Kapitel 11

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EINE NICHT unbedingt freudige Überraschung erwartete mich, als ich mehrere Minuten nach Ezrael den Raum verließ. Es schien, dass egal wo der Blick hinging, leere Augen einen anstarrten.

Vorsichtig und mit Ezraels Akte in der Hand, um nicht erneut in Blut auszurutschen, oder über einen der Körper zu stolpern, die am Boden verteilt waren, machte ich mich auf den Weg zu einem weiteren Aktenschrank. Ich klemmte mir die eine Akte unter den Arm, bevor ich den Schrank aufbrach und mir den Haufen an Dokumenten herausnahm. Geschätzt waren es um die dreißig Akten und alle davon fast hauchdünn, nichts verglichen zu E-Z-11, welche meiner Hydra-Akte Konkurrenz machte.

Meine Augen wanderten über den Raum, bis sie an einem Kleiderhaken, mit einem einzigen Laborkittel daran hängen blieben. Fast grinsend ging ich darauf zu, warf den Laborkittel zur Seite und drückte den Haken nach unten. Wie auch bei der Treppe tat sich etwas Staub auf, bis ein geheimes Schließfach herausfuhr. Es befand sich ein einzelner Silber Koffer darin.

Die Akten platzierte ich achtlos auf einem der Labortische, ehe ich hastig den Koffer griff und ihn öffnete. Ich war getroffen mit dem Anblick mehrere kleiner schwarzer Mäppchen, die gefühlt waren mit verschiedenen Serum. Ich seufzte glücklich und schloss für einen Moment meine Augen. Alles würde okay werden. Steve hatte Recht, nur musste man manchmal Dinge tun, auf die man nicht unbedingt immer stolz sein konnte.

Klar, hatte ich mir immer gewünscht ein normales Leben zu führen, doch nach all den Dingen, die ich erlebt hatte, die mich gemacht hatten zu wer ich nun war... Ohne meine Kräfte fühlte ich mich, als sei ich gefangen in einem fremden Körper und es gab nicht, was ich dagegen tun konnte – bis jetzt. Ich kannte nichts anderes für 20 Jahre und nach nur einem Jahr ohne meine Kräfte, fühlte ich mich schwächer und hilfloser als jemals zu vor und dies waren Gefühle, mit denen ich vorher nicht häufig Bekanntschaft gemacht hatte. Vielleicht schien es schwer verständlich, doch plötzlich das einzige zu verlieren, das schon immer an meiner Seite war, war eine größere Strafe, als die fünfzehn Jahre, in denen ich gezwungen wurde diese Kräfte zu akzeptieren.

Einige würden mich einen Feigling nennen, vielleicht sogar zu Recht. Aber keiner von ihnen hätte sich jemals vorstellen können, wie es war, solche Kräfte zu haben und dann plötzlich... überhaupt nichts.

Ich packte die Akten in den Koffer, bevor ich mir eine der vollen Erlenmeyerkolben nahm und die Flüssigkeit darin von einem der Gasbehälter bis zur Tür zog.

"Ez!" Rief ich und wartete, bis der weiße Tiger an meiner Seite war. Ich nickte in die Richtung der Treppen und ohne, dass ich etwas sagen musste, rannte er in die Richtung. Die Spur der Substanz im Glas zog ich bis zum Anfang der Treppen, bis ich diese hochrannte. Den Kolben warf ich nach unten, sodass er zerbrach, bis ich aus meinen Taschen ein Zippo Feuerzeug hervorzog. Die Flamme flackerte nicht weiter von meiner Hand entfernt und für einen Moment stiegen mir die Erinnerungen von der Hitze, die federleicht über meine Haut tanzte, ohne sie zu verbrennen, in den Kopf. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, warf ich das Feuerzeug nach unten und sah dabei zu, wie die Flammen die Substanz entzündeten.

Ich nickte zufrieden – wäre immerhin wirklich peinlich gewesen, hätte ich eine nicht-entzündbare Flüssigkeit gegriffen.

Schnell trat ich mit dem Absatz meiner Boots auf das Symbol, welches in den Boden gefestigt worden war, sodass sich die Treppe schloss, ehe das komplette Labor in die Luft fliegen konnte.

Mein Blick fiel auf Ez, welcher mich beobachtend neben mir saß, wobei hinter ihm sein weiß-schwarzer Schwanz über den Boden tanzte. "Schon mal geflogen?" Hakte ich nach, doch legte er nur seinen Kopf zur Seite. Ich deutete mit meiner Handfläche und einer kreisenden Bewegung auf meinen Mund. "Du hast da etwas Blut."

𝐓𝐡𝐞 𝐃𝐫𝐚𝐢𝐧𝐞𝐝 𝐆𝐢𝐫𝐥 |𝟖| ᵃᵛᵉⁿᵍᵉʳˢWo Geschichten leben. Entdecke jetzt