Kapitel 31 - Ende gut, alles gut!...?

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Ich wagte zu behaupten, die Weihnachtstage im Jahr 1721 waren einige der Schönsten, die ich je verbracht hatte.

Etwa eine Woche vor Heiligabend begann es zu schneien, und zwar so stark, dass wir uns bald nur noch mit den Pferden fortbewegen konnten. Der Schnee versperrte alle Wege zum Dorf, doch das machte nichts. Zum ersten Mal seit 15 Jahren erlaubte der Graf, Weihnachten zu feiern. Es war das Lieblingsfest seiner Frau Lidia gewesen, wie ich von Ludmilla erfuhr. Seit ihrem Tod hatte er das Fest nicht mehr feiern wollen. Umso aufgeregter waren Milla und ich, als wir den Weihnachtsschmuck aus der Kammer holten, wo er die ganze Zeit verstaubt auf diesen Tag gewartet hatte. Wir verbrachten zwei ganze Tage damit, das Haus zu schmücken, von innen und von außen. Johann half uns sogar so gut es ging, den Baum zu schmücken. Seine Schulter war so gut verheilt, wie es nur möglich war, doch ab und zu plagten ihn noch Schmerzen und die Unbeweglichkeit des Muskels. Arthur und Anton mussten helfen, den Tannenbaum im neuen Speisezimmer auszustellen, denn der Baum war ein fast zweieinhalb Meter großes grünes Monster. Ich hatte schon Angst, dass uns die Dekorationen ausgehen würden.

Der Graf hatte nach dem schiefgelaufenen Hochzeitstag von Ludmilla veranlasst, das Speisezimmer in einen anderen Raum zu verlagern. Zu viele Schüsse waren gefallen und zu viel Blut geflossen, als dass er noch gemütlich in diesem Zimmer hätte essen können. Der Graf hatte sich danach aber auch um alles andere gekümmert. Er schrieb einen Brief an den Herzog von Württemberg und unterrichtete ihn von Markgraf Theodore. Der Herzog sprach dem Marquis eine Verbannung aus. Er würde noch vor Ende des Jahres nach Italien zurück transportiert werden. Die Tage seit seiner Verhaftung hatte er ausschließlich in der Zelle der Landjugend verbracht. Er würde nie wieder hierher zurückkommen können.

Des Weiteren schrieb der Graf eine gefälschte Vollmacht und versiegelte sie mit dem Siegelring des Marquis. Er übertrug Arthur die Aufgabe, nach Italien zu reisen und mit der Vollmacht die Schatzkammer des Marquis leerzuräumen. Eine einzige Bedingung stellte der Graf Arthur jedoch. Er musste seine Familie besuchen. Ludmilla gab Arthur sogar die Perlenkette seiner Mutter zurück, was den Mann zu dicken Tränen rührte.

Katharina reiste mit ihm. Denn nur vier Tage nach dem Hochzeitstag setzten ihre Wehen ein. Das ganze Haus war in dieser Nacht auf den Beinen und half dem Doktor bei allem, was getan werden musste. Sie brachte einen kleinen Jungen auf die Welt. Für seinen Namen hatten wir alle schon unzählige Vorschläge, doch Katharina wollte nichts davon wissen. Sie nannte ihn Beniamino. Sohn des Glücks bedeutete das, erklärte Katharina, weil sie sich so von mütterlicher Liebe und Glück erfüllt fühlte. Sobald sich Mutter und Kind von der Geburt erholt hatten, entschied Katharina, dass es Zeit war, nach Hause zurückzukehren. Der Graf hatte auch einen Brief an ihren Vater geschrieben und versprach ein wenig Geld für den ersten Unterhalt. Ganz anders als erwartet verstieß er Katharina nicht, sondern freute sich auf ihre Rückkehr und seinen Enkelsohn.

Der Monat, in dem Arthur fort war, war nervenaufreibend. Denn wir wussten nicht, ob unser Plan mit der Vollmacht überhaupt funktionieren würde. Oder ob Arthur überhaupt zurückkehren würde. Er war loyal, das war keine Frage, aber wer konnte schon wissen, ob man ihn nicht aufhalten, für einen Dieb halten oder mit so viel Geld bei sich sogar überfallen würde. Doch schon Mitte November kehrte er wohlbehalten zurück. Mit einer vollbeladenen Kutsche mit all dem Geld, dass er dem Grafen eigentlich einmal entwendet hatte. Und vielleicht noch ein bisschen mehr. So schließt sich der Kreis, dachte ich lächelnd.

Ludmilla und Anton schwebten währenddessen auf Wolke Sieben. Wahrscheinlich planten die beiden schon ihre Hochzeit. Es war schön, Ludmilla endlich glücklich zu sehen. Und es störte mich auch nicht, dass sie die meiste Zeit mit ihrem Liebsten verbrachte, denn so hatten auch Johann und ich mehr Zeit alleine.

Mit meiner Hilfe kam Johann schon bald wieder auf die Beine. Seine Wunde verheilte, ohne sich zu entzünden. Ich hielt ihn bei Laune, brachte ihm sein Essen und scheuchte ihn auch schon bald aus dem Bett, ging mit ihm spazieren und auch ausreiten. Anton war am Abend des Hochzeitstages noch als einziger geistesanwesend genug gewesen, um die Pferde aus dem Wald zurück in den Stall zu holen. Sonst würden sie vermutlich noch immer dort stehen. Monsieur konnte mich mittlerweile fast schon leiden.

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