Kapitel 24 - Besuch bei Nacht!

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Meine Grippe fesselte mich für zwei ganze Tage ans Bett. In dieser Zeit schlief ich vor allem, denn mein Körper schrie danach. Ich fühlte mich gerädert, wie von einem LKW überfahren und meine Kopfschmerzen trieben mich in den Wahnsinn. Wo waren nur die Ibuprofen, wenn man sie mal brauchte?!

In den kurzen Zeiten, die ich meine Augen offen halten konnte, waren meistens Johann oder Ludmilla da. Manchmal auch beide. Sie versorgten mich mit heißer Suppe, gewöhnungsbedürftigem Kräutertee, kalten Tüchern oder einer wärmenden Bettpfanne. Je nachdem, wonach ich verlangte. Auch wenn ich meist zu müde zum Sprechen war, war ich dankbar um ihre Anwesenheit. Sonst hätte mich wahrscheinlich mein Heimweh eingeholt und mir wäre es noch elendiger gegangen als ohnehin schon.

Johann strich mir immer die verklebten Haare aus der Stirn und hielt meine Hand. Es waren nur kleine Gesten, aber sie bedeuteten mir sehr viel. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass Ludmilla und Johann sich solche Sorgen um mich machen würden. Doch als ich wieder einigermaßen klar denken konnte, schickte ich sie beide weg. Denn Johann musste sich um die Geschäfte des Grafen kümmern und Ludmilla um den Marquis Theodore, der noch immer im Haus logierte.

Drei Tage nach dem Spätsommerball saß ich also wieder aufrecht in meinem Bett. Magda hatte mir erzählt, dass Johann mich sofort aus meiner kleinen Kammer in eines der Gästezimmer getragen hatte, als er von meinem Fieber erfahren hatte. In ein Gästezimmer mit weicher Matratze und großen, flauschigen Federkissen. Im Schein der Kerze las ich ein wenig in einem Buch – Romeo und Julia. Johann hatte es mitgebracht und mir anscheinend schon daraus vorgelesen. Leider hatte ich das nicht bei vollem Bewusstsein mitbekommen.

Eigentlich war ich schon bettfertig und wollte mich in den Schlaf lesen, doch plötzlich drückte meine Blase. Das kam sicher von der unmenschlichen Menge Tee, die ich trinken musste. Magda brachte mir täglich drei bis vier Kannen und bestand darauf, dass ich sie alle bis auf den letzten Tropfen austrank. Seufzend schlug ich die Decke zurück und stieg aus dem Bett. Mein Kreislauf brauchte eine kurze Sekunde, bis er sich stabilisiert hatte, schließlich war er die letzten drei Tage nicht in Anspruch genommen worden. Langsam tapste ich zur Tür. Der Steinboden war kalt und ich bereute es sofort, keine Strümpfe angezogen zu haben. Schnell huschte ich durch den Gang in Richtung der Latrine.

Plötzlich hörte ich Stimmen. Es war ein leises, unverständliches Murmeln, das durch den Gang hallte. Ich hielt inne. Die Neugier siegte und trieb mich auf die Stimmen zu. Meine Blase protestierte, aber ich ignorierte sie. Vorsichtig spähte ich um eine Ecke. Dort im Flur sah ich zwei Gestalten – und komischerweise war ich gar nicht überrascht sie zu sehen. Es waren der Marquis und Arthur, die sich wütend anstarrten und flüsternd miteinander diskutierten.

"Das letzte Mal war es weniger als vereinbart!"

"Was soll ich denn tun? Mehr gibt es nicht!"

"Ich glaube dir nicht, Arturo. Geh da jetzt hinein und suche das Geld!"

Arthur wollte protestieren, doch der Marquis fiel ihm ins Wort. "Oder soll ich mich bei deiner Familie bedienen? Ich glaube, deine jüngste Schwester ist in einem schönen Alter."

Arthur knurrte wütend. Er bedachte Theodore mit einem Blick, der hätte töten können, doch der Marquis zeigte sich unbeeindruckt. Stattdessen wedelte er mit der Hand und scheuchte Arthur in einen Raum. In das Arbeitszimmer von Graf Ludwig, wie ich auf einmal erkannte.

Mich beschlich eine dunkle Vorahnung. Am liebsten wollte ich zu Johann laufen um ihm von meinen Beobachtungen erzählen. Oder den Marquis und Arthur zur Rede stellen. Aber ich hatte noch keine Beweise, möglicherweise würde mir keiner glauben. Also blieb ich hinter der Ecke stehen und wartete. Ich würde abwarten, was als nächstes geschah. Spektakulär war es nicht. Marquis Theodore wartete im Gang, leise vor sich hin summend. Arthur brauchte währenddessen eine ganze Weile, bis er schließlich wieder aus dem Arbeitszimmer kam. In seiner Hand hielt er eine kleine Holztruhe, die mir seltsam bekannt vorkam. Die Erinnerung zuckte vor meinen Augen auf. Ich hatte Arthur mit dieser Kiste schon einmal gesehen. Es war Nacht gewesen, ich wäre auf dem Weg zu Johann beinahe in ihn hineingerannt. Die Kiste hatte komische Geräusche von sich gegeben.

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