Kapitel 6

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Ich stellte Natashas Motorrad wieder an dessen rechtmäßigen Platz zurück, als wäre niemals etwas gewesen, allerdings war mir klar, was mich nur zwei Etagen höher erwarten würde. Inzwischen kannte ich Natasha gut genug, um zu wissen, dass sie mich oben erwartete. Wie ich es geplant hatte, packte ich die Sporttasche mit den Akten in den Kofferraum eines der Fahrzeuge und machte mich mit unschuldigem Blick zum Aufzug. Während ich darauf wartete, die richtige Etage zu erreichen, ging ich innerlich meine Antworten durch, die - hoffentlich - auf ihre Fragen passen würden.

Anstatt jedoch auf eine neugierige Romanoff zu treffen, kam ich Angesicht zu Angesicht mit dem einzig wahren Steve Rogers. Er saß in der schlecht belichteten Küche auf einem Barhocker, mit einem Buch vor ihm, an dem er schon gefühlte zwei Monate las. Im Gegensatz zu wie Natasha es machen würde, sah er nur ruhig auf. Er kam nicht augenblicklich auf mich zu und hatte auch nicht seine Arme verschränkt. Was mich aber wirklich störte war, dass er nicht einmal etwas sagte, sondern mich nur ansah.

Ich seufzte tief. "Hey", meinte ich schließlich und verschränkte selbst meine Arme.

"Hey", gab er zurück, als sein Blick über meine komplett schwarze Kleidung wanderte. "Spaziergang?"

"...Klar." Ich nickte und sah mich um nach Natasha.

"Sie ist nicht hier", kam es von ihm. "Hat mich eine halbstündige Diskussion gekostet, aber sie ist ins Bett gegangen."

"Hm", machte ich nur und ging auf ihn zu. Über seine Schulter ließ ich meine Augen über die Zeilen seines Buches gleiten. "Schon herausgefunden wer der Killer ist?"

"... es wird jemand umgebracht?"

"Uhhh, sorry."

"Wann hast du das gelesen?"

"Toilette."

"Wow."

"Willst du wissen wer stirbt?"

"Was? Nein!" Er sah mich warnend an. "Wehe du spoilerst mir ein weiteres Buch."

Grinsend erhob ich meine Hände und trat um die Küchentheke herum, geradewegs auf den Kühlschrank zu. "Tom wars." Mit ergebenem Seufzen ließ er das Buch auf die Theke fallen und sah mich eindringlich an. "Du weißt haargenau, dass ich nicht anders kann!" Ich lachte leicht. "Keine Sorge, Rachel bringt ihn dann um."

Sein Kopf fiel in den Nacken, als er ein protestierendes Geräusch von sich gab. "Du bist unmöglich."

"Anna hilft ihr dabei."

"Brooklyn!"

"Ich kann nicht aufhören!" Ich unterdrückte mein Grinsen, indem ich meine Lippen fest aufeinanderdrückte, ehe ich zwei Tupperware-Boxen aus dem Kühlschrank nahm.

"Ich hätte flüchten sollen, als ich noch die Chance dazu hatte."

"Nicht meine Schuld, dass du Monate mit einem einzigen Buch verbringst." Aus dem Brotkasten griff ich eine Packung Toast, doch hielt ich inne. "Hast du Vollkorn gekauft?"

"Es ist gesünder."

"Oh, ja", machte ich und verdrehte meine Augen. "Bei deiner täglichen ein-Zentimeter Schicht Erdnussbutter macht das Vollkorn wirklich einen gewaltigen Unterschied." Ich öffnete beide Plastikboxen und griff eine Scheibe Käse, sowie ein Blatt Salat und packte dieses auf eine Toastscheibe, bevor ich Mayonnaise darauf spritzte.

Er schmunzelte leicht, wandte dabei seinen Blick für einen Moment auf den Boden. "Ich hab vorhin einen Anruf bekommen", sagte er vorsichtig, als würde er mich nicht verschrecken wollen. "Jemand ist in den Tower eingebrochen."

𝐓𝐡𝐞 𝐃𝐫𝐚𝐢𝐧𝐞𝐝 𝐆𝐢𝐫𝐥 |𝟖| ᵃᵛᵉⁿᵍᵉʳˢWo Geschichten leben. Entdecke jetzt