es nicht ernst mit ihr und Isa ist zu...