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Mikael konnte es einfach nicht fassen.
Der Herr hatte entschieden, dass aus seiner eigenen Erz-Engels-Rippe gleichsam ein neuer Erzengel-Anwärter geformt werden sollte, oder irrte er dich gerade?
Schließlich war die ja auch nur ein junges Mädchen, noch völlig arglos und ohne jede Lebenserfahrung.
Nun... Das war aber doch zuletzt bei Adam so geschehen, oder? Und der hatte sich dann unsterblich in seine von ihm selbst erschaffene Ewa verliebt, weil sie ja auch schon von vornherein ein Teil von ihm gewesen war...
Wollte der Herr ihn nun also auch noch auf diese Weise prüfen? Vertraute er ihm denn nun nicht mehr? Er war doch schon Äonen lang einer seiner treuesten Engel...?!

Da verschwand die Rippe, sich im nun gleißend hellen Sonnenlicht auflösend im Körper des Mädchens und Gabriel und Uriel traten zufrieden lächelnd von ihr zurück.
„Der Herr ... zweifelt nun an mir, Metatron? - Ist es das?", fragte er seinen Bruder verunsichert. „Aber er weiß es doch! Meine ganze Treue und Liebe gehören nur alleine ihm, auch wenn ich seine Güte nun nicht mehr verdiene...", sagte er heiser und Metatron lachte kurz laut auf.

„Nun denn... wenn du es in der kommenden Ewigkeit immer noch als Güte betrachtest, dich ab sofort um ein junges Mädchen zu kümmern, dass noch nie in den Himmlischen Reichen war und erst ein einziges, Kurzes Leben gelebt hat..." Er grunzte belustigt auf, wärend Azrael natürlich aus vollem Halse loslachte.
„Du wirst sie fortan also ständig vor den Kiebigen Halbengeln und fiesen Dämonen beschützen müssen, Bruder... aber bitteschön ... wenn du das in der Tat als Güte bezeichnest..."
„Az...! Ärgere ihn nicht! Das wird wahrlich keine leichte Aufgabe für ihn. Vor allem den Dämonen wird sie vermutlich unablässig in die Arme laufen, bis sie entweder ihre Flügel erhält oder aber versagend doch noch weiter ins Paradies oder in die zwölf Totenreiche zu ihren Ahnen geschickt wird.
Letzteres ist eher wahrscheinlich. Denn du weißt selbst wie eifersüchtig und neidisch die Himmlisch geborenen gemeinhin auf die Nicht- Himmlischen sind, die vom Herrn persönlich in sein Reich berufen wurden.", meinte Gabriel nun äußerst ernsthaft und sachlich mahnend und Mikael beruhigte sich allmählich wieder.

„So... ist dieses Leben das meine Rippe ihr nun gibt und meine Hand, die ich nun schützend über sie halten werde ... also meine Buße für mein Versagen?
Und für sie bedeutet es nun gleichsam eine Chance, aufgrund ihrer Güte an mir und ihrer Vergebung vor dem Herrn, ein hoher Engel in unseren erhabenen Reihen zu werden?", fragte er seine Brüder und alle nickten ihm nun lächelnd zu.
„Wenn du es nun doch lieber als Buße betrachten willst...", meinte Metatron gutmütig grinsend und zwinkerte kurz Azrael zu.
„Und du wirst den Herrn sicher auch nicht weniger Lieben oder ihm gar die Treue versagen, nur weil du diesem Mädchen, dass du aus Versehen getötet hast, nun deine Rippe wie auch zukünftig Begleitung und Schutz im Himmelsreich gewährst!", klopfte Uriel ihm nun ebenfalls leise loslachend auf den Rücken.
Mikael erstarrte schon wieder.
„Begleitung?", fragte er seinen Bruder der nur grinsend nickte.
„Schließlich ist das neue Engelchen bereits ein Teil von dir.
Ach ja... das wir das noch erleben dürfen?! So hält nun endlich auch in dein Haus die holde Weiblichkeit Einzug, Mikael...", frotzelte Jophiel trocken und alle lachten sie nun gleichsam amüsiert los.
Den Mikael war bekannt dafür noch nie in seiner Existenz auch nur eine kurze Liebelei mit einer Himmlischen oder einem anderen Engel gehabt zu haben und selbst die schönsten und liebreizendsten Engelsanwärterinnen blitzten mit schönster Regelmäßigkeit bei ihm ab.

Schon wollte Mikael den jüngeren Erzengel zurechtstutzen und sich dann um die letztliche Befreiung der armen kleinen Seele kümmern.
Da kam plötzlich reinste, himmlische Energie des Herrn vom Himmel herabgefallen und umschloss den immer noch reglos daliegenden Körper des Mädchens.

„Der Odem des Herrn! Sehet nur, Brüder!", rief Raziel aus und sofort knieten sie alle demütig nieder, um Zeugen dieses neuerlichen Wunders des Herrn zu werden.
„Unglaublich! Das der Herr selbst ihr nun das neue Leben eingibt...?! Das hat er doch noch nie bei einem Menschen getan, oder?, fragte Metatron ehrfürchtig und sah Mikael kurz etwas verwirrt an, der aber nur kurz hart schluckte bevor er leise und ernsthaft sprach
„Doch, er tat es... einmal!", verriet er seinen Brüdern leise und sah derweil blicklos zu, wie der göttliche Odem die Seele des Mädchens behutsam aus dem gestorbenen Leib befreite und über ihre reglose Hülle emporhob.
Er sah zu, wie die reine Himmelsenergie eine zarte Röte auf die noch fahl schimmernde Haut des Mädchens und auch noch einen sahnigen, ja, alabaster-weißen Engelsglanz auf ihr Antlitz zauberte, welcher auch sogleich ihre nun bildhübschen Züge belebte.
Und auch das Abbild ihrer menschlichen Kleidung verschwand unter der starken pulsierenden Energie des Himmels, welche sie nun umfloss, wie Wellen von kühlem, glänzenden Wasser, bevor es sich selbst schließlich und unglaublich schnell zu feinster geklöppelter Engelsspitze verwob, welche ihre zarte Haut nun weich umschmiegte.

„Der Herr schafft hier einmal mehr vollendete Schönheit, Brüder!", flüsterte Azrael andächtig und die anderen Engel stimmten ihm leise raunend zu, denn auch das lange schwarze Haar des Mädchens, eben noch ganz blutbesudelt, erstrahlte nun in silbern-bläulich glänzendem Schimmer des Herrn und wurde durchwirkt mit gleichsam silbernen Engelslichtern, welche sich zu winzigen Engelsperlen verwoben, wie sie eigentlich nur die bereits erkorenen weiblichen Engel an sich trugen.

Kaum zu sagen wer nun verdutzter über diese Tatsache war... Mikael oder seine Brüder, denn noch nie hatte auch nur eine Himmlische Person die berufen wurde, sofort das strahlende Licht eines Engel auf sich liegen gehabt, wenn ihr zur vollkommenen Vollendung und Anerkennung doch noch immer die Flügel fehlten.
Doch als das gleißend helle Licht des Herrn schließlich verschwand lag nicht mehr nur die besudelte Leiche am Boden, sondern auch noch die Zierliche Seelen-Gestalt in einem rein-weißen Engelsspitzen-Kleid.
Der Herr hatte das Mädchen also bereits angenommen und gesegnet...
Und nun begann sie auch endlich wieder zu atmen... regte sich gar ein klein wenig.

„Ich glaube...", sprach nun wieder Metadron ehrfürchtig „...es ist nun sicher besser, wenn wir uns zurückziehen, Brüder. Wir sollten Erzengel Mikael nun mit der neuesten Auserwählten des Herrn alleine lassen. Denn es ist nun seine Aufgabe sie zu führen und anzuleiten.", sprach der älteste Erzengel unter ihnen leise und seine Brüder lächelten ihm noch einmal kurz warmherzig zu... bevor sie schlicht verschwanden.

Mikael blieb alleine zurück, mit dem immer noch schlafenden Mädchen ... liegend neben ihrer eigenen Leiche.
Er atmete aus und die Zeit, welche gerade auf Geheiß des Herrn still gestanden hatte verging nun wieder. Von irgendwoher näherte sich nun ein weiteres Fahrzeug.
Doch die Straße hier glich immer noch einem Dämonischen Schlachtfeld...
Nicht gut!

Er hob also seine Hand um seine Engelsmacht zu wirken, nur froh, dass er es immer noch so konnte und ließ die meisten Kadaver der Dämonen verschwinden, bis auf diesen einen, dem er das Aussehen eines gewaltigen Hirsches verlieh, und der in das Auto des Mädchens gerannt war.
Eine seiner großen Geweihspitze tränkte er nun ebenfalls mit dem vergossenen Blut des Mädchens, um eine Erklärung für die Stichwunde in ihrem Leib zu haben und brachte die Leiche wie auch das Blut zusammen, verwischte noch rasch alle anderen Spuren und hob dann die immer noch sanft im Odem des Herrn Schlummernde Seele auf, um sie sachte bei Seite zu tragen.

Ein Auto fuhr heran... stoppte und ein Paar stieg aus. Die Frau schrie entsetzt auf, als sie die Tote entdeckte und rannte sofort hin, in ihrem Bemühen das junge Mädchen vielleicht noch zu retten...
Eine gute Seele, lächelte Mikael sanft darüber, legte seine zarte Last behutsam ab und kniete sich dann hinter ihr im weichen Moss unter einer großen Buche nieder, streichelte sachte über den Kopf des Mädchens, den er behutsam in seinen Schoß bettete, um sie zu stützen und zu halten, bis sie dann hoffentlich bald schon erwachen würde.
Denn sie musste dies alles hier erst noch begreifen, bevor er sie hinüber bringen konnte... in das Himmlische Reich.
Derweil er so dachte und sich niedersetzte, zog der aufgeregte Mann auf der Straße sein Handy hervor und setzte einen Notruf ab.

Ja..., dachte Mikael bei sich, es sah nun alles wie ein höchst tragischer Unfall aus und bald schon kamen noch mehr Wagen dazu, Polizei und auch ein Krankenwagen... Die Leiche wurde von einem Arzt, der ihren Tot feststellte zugedeckt, alle Spuren wurden gesichert und aufgenommen... Fotos wurden gemacht...

Und endlich... endlich begann sich die Gesegnete kleine Seele des Mädchens, dessen Kopf nun leicht in seinen Armen ruhte, zu regen.

Dark Wings #15chaptersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt