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„Wer war das? Wer ist hier eingedrungen, Bruder? - Hat Lucifer damit zu tun? Will er sich dafür rächen, dass Emily die kleine Seele des Dämonen-Kindes genährt hat, um sie zurück auf einen besseren Weg zu führen?", ereiferte er sich, jedoch noch immer seinen Zorn im Zaume haltend.
Metadron aber runzelte nur wieder besorgt die Stirn.
„Die Pforten verhindern, dass Dämonen oder Luzifer selbst hier eindringen können, das weißt du doch. Und ich bin mir auch gar nicht sicher, was passiert ist, Bruder. Doch wollte ich es dir zeigen, bevor wir uns nun gemeinsam auf die Suche machen. Ich werde auch die anderen Brüder dazu rufen, dass sie uns helfen und in allen sieben Himmen nach Emily forschen. Denn sie kennt sich ja hier noch gar nicht aus.
Und wenn dann später ihre Initiation geschieht, könnte sie vielleicht darüber in Angst und Schrecken verfallen.
Es wäre wirklich besser, wenn wir sie schnell finden und du dann bei ihr bist, um ihr durch die erste schwierige Zeit zu helfen, Mikael.", befand er besorgt.
Mikael aber schnaubte nur kurz und versuchte sich nun auf seine Verbindung zu Emily zu konzentrieren.
Seine Feder würde ihm den Weg zu ihr weisen...

Doch auch das war für ihn nun äußerst merkwürdig.
Wenn man sie doch gewaltsam geraubt hatte, warum hatte sie dann nicht sogleich seine Feder ergriffen oder zumindest kurz berührt?
Warum rief sie ihn nicht zu Hilfe?
Oder wähnte Sie sich gerade vielleicht gar nicht in Gefahr?
Oh... viel schlimmer noch wäre es, hatten ihre Angreifer ihr die Feder wieder abgenommen...

Die himmlischen Familien wussten um den Ruf-Zauber der Federn und konnten gerade auch gut interveniert haben.
Metadron nahm schon seit Emilys Eintritt in die Schule ihre Protest-Billetts entgegen, und noch mehr, seit sie vollkommen leicht und ungehindert das erste Tor passiert hatte.
Denn keiner so kleinen Seele war es bisher gestattet gewesen, die Schule der Engel auch nur zu betreten, und wenn doch, dann nur als viele Äonen lang dienende Seele...

„Spürst du deine Gefährtin noch irgendwo hier in der Schule?", fragte Metadron ihn schließlich besorgt, nachdem Mikael die Verbindungs-Suche frustriert abgebrochen hatte.
Er schüttelte angespannt den Kopf.
„Wo immer sie auch gerade ist, ...sie befindet sich nicht mehr auf dieser Ebene, in der Schule oder sogar in diesem Himmel. Sonst würde ich die Wärme ihrer Nähe nun spüren und sie auch mit unserer Verbindung lokalisieren können.
Nun denn... ich reise besser rasch durch alle sieben Himmel und benachrichtige euch, wenn ich eine Spur von ihr erhasche, dann können wir ausschwärmen und sie gezielt ausforschen.", nickte er seinem Bruder nochmals zu und Metadron nickte ebenso, breitete die Arme aus und aktivierte den RUF DER ENGEL, der nun sofort alle Erzengel in die Schule einbestellen würde, derweil Mikael bereits durch das Spiegeltor in den zweiten Himmel wechselte.

*

Sie hatten mit viel gelachten Unterhaltungen und freundschaftlichen Ratschlägen, wie auch Fragen zu den Prüfungen am den Himmelstoren der Schule der Engel, den Riesenhaufen an Geschirr bewältigt.
Und Emily war es nun doch ganz zufrieden.

Magda, die Köchin und Oberaufseherin der Küche, hatte die jüngeren und kräftigen Mädchen schließlich lächelnd und lobend für ihre harte, gründliche und schnelle Arbeit schließlich wirklich noch hinaus geschickt, um Holz zu holen.
Einer der Burschen, die mit gingen, hatte ihr so sogar noch eine alte Jacke geliehen, damit ihr feines Gewand vom Holz und Dreck im Wald nicht beschmutzt werden würde.
Er hatte ihr zugezwinkert und gemeint, bei ihrer Schönheit wäre es doch schade, um jeden groben Fleck auf ihrem Kleid.
Tja...

Mit flirtenden Jungs kannte sie sich tatsächlich rein gar nicht aus.
Aber Elena, eines der Mädchen, das mitging, hatte ihr erzählt, dass der junge Pascal in seinen ersten 200 Leben niemals auch nur das 12. Lebensjahr erreicht hatte.
Er war immer schon vorher gestorben. Zumeist sogar direkt als Baby.
Er sei eine verfluchte Seele, hatte man ihm dann nach seinen Beschwerden bei den Engeln am Baum der Erkenntnis vorgeworfen und ihm geraten, um seinen Seelenkern zu reinigen, zunächst einmal eine lange Dienstzeit in den Himmeln zu absolvieren.

Emily aber fand das wirklich schrecklich. 200 Leben lang war dieser Junge gestorben, noch bevor er erwachsen werden konnte.
Das war aber dann doch ganz sicher nicht seine Schuld.
Also, wieso hatten die Engel ihm gesagt, sein Seelenkern sei verflucht?
Er war nett und lustig und auch hilfsbereit...
Kyra, ein anderes junges Küchenmädchen, dass sich heftig in Pascal verliebt hatte, flüsterte ihr schließlich zu, als sie Anna danach fragte, dass die Engel wohl selbst seinen Seelenkern vor den Wiedergeburten verdorben und ihm ständig dieses Schicksal aufgebürdet hätten, um so rasch mehr Dienende für die Dienste in den Himmelreichen zu bekommen.
Denn wenn hier zu viele Dienende auf einmal entschlossen waren wieder eine lebende Seele auf den Welten zu werden, und dort weiter Erfahrungen zusammen, dann gab es wohl plötzlich sehr viele junge Seelen, die auf einmal schrecklich in ihren ersten Leben leiden mussten, sehr jung starben und später dann als verflucht galten.
Oh... Emily konnte es kaum fassen, nun auch noch das über die hohen Engel des Herrn zu hören.
Wenn es so war, war das eine unglaubliche Unsitte und gehörte ebenfalls bestraft. Sowie das unglaublich lange warten lassen der Seelen vor dem Baum des Lebens ... eine weitere Gängelung.
Ohhh.

Emily bestürzt dieses Treiben doch sehr. Da ging also am Lebensbaum noch sehr viel mehr schlechtes vor sich, als es ohnehin schon geschah.
Sie beschloss, heute Abend nach der Arbeit einmal Michael zu rufen, damit er ihr vielleicht erklärte, warum das hier im Himmel denn so sein musste.
Warum man Seelen auf diese Weise in eine Art Knechtschaft für die Engel zwang.
Waren das denn wirklich noch echte Engel, die dies so taten? Und sollten nicht auch die Engel in die Küche runterkommen und beim Abwasch, kochen oder Putzen helfen, wenn sie doch wirkliche Engel waren?
Schön und gut, gelehrte Dinge zu studieren, viel zu lesen und zu lernen...
Doch als Mensch lernte man doch ebenfalls, dass man sich selbst versorgen können musste.
Wer ein schlichtes, bescheidenes Leben führte, weitestgehend unabhängig von anderen, der sorgte für sich selbst. Also statt dass man solche nichtigen Torprüfungen abhielte, mit haarsträubenden Aufgaben und Anmaßungen, sollte man die Enge mal lieber zu mehr Selbstständigkeit aufrufen. Das wäre dann für Sie zumindest schon mal ein eigenes Tor wert, dass letztlich dann auch einen Sinn ergeben würde. Doch sie schwieg nun dazu und sagte nichts mehr. Denn ihre Oma hatte ihr schließlich immer gepredigt, dass der Prophet im eigenen Land nichts galt und im Ausland sogar noch weniger. Sie dürfte sich hier nicht darüber beklagen, wie hiesige Sitten und Bräuche waren. Sie waren nun mal so.
Und Mikael hatte es ihr schließlich ja auch selbst noch erklärt:
Der Himmel hatte wie überall auf allen Welten, seine Tücken. Er hat ihr ja noch geraten, sich da besser sehr zurückzuhalten und erst einmal alle Dinge auf sich zukommen zu lassen, den Himmel zunächst kennen zu lernen, bevor sie urteilte. Also tat sie das nun auch so.

Im dichten Wald angekommen nahmen die jungen Burschen ihre Handäxte, drangen ins dichte Holz ein, und schlugen von den am Boden liegenden, bereits toten Bäumen, große Äste und auch Dürre Zweige ab, welche sie dann auch sofort zu handlichem Brennholz spalteten.
Die Mädchen hatten dann die Aufgabe, diese Stücke einzusammeln und zu kleinen Paketen zu verschnüren, die man dann später auf den Mitgebrachten Rückenladen zurück in die Himmelsküche tragen würde. Denn das hier war das Feuerholz für morgen, damit man die Öfen anheizen und betreiben konnte.
Eine wahrlich, himmlische Aufgabe.
Denn hier draußen war es ruhig und wunderschön.
Ja...
Das reinste Paradies.
Und vielleicht war es das ja auch.
Der Garten Eden...
Genauso wie schon oben auf dem Hügel, über der Engelsstadt, bei Sonnenuntergang, gab es auch hier hoch wachsende Gräser, seltsam, fedrige Bäume und Büsche, unzählige, unbekannte und wunderschöne Blumen, die einen lieblichen Duft verströmten.
Das Sonnenlicht tanzte mit seinen zarten Strahlen durch die Blätter hindurch, wärmte sie alle und kleine leuchtende Samenkapseln schwebt an winzigen schneeweißen oder funkelnden Feder-Schirmchen über die verwunschen aussehenden Lichtungen.

Dies hier also war das wahre himmlische Reich. Wirklich bezaubernd.

Emily hielt schließlich in ihrer Arbeit inne, nachdem sie ein dickes Reisigbündel eng zusammen geschnürt hatte, stand auf und betrachtete andächtig die langsam dunkler werdende Umgebung. Denn die Sonne war anscheinend gerade untergegangen. Hier, mitten im paradisischen Wald, ganz ohne dieses himmlische Summen und klingen.
Doch tatsächlich kam es ihr so noch einmal unvergleichlich viel schöner vor, denn die funkelnden, schwebenden Samen begannen nun immer heller werdend zu leuchten, ebenso wie auch einige der Feder-Pflanzen an den Wegesrändern.
Es kam ihr fast so vor, als würden da nun Tausende von Glühwürmchen auf einmal gemeinsam ihren Flug aufnehmen und erglühen. Doch das hier waren wirklich nur himmlische Pflanzensamen und keine Käfer, ... und wenn doch, so mischten diese sich nun einfach unter die dahinschwebenden Samen.
Es wurde sogleich noch einmal sehr viel heller in ihrer Umgebung.
Was dann aber auch die anderen dienenden Seelen bemerkten, die nun ebenfalls erstaunt lächelnd innehielten, um dem nun sanft erglühenden Wald zu zuschauen.

Dark Wings #15chaptersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt