Der Erzengel Metadron war es schließlich, der sie wieder aus ihrer benommenen Fassungslosigkeit herausholte und sich leise räuspernd erneut zu ihr gesellte.
„Ich habe selten erlebt, dass mein Bruder sich derart von etwas oder jemandem faszinieren ließ. Schon seit Äonen wurde er nur immer härter und emotionsloser.
Doch der Herr sorgt gut für uns, auch wenn du gerade sicher noch darunter leiden musst, so unvermittelt aus deinem einen kurzen Leben herausgerissen worden zu sein, Engels-Anwärterin Emily.
Nur lass dir Mikaels Protektion im Hinblick auf unsere Schule der Engel bitte nicht zu Kopf steigen.
Du wirst hier nun genauso behandelt sein wie alle anderen auch. Doch wenn ich erlebe, dass du damit angibst, die Beschützte eines Erzengels zu sein, werde ich Mikael wohl bitten müssen dich angemessen zu bestrafen, denn das wäre anmaßend und eine Vorteilsname gegenüber allen anderen Anwärtern. Ich hoffe also das ist dir bewusst.", warnte er sie freundlich.
Emily runzelte kurz die Stirn.
„Ich darf also keinem erzählen was heute mit mir geschehen ist?", fragte sie ihn verwirrt. Er nickte lediglich erhaben.
Emily konnte es gar nicht glauben „Ihr seid doch aber ein Erzengel dachte ich. Solltet ihr mich da wirklich anweisen andere Leute zu belügen?
Was, wenn mich jemand fragt, wie ich nach nur einem Leben im Himmel gelandet bin...? Soll ich dann ernsthaft lügen und vielleicht sogar auch noch eine Geschichte erfinden?", fragte sie ihn ungläubig und sein Blick wurde ausdruckslos.
„Ich habe dir gesagt was zu tun ist. Was du daraus machst ist deine Sache."
Sie konnte es kaum fassen.„Okay... aber ich werde nicht lügen! Lügen ist eine der sieben Sünden. Das werde ich also ganz gewiss nicht tun. Egal ob es mir nun ein Erzengel befiehlt oder nicht. Egal auch ob ich dafür dann bestraft werde, die Wahrheit gesagt zu haben oder nicht.
Fragt mich jemand werde ich sagen was mir geschah... nur ich werde Mikaels Namen nicht erwähnen oder seinen hohen Status.", erklärte Emily so langsam doch mal etwas fertig und müde fühlend.Die Augen des Engels leuchteten auf wie zwei Sterne, derweil er nun wieder lächelte.
„Also doch nicht ganz so gutmütig. Gut so für dich. Lass dich in dieser Schule niemals ausnutzen oder zu Dingen anhalten, die gegen deine Überzeugungen und Prinzipien verstoßen, junge Anwärterin. Alles was du hier sagst tust und bist wird permanent geprüft, um die besten und reinsten Seelen für den Dienst am Herrn zu finden und jene, die eher dämonisch sind, auszuforschen und auszuschließen.", erklärte er ihr seelenruhig und Emily knirschte mal wieder mit den Zähnen.
„Ja, toll ... warnt eure neuen Schüler ruhig einfach mal vor sich auch immer bestens zu benehmen und die faule und schlechte Seite ihrer Selbst bis zum Schluss zu verbergen. Dann zeigen sie euch auch wirklich niemals ihre echte Seele und werden dann am Ende ganz ekelige, gleichgültige Engel, die am Engelbaum verächtlich urteilend die Seelen ewig warten lassen, bis die dann letztlich resignieren oder sogar Dämonenkinder frei lassen und unter den wartenden Seelen auf die Jagd schicken, nur um etwas zu testen.
Falls ich tatsächlich irgendwann zum Engel berufen werden sollte, werde ich gut sein und Gutes tun. Ich werde für niemanden lügen und betrügen, stehlen oder töten. Merken sie sich das. Und ich werde auch den Erzengeln nicht nach dem Mund reden oder extra vorsichtig sein oder anders als ich es bin.
Denn ich kann nur die sein die ich bin. Und wenn das nicht ausreicht, um in euren Augen ein Engel zu sein, dann ist das eben so. Denn ich muss tatsächlich gar kein Engel sein. Es reicht mir schon ein guter Mensch gewesen zu sein... oder, weil ich ja nun hier bin und nicht mehr auf der Erde... eine gute Menschenseele.
Mehr war ich nie und wollte es auch niemals sein. Ambitionen, ein Engel zu werden, habe ich nicht. Es ist für mich tatsächlich auch gar nicht erstrebenswert ... wenn ich mal ganz ehrlich bin...", brummelte sie noch und Metadron lächelte wieder leicht in sich hinein.„Der Herr weiß immer was er tut. Wenn du also schon den hiesigen Engeln nicht vertrauen möchtest, vertraue wenigstens auf ihn."
Emily blickte nur kurz wieder zum Nachthimmel hinauf und fühlte sich erneut schuldig.
„Bin ich gerade undankbar, weil ich meine Meinung sage?
- Hach, vermutlich schon. Aber ich habe Mikael ja noch gewarnt, dass ich nie etwas getan habe um mir den Himmel zu verdienen. Ich bin wirklich nur ein normaler Mensch... ich meine... eine Menschenseele ... - was auch immer.", verhaspelte sie sich wieder seufzend und schüttelte den Kopf.
Und der Engel wies lediglich schmunzelnd auf eine breite Pforte, die sich gerade auf seine Handweisung hin öffnete.
Wow... zu einer gigantischen Allee-Auffahrt?!
Aber es war doch nur ein feststehendes Gebäude...?!
Wie...?!
„Ich merke dass dir die Beschaffenheit des ersten Himmlischen Reiches nun doch wieder einiges Staunen wie auch Bewunderung abringt. Die Dinge sind hier nie so, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Das solltest du dir gut merken. Und da die Gnade des Herrn unermesslich und grenzenlos ist, ist es auch sein Reich - unermesslich und grenzenlos.", lächelte er ihr zu und Emily tat noch einen tiefen Atemzug, bevor sie eintrat... und kurz ein leichtes Flimmern um sich herum verspürte.
Oder war es ein Windhauch... doch die Allee verrückte sich nun um etliches. Der Boden bewegte sich nicht, dafür alles andere. Es raste plötzlich irre schnell an ihr vorbei, bis sie vor einem weiteren schwarzen, schmiedeeisernen Tor zu stehen kann. Nun außer Atem schwankend, und restlos fassungslos.
„Hu? - Was war das?", drehte sie sich zu Metadron um, der aber gleichfalls erstaunt lächelte, kurz zum Himmel empor blickte und dann einem Engelswächterpaar, dass sie beide anlächelte kurz zunickte.„Du hast bereits die erste Stufe gemeistert, Anwärterin. Deine Eignung steht also außer Frage. Nun geht es zur Zweiten Stufe. - Fahrt fort und nehmt das kleine Engelchen in die großen Hallen auf!", wies er die Engel an, die ihr auch Sogleich lächelnd den Weg freigaben und das Tor für sie öffneten. Auf der anderen Seite stand ein gewaltiger Engel mit einem Kragen aus purem Gold der ein paar Schriftrollen in der Hand hielt wow...
Hinter ihm trat ein weiterer nicht ganz so großer Engel mit einem Kragen aus Silber und noch mehr Schriftrollen hervor und trat an seine Linke Seite, und zugleich auch noch ein einfacher sichtlich schwankender Mann, ganz ohne Flügel und ohne Kragen in einer grauen Robe und schwer beladen mit extrem vielen Büchern, die ihm gerade zu entgleiten drohten.
„Wähle nun...", begann Metatron zu sprechen, doch Emily rannte schon rasch auf den alten Mann zu, um ihm zumindest ein paar Bücher abzunehmen und so seine Last zu verringern.
„Oh... oh-oh! Verzeihung... Darf ich ihnen helfen, Sir!?", fragte sie ihn, noch während sie den oberen Stapel Bücher auffing, die ihm gerade schon herunterfielen und zugleich mit ihrem Rücken und Kopf den restlichen Stapel stützte.
Der alte Mann lachte sie daraufhin verschmitzt an und nickte Metadron zu, der lediglich mit gehobenen Brauen dastand zu. „Ohne Tadel!", meinte er schlicht, derweil Emily verschämt sein lächeln erwidertete und tief errötete.
„Wie...? Was...???", fragte sie ihn verwirrt.
Der Alte nickte lediglich den beiden nun ebenfalls breit lächelnden und Erhabenen, gewaltigen Engeln zu, die sich auch sofort vor ihm verneigten und verschwanden. Ebenso auch die vielen Bücher, die er gerade noch balanciert hatte, und auch jene, die sie gerade in ihren Armen festhielt.
- Puff... Auf einmal waren sie weg!„Hilfsbereit und bescheiden, dazu freundlich und höflich - auch zu Nicht-Engeln. Ich sehe da keinen Makel in deiner reinen Seele, Engelchen, der noch irgend diszipliniert gehörte. Wir sehen uns dann sicher später noch. - Gehe nun weiter!", wies er augenzwinkernd auf ein nicht weit entferntes schneeweißes Tor, wovor wieder ein Paar Engelswächter standen.
Verwirrt blickte Emily zu dem gewaltigen Erzengel Metadron auf, der aber wieder nur lächelte und ihr den Weg wies. So seltsam war das hier...
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Dark Wings #15chapters
ParanormalDie achtzehnjährige Emily gerät auf ihrer allerersten Autofahrt zu Freunden in einen Kampf zwischen Engeln und Dämonen und kommt dabei ganz aus Versehen durch das Schwert des Erzengels Mikael ums Leben. Doch weil sie ihrem zutiefst betroffenen Mör...