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„Sie ist wirklich einzigartig, Mikael.
Der Herr hat Dich geführt sie zu finden und zu uns zu geleiten." Metadron nickte dem lächelnden Erzengel-Bruder anerkennend zu und wandte sich dann erst wieder vollkommen ernsthaft  an sie.
„Du bist in unserer Schule der Engel herzlich willkommen, gesegnetes Kind des Herrn.
Mikael würde dich nun zweifellos gerne mitnehmen wollen, um dich selbst zu unterweisen, doch der Herr gab ihm besonders in der nächsten Äone viele Aufträge und du bist noch sehr unwissend über die sieben Welten.
Hier in unserer Schule kannst du sowohl die Tore der göttlichen Wahrheit durchschreiten, als auch persönlich Kontakt zu anderen Anwärtern schließen, wo es dir noch an etwas mangelt. Du kannst in den verschiedenen Ebenen die Wesen kennen lernen und erforschen, die im himmlischen Reich leben.
Und ich weiß jetzt schon dass die Diskussionen mit dir sehr anregend sein werden.
- Mikael?", wandte er sich schließlich wieder an ihren Engel. „Gib deiner Schutzbefohlenen eine deiner Federn. Damit sie dich im Notfall zu sich rufen kann, und bringe sie dann in die große Halle, wo sich alle gerade versammelt haben, um zu speisen und dann zu ruhen. Ich werde zusehen, ob ich sie in einem der älteren Jahrgänge unterbringen kann. Denn ihre Reife ist tatsächlich schon weit fortgeschritten."
Mikael nickte nur und knickte einen seiner großen Weißen Flügel ein, um daran langen zu können.
Er nahm sich eine der kleineren Federn aus der Mitte und zupft sie sich selbst aus um sie ihr sogleich zu reichen.
„Behalte sie bei dir, Emily, immer! Egal was passiert. So kann ich dich stets finden. Und wenn du mich brauchst oder von Dämonen angegriffen wirst, so reibe sie schlicht zwischen deinen Fingern. Dann werde ich kommen so schnell ich nur kann."
Emily seufzte leise auf und runzelte die Stirn.
„Das Leben ist immer noch voller Herausforderungen, nicht wahr? Dann muss das jetzt tatsächlich meine erste sein.
Ich gestehe, ich bin ein bisschen schüchtern, Mikael. Ich weiß nicht wie ich auf die anderen Engel zugehen soll, oder wie ich sie begrüßen kann. Vielleicht mache ich mich ja total lächerlich...", sorgte sie sich und runzelte errötend die Stirn.
„Und vielleicht machst du dir auch einfach nur zu viele Gedanken, Emily.
Es sind Engelanwärter, so wie du. Und sie werden es erkennen, was du bist, zudem ist Metatron ja da und passt auf dich auf. Er ist der Wächter und oberste Lehrer der werdenden Engel.
Du brauchst dich nicht vor ihm zu fürchten. Denn Furcht gebiert nur negative Gefühle. Und negativ sind die Dämonen.
Ich würde es mir viel eher wünschen, dass du dich auf dein weiteres Leben im himmlischen Reich freust und annimmst, was man dir hier Gutes tut.", sprach er sanft zu ihr.

Da sie dann aber immer noch keine Anstalten machte, die Feder von selbst zu nehmen, ergriff Mikael nun ihre Hand und legt die Feder hinein, und schloss dann auch noch ihre Finger locker darum herum.
„Pass gut darauf auf, denn sie ist ein Teil von mir. Zeige sie niemandem, es sei denn du bist in Gefahr.", sagte er noch stirnrunzelnd zu ihr und Emily pustete laut die Luft aus.

„Soll heißen... ich habe hierbei keine Wahl und muss in diesem Schule gehen?", fragte sie ihn verzagt.
Sein Stirnrunzeln verstärkte sich noch.
„Wovor fürchtest du dich, hier im himmlischen Reich, Emily?
Die senkte betreten den Blick.
„Du hast Recht... ich bin doch schon gestorben und im Himmel und natürlich kannst du als Erzengel nicht dauernd bei mir rumhängen. Ich bin dir dankbar, dass du meine kleine Seele gerettet hast... vor den Dämonen und auch hier... Ich sollte wirklich mehr Dankbarkeit zeigen. Du hast mich immerhin an einen Ort gebracht an dem ich bleiben kann und wo es vermutlich viel mehr gute Seelen gibt als böse... verzeih. Ich war arrogant einfach so zu glauben, dass du..."
Er umfasste blitzschnell ihr Gesicht und sah sie eingehend an. „Sag mal ... verabschiedest du dich gerade von mir, mit dieser Ansprache, kleiner Engel?", fragte er sie irritiert.

Emily sah ihn nur unsicher an.

„Du... bist ein gewaltiger Erzengel, Mikael, oder?
Verzeih dass ich das jetzt erst erkannte. Doch... bist du nicht sogar der erste unter denen die Gott dienen?
Und ihr habt gerade ja noch gesagt das ich nun tausende Jahre studieren muss, um vielleicht auch ein Engel zu werden. Natürlich verstehe ich dass du derweil wichtige Aufgaben hast, Mikael. Es tut mir leid, wenn ich gerade zu sehr an dir geklammert habe. Das kann dir nicht recht sein. Aber ich dachte... ach ich weiß auch nicht... Aber ich habe dich vermutlich schon viel zu lange aufgehalten...
Das kann dem Herrn sicher nicht gefallen. Du hast viele Pflichten. Diese grausigen Dämonen zu bekämpfen, um die lebenden Menschen zu beschützen...", sie rang sich ein Lächeln ab und hielt ihm dann die Hand hin.
„Nun denn... Ich meine es ernst ... Dankeschön, dass du mich gerettet hast. Ich ... würde mich freuen wenn du vielleicht ab und zu mal hier vorbeischaust, ... wenn du willst ..."
„Sie verabschiedet sich tatsächlich...", staunte nun auch Metadron nicht schlecht.
Emily seufzte leise auf und hob verwirrt die Schultern.
„Da ich ja nun hier bleiben muss, gehe ich davon aus, dass dies hier nun mein neues zu Hause sein wird, bis der Herr entschieden hat was nun aus mir wird. Also was soll ich sonst tun? Ihr seid wichtige Engel, ich nicht.
Ich meine... Mikael ist sogar superwichtig. Für die vielen Seelen und Welten. Damit sie nicht zugrunde gehen müssen.", flüsterte sie leise und nun auch ein bisschen niedergeschlagen. Denn in ihr sträubte sich gerade alles bei dem Gedanken das Mikael nun für lange Zeit gehen würde. Und sie dann wohl für tausend Jahre lang hierbleiben und lernen musste.
Sicher... Sie hatte nichts gegen das lernen. Und sie mochte auch Bücher sehr gerne. Doch tausend Jahre lang lesen, ohne auch nur eine Seele hier zu kennen?
Oh... ihr Herz schlug schmerzlich gegen ihre Brust.

Sie vermisste Oma und machte sich auch ziemliche Sorgen um sie.
Das alles hätte heute doch ganz anders laufen sollen. Eine kleine Feier mit Kuchen zu Ihrem Geburtstag... und dann hatte sie noch versprochen ihr nächste Woche im Garten zu helfen... wer würde nun das Laub für sie Rechen und die Erbeeren für den Winter vorbereiten, die Rosen stutzen, den Weg zum Holzschuppen kehren, damit sie nicht ausrutschen und stürzen würde?
Sie blickte hinauf zum Sternenhimmel und faltete die Hände vor der Brust.
„Ich hoffe nur das Oma nicht allzu traurig ist, weil ich nicht mehr wiederkomme. Sie hatte mir gerade erst mein Auto gekauft und ich habe ihr versprochen immer ganz vorsichtig damit zu fahren und auch ihren Garten noch für sie Winterfest zu machen.
Jetzt hab ich mein Versprechen leider schon gebrochen.", flüsterte sie leise und sah dann wieder unsicher zu Mikael auf.
„Vielleicht siehst du mal nach ihr, wenn du zufällig in der Gegend bist? Sie ist schließlich schon alt und auch nicht mehr sehr gesund..."
Er senkte betroffen blickend den Kopf.
Okay...
„Kommt sie also auch bald hierher?", fragte sie ihn sofort begreifend.
„Nicht hierher, Emily. Sondern direkt ins Jenseits. Ihre Seele darf nach nun 899 Leben endlich Ruhe und Frieden finden."
„Darf... ich sie denn dann bitte noch einmal sehen? Mich von ihr verabschieden und bedanken, dass sie in diesem letzten Leben meine Oma war?", fragte sie Mikael verzagt.

Er sah Metadron kurz an, der leicht den Kopf schüttelte.
Emily atmete tief aus und schloß die Augen.
„'kay", flüsterte sie leise. „Dann sehe ich sie eben irgendwann im Jenseits wieder."
„Auch das wirst du nicht können, denn Engel sind ewig. Und wenn sie eines Tages doch noch vergehen bleibt nichts von ihnen zurück. Noch nicht einmal Staub oder Asche.", erklärte er ihr sanft und nun kamen ihr doch die Tränen.
Doch sie zwang sich dazu zu lächeln. Denn immerhin würde Mikael ihr diese Farce am Lebensbaum ersparen. Oma dürfte Ruhe und Frieden finden, nach so vielen Leben, von dem sie nur ein winziger Teil gewesen war. Nur achtzehn Jahre von Tausenden von Jahren.
Das war nichts... und würde Oma vielleicht auch nur ganz wenig bedeuten.
Also schloß sie schließlich schniefend die Augen und nickte langsam.
„Dann, wenn du sie abholst, sag ihr bitte es hat mir die Welt bedeutet ihre Enkelin gewesen sein zu dürfen. Sag ihr bitte, dass ich ihr dafür danke, dass sie nie ungeduldig mit mir war. Und sag ihr ... dass ich sie für immer in meinem Herzen behalten werde. ... Ja?", fragte sie Mikael noch verzagt, der sie nur seltsam anstarrte.

„Okay... es ist nur eine Bitte gewesen, wenn du es nicht darfst oder kannst, ist es auch gut. Bis ... bald dann mal. Ich will und darf dich nun wohl nicht mehr länger aufhalten.",  flüsterte sie noch, bevor sie sich schließlich wieder Metadron zuwandte und ihn schicksalsergeben und doch auch etwas unglücklich fühlend anlächelte.

„Entschuldigung wenn ich frech war, mich dem hier zu verweigern. Ich hoffe ihr verzeiht mir meine Vermessenheit. Wir ... können jetzt gehen, wenn ihr noch immer bereit seid mich in der Schule der Engel aufzunehmen, großer Engel.", sagte sie leise und resignierend zu ihm aufblickend.

Dark Wings #15chaptersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt