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Und gleichsam sie verschwand, verschwand auch der Nebel und Emily stand nun mitten auf dem Weg, der hinauf zum Baum führte.
Ihr Atem ging schnell, denn sie war nun doch ein bisschen erschrocken darüber, was hier gerade passiert war. Und wie böse und uneinsichtig dieses Kind doch war.
War es wirklich gerade hier oben vom Teufel selbst erwählt und auf alle anderen toten Seelen am Baum losgelassen worden?

Das war so grausam...

Warum hatten die Engel das nur zugelassen? Mussten sie denn nicht die Menschen-Seelen beschützen, die hier alle anstanden, um geprüft zu werden?
Auch wenn dieses Kind es vielleicht wirklich verdient hatte für seine Taten im Leben bestraft zu werden, war es trotzdem grausam gewesen es hungrig davonrennen zu lassen, damit es nun andere Seelen angriff...

Apropos andere Seelen – wo waren Sie denn alle auf einmal hin? Auch die Mutter mit dem Kind, dass das Dämonen-Kind angegriffen hatte, war nun verschwunden.
Stattdessen kam nun eine ganze Abordnung von weiß gekleideten Gestalten den Weg hinunter geschritten. Allen voran Mikael. Mit besorgter Miene.
„Was hast du da getan? Bist du verletzt?", fragte er sie bereits im Näherkommen sorgenvoll.
Schon stand er vor ihr und hob ihre verbundene Hand zu sich an, riss den Stofffetzen herunter und betrachtete die immer noch blutende Wunde.

Emily aber sah nun weder ihn noch die anderen Gestalten an.
„Ich habe ein Seelen-Kind vor einem Dämonenkind gerettet, dass gerade da oben Lucifer gegeben wurde. Das was passierte war Unrecht... Es hatte solchen Hunger auf Blut und wurde hier doch einfach zur Jagd auf Seelen losgelassen. Ich dachte eigentlich die Engel sind dazu da um die Schwachen zu beschützen. Doch jetzt erst kommt ihr, Mikael, wo alle geflohen sind? ", klagte sie ihn leise an.
Und er hielt wie erstarrt inne und drehte sich dann plötzlich erbost zu dem forderst stehenden Engel um, der nun sanft lächelte.
„Sei nicht zornig, Erzengel Mikael... Der Herr Gebot uns eigens abzuwarten um zu sehen, wie dein Schützling auf das entflohene Dämonenkind reagiert.
Die Prüfung der Geduld und des aufrechten  Geistes wurde dadurch auch gleich zur Prüfung ihres reinen Gewissens. Der Herr ist sehr zufrieden..."
„Schwerlich könnt Ihr mir weismachen, dass der Herr es so wollte, dass Emily ihr reines Blut vergießt, nur um ein Dämonenkind zu nähren, auf dass es ein anderes Seelen-Kind verschont!
Diese junge Seele war abgrundtief bösartig. Das Verfahren den entstandenen Dämon sofort aus dem himmlischen Reich zu entfernen ist die erste Vorschrift, Wächter-Engel Durahiel. Und wieso stehen da so lange Schlangen von gemordeten Seelen ganz allein am Baum der Erkenntnis an...?"
„Wie schon gesagt... wir prüfen ihre Geduld..."
„Ja... um sie dann alle abzuweisen. Selbst jene die Tausend Leben lebten und müde sind, werden nicht aufgenommen. Sie stehen hier an, nun ohne jeden Blick für das Himmlische Reich, denn sie haben bereits resigniert und alle Hoffnungen auf Barmherzigkeit aufgegeben, Sind voller Verbitterung und Verachtung für die Engel und auch den Herrn, weil sie keine Ruhe finden dürfen, sondern nur immer zurück in ein neues Leben geschickt werden, wieder und wieder!
Ist das wirklich eure Aufgabe?
Den Menschenseelen hier jede Hoffnung zu rauben, damit sie irgendwann dann doch frustriert von all diesen Schikanen, die ihr ihnen antut, Lucifers Seite wählen, nur um dieser ewigen Existenz zu entkommen und ein Ende zu finden?", klagte Emily nun auch die verwundert schauenden Engel an und wandte dich dann erst wieder an Mikael.
„Muss ich denn wirklich durch diese Prüfung, gehen, Mikael? Weißt du... ich möchte wirklich lieber kein Engel sein, wenn es dann meine Aufgabe sein muss Seelen zu zermürben und zu zerstören und nur das Schlechte in ihnen zu suchen und zu finden, statt das Gute sehen zu wollen oder die Seelen vielleicht sogar zu beschützen, so wie du mich beschützt hast.
Ich... möchte wirklich nicht so sein wie sie...", deutete sie auf sie nun verdutzt blickenden Engel „... und Dämonenkinder töten, die vielleicht doch noch aus ihren Fehlern lernen könnten, wenn man ihnen nur noch eine Gelegenheit dazu gibt, Gut zu sein... oder zumindest nicht böse.", flüsterte sie noch leise zu ihm auf und Mikael atmete kurz tief durch, bevor er dann aber milde zu lächeln begann und schlicht über ihre Handfläche strich, um die Wunde zu verschließen.

„Gehen wir!", sagte er dann einfach nur freundlich zu ihr und ein Wirbel öffnete sich direkt vor ihnen, in den er sie mit sich hinein zog... und die anderen Engel einfach stehen ließ, die reichlich fassungslos wirkten, als Emily noch einmal kurz stirnrunzelnd zu ihnen zurück blickte.

Vielleicht hatte sie sie gerade alle beleidigt... eine Himmlische Engelsscharr... doch sie stand zu ihren Worten. Es war ihr auch letztlich wirklich egal, was nun aus ihr werden würde.
Sie musste doch nun wirklich kein Engel sein, nur um gut zu bleiben, oder?

Schon traten sie an einer anderen Stelle der Stadt aus dem blauen Wirbel heraus und Michael drehte sich dort gleich wieder zu ihr um und ergriff sie an den Armen.
„Bist du wirklich in Ordnung? Hat das Dämonen-Kind dich nicht verletzt? Oder wurdest du gar gebissen?", fragte er sie ganz weich und besorgt blicken.
„Nein, es geht mir gut. Ich habe dem Kind auch nur ein klein bisschen Blut gespendet, weil es solchen Hunger hatte und niemanden angreifen sollte, nur um etwas zu essen zu haben.
Luzifer will, dass es Jagd auf andere macht. Aber das will ich nicht. Ich habe dem Kind also gesagt, das es nicht böse sein muss, und dass es zu mir kommen kann, wenn es zu hungrig wird. Es soll nur nirgendwo einer Seele schaden, und auch nicht töten müssen, um irgendwie zu überleben. Und damit war das Dämonen-Kind auch einverstanden.
- Eine Win-Win-Situation, finde ich.", erklärte sie ihm ehrlich.
Er strich ihr nur bewundernd über das Haar und lächelte leicht.

Da öffnete sich plötzlich noch ein weiterer blauer Wirbel und ein anderer Engel kam heraus geschritten. So erhaben und würdevoll aussehend... Und doch noch so jung. Er war sicher nicht älter als Mikael... na ja... Zumindest nicht rein vom Aussehen her. Aber auch der Erzengel selbst sah ja noch nicht alt aus.

Oh...
Wenn Emily es sich auch nur vorzustellen versuchte, wie viele Lebens-Alter die Engel bereits hinter sich haben mochten, wurde ihr fast schon schwindlig. Und so gutaussehend waren  sie... vor allem Mikael.
„Emily?", fragte er sie nun leise und sie blickte wieder zu ihm auf. „Hm?"
„Dies hier ist mein Erzengel-Bruder Metatron, der Wächter über die Engelsanwärter und guten Seelen im Himmlischen Reich.
Selbst wenn du nach den Erlebnissen heute darin entmutigt wurdest deine Bestimmung zu suchen, so hat sie dich doch bereits gefunden. Und ich konnte es soeben auch ganz deutlich erkennen. Es bedarf keiner weiteren Prüfung mehr, um deine reine Seele zu erkennen. Der Herr selbst hält seine Hand schützend über dich.
Wer also Sind wir seine Entscheidungen noch länger in Zweifel zu ziehen?
Du gehörst ganz eindeutig hierher, absolut unabhängig davon wie viele Leben du schon gelebt, wie viele Tode du durchlitten und wie viele Erfahrungen du bisher gesammelt hast.
Also überlasse ich dich nun meinem Bruder, auf dass er dich auf deinen ersten Schritten als Engel- Anwärterin geleiten möge... Hier, in der Hohen Schule der Engel.", wies er nach rechts auf ein enorm hohes Kristall-Pflanzengleiches Gebäude, das bis in den Himmel hinauf zu reichen schien.
Und auch jener Engelbruder lächelte nun leicht und nickte Mikael belustigt zu.
„In der Tat. Wir heißen deinen Schützling in unseren Reihen willkommen, auf dass sie nun alles Wissen und jede Weisheit erlangen kann, welche sie benötigt, um dem Herrn eines Tages als sein Engel zu dienen."
Emily sah nur sprachlos von Metadron zu Mikael und wieder zurück.
„He... Ich sagte doch schon, dass es mir nicht mehr wichtig ist ein Engel zu werden. Warum also bringst du mich nun her?", fragte sie ihn verwirrt.
Und verwirrt sah nun auch Metadron aus, derweil Mikael in schallendes Gelächter ausbrach.

Dark Wings #15chaptersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt