Kapitel 30 - Wahrheit lässt Verzeihen!

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"Was machen wir nun eigentlich mit dem Marquis?", fragte Ludmilla und sah auf ihn herab. Noch immer war er bewusstlos und rührte sich nicht.

Nachdem der Graf sich aus Ludmillas Umarmung gelöst hatte, kam er auch seinem Sohn zur Hilfe. Er hielt Johann bei Bewusstsein, bis Katharina mit dem Doktor im Haus eintraf. Der Doktor schaute verwirrt, als er Ludmilla in ihrem weißen Kleid sah, den Marquis am Boden liegend und Johann angeschossen, doch er fragte nicht nach. Der Blick des Grafen war wohl einschüchternd genug gewesen. Der Doktor kümmerte sich sofort um Johann. Die Kugel durch seine Schulter war ein Durchschuss gewesen und hatte nur den Muskel verletzt. Trotzdem verlor Johann das Bewusstsein, als der Doktor ihm die Wunde ausbrannte und ihn danach mit sauberen Tüchern verband. Mir wurde dabei fast schlecht. Doch ich wollte Johann nicht alleine lassen. Er sollte spüren, dass ich für ihn da war. Der Doktor gab ihm eine Ladung Laudanum, die sicherlich auch ein Pferd ausgeknockt hätte und ordnete Bettruhe an. Das Wichtigste war jedoch, dass Johann nicht sterben würde. Ich ließ den Doktor erst gehen, als er mir das versichert hatte.

Besorgt sah ich ihm hinterher, als der Graf und Anton den verarzteten Johann schließlich in sein Bett trugen. Ludmilla, Katharina und ich blieben im Speisezimmer zurück. An einer Serviette auf dem Tisch, der im Übrigen komplett gedeckt war, säuberte ich mir die Hände. Magda würde sicher toben, wenn sie erfuhr, dass ihr gekochtes Hochzeitsessen nicht mehr gebraucht wurde. Ich bekam Johanns Blut nicht ab. Zu viel war schon eingetrocknet, schien sich sogar in meine Haus hineinzufressen. Bei Gott, ich hoffte, er überlebte diese Verletzung. Seine Schulter war doch sowieso schon von seiner Kriegsverletzung geschwächt. Was, wenn er langfristige Schäden davon trug? Ich wollte gar nicht daran denken. Meine Wut auf ihn, der Streit, war vergessen. Hätte er den Marquis nicht angegriffen, wäre vielleicht noch Schlimmeres passiert. Er hatte, so wie sein Vater, auch endlich erkannt, wie falsch der Markgraf Theodore war. Und er hatte sich vor seine Schwester geworfen, um sie zu schützen.

Nun standen wir in einem Kreis um den Marquis herum, Ludmilla hatte den Kerzenständer kampfbereit erhoben. Der Doktor hatte auch angeboten, den Marquis zu versorgen, doch wir hatten ihm energisch versichert, dass das nicht notwendig war. Niemand würde nach heute um den Marquis trauern, sollte er an zu viel Blutverlust sterben. Es klang hart, aber es war die Wahrheit!

"Wir könnten es vielleicht doch mit der Vergiftung probieren.", überlegte Ludmilla, während sie den Marquis argwöhnisch musterte.

"Das wird doch niemand glauben. Nicht mit dieser Kopfwunde.", warf Katharina schnippisch ein. Ich strafte sie mit einem abwertenden Blick. Nur weil sie den Doktor für Johann geholt hatte, durfte sie noch lange nicht mitreden. Sie hatte sich noch immer mit dem Marquis zusammen getan, um mir meinen Platz als Anstandsdame streitig zu machen. Ich hatte ihr das noch lange nicht verziehen.

"Wir müssen ihn trotzdem loswerden."

"Aber nicht mit Gewalt.", ertönte die Stimme des Grafen. Er betrat wieder das Speisezimmer, gefolgt von Anton. "Wir hatten schon einen Lügner und Betrüger in diesem Hause. Wir brauchen nicht noch Mörder."

"Ich habe vielleicht eine Idee.", warf ich nachdenklich ein. Alle Blicke richteten sich gespannt auf mich.

"Der Marquis hat doch gedroht, euren Ruf zu zerstören. Wir wissen alle, was ein guter, beziehungsweise schlechter Ruf in dieser Zeit bedeutet. Aber noch wichtiger als euer Ruf ist ihm sein eigener. Er ist ein eitler Gockel mit makellosem Ruf. Und den werden wir ihm nehmen."

"Wie willst du das anstellen?"

Ich zuckte die Schultern. "Wir könnten einen Brief an eine hochrangige und mächtige Person schreiben."

"An den Herzog von Württemberg, meinst du?"

"Zum Beispiel. Dem erzählen wir von den Machenschaften des Marquis. Wir können ja ein bisschen übertreiben. Oder er unterschreibt sein eigenes Schuldgeständnis."

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