XXXI

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"Veni,vidi,vici" - G.J. Caesar

Chatsworth House, 1945

„Juliet, ich möchte ehrlich zu dir sein, aber irgendetwas an dieser ganzen Sache gefällt mir nicht", es war ein lauer Sommerabend und Sarah und ich hatten beschlossen gemeinsam einen Spaziergang durch die Parkanlagen von Chatsworth House zu machen, die zu dieser Jahreszeit besonders schön waren. Überall verführten Blumen mit strahlenden Blüten und intensivem Geruch Insekten und die Hauselfen hatten sich wirklich alle Mühe gegeben, um auch dieses Jahr wieder eine sommerliche Thematik zu verkörpern. Seit etwa zwei Wochen war ich wieder Zuhause, da das Schuljahr beendet war, obwohl ich diesmal nicht ganz so entspannt in meine Sommerferien gehen konnte, da ich wusste, was im letzten Schuljahr auf mich wartete und beim bloßen Gedanken an meinen Abschluss drehte sich mir der Magen um. Auch von der Front gab es wichtige Neuigkeiten, denn es sah so aus als würde sich der Krieg allmählich dem Ende entgegen Neigen, weswegen wir alle hofften, dass dieses Grauen endlich ein Ende hatte.

Und es hatte noch eine Wendung gegeben, denn nach langem Abwägen hatte ich mich dazu entschlossen Tom Riddle hierher einzuladen und so hatte er die letzte Woche hier verbracht und endlich meine Eltern kennen gelernt, die vom ersten Augenblick an hingerissen waren von seiner charmanten und intelligenten Art und Mutter hatte sogar gemeint, dass sie ihn gerne wieder hier willkommen heißen würde. Zwar kannten sie ihn bereits flüchtig als Nigels Begleitung bei unserem Sommerfest, jedoch war dieses schon Jahre her und außerdem hatten sie damals kaum ein Wort mit ihm gewechselt. Auch Henry und Ane hatten sich gefreut seine Bekanntschaft zumachen und obwohl er zunächst nicht sonderlich begeistert gewesen war, hatte sich auch Carlyle, der noch immer ein regelmäßiger Gast bei uns war, schließlich dazu durchgerungen einen angemessen Umgangston mit ihm zu pflegen. Einzig und allein meine Schwester schien eine unbegründete Abneigung gegen ihn zu hegen, was auch der Grund für dieses Gespräch unter vier Augen war.

„Warum nicht? Er hat Manieren, sieht gut aus und sein Schulabschluss war sogar besser als deiner", verteidigte ich ihn, denn ich konnte mir beim besten Willen nicht erklären, weshalb Sarah eine so tiefe Abscheu gegen Tom Riddle hegte. „Ich weiß und das ist auch alles schön und gut, dennoch ist er ein Vollwaise ohne Ruf oder finanzielle Mittel und dazu kommt noch, dass er bei Borgin and Burkes arbeitet, wieso tut er das, wenn er doch angeblich einen so glorreichen Abschluss hat?" „Seinen Ruf und seine Armut kann ich mit Leichtigkeit ausgleichen und er hat eine Absage von Hogwarts erhalten, weshalb er zunächst etwas Geld verdienen möchte, ehe er sich festlegt", meine Stimme klang angespannt und ich musste mich zusammenreißen, um das Gespräch auf einer halbwegs vernünftigen Ebene zu halten. „Du weißt, dass die Gesellschaft es dir nicht verzeihen wird, da kann er noch so gut aussehen und arbeiten könnte er auch in jedem anderen Laden in der Winkelgasse, aber stattdessen sucht er sich den schäbigsten Laden der Nokturngasse aus, das ist schon ein wenig seltsam, wenn du mich fragst", seitdem sie Mutter geworden war, hatte Sarah sich verändert, alles musste auf einmal durchgeplant und geordnet sein und sobald etwas auch nur ein wenig aus dem Schemata ihrer perfekten Welt fiel, so musste es automaisch schlecht sein. Schon mehrfach in diesem Sommer hatten wir über genau dieses Thema gestritten und Tom Riddle war nun wohl ein gefundenes Fressen für sie.

„Die Gesellschaft!", ich gab ein kehliges Lachen von mir, ehe ich fortfuhr: „Die Gesellschaft ist mir völlig egal, wir haben nicht mehr das Jahr 1880 und außerdem bin ich mir sicher, dass es Tom noch zu Großem bringen wird", daraufhin verdrehte meine Schwester die Augen und blieb stehen. „Na schön, wenn du schon nicht auf mich hören willst, dann möchte ich dir wenigstens noch eine Sache erzählen", unwirsch strich sie sich ein paar blonde Haarsträhnen aus dem Gesicht, offenbar gefiel es ihr nicht, dass das Gespräch nicht so verlief, wie sie es sich ausgemalt hatte. „Carlyle Thynne hatte eigentlich beabsichtigt um deine Hand anzuhalten, denn falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, er ist über beide Ohren in dich verliebt", Schamesröte stieg mir ins Gesicht, als meine Schwester das Offensichtliche ansprach. Bereits nachdem er mir das Kleid für den Yule Ball, sowie die Halskette geschenkt hatte, war mir klar gewesen, dass er nicht nur rein freundschaftliches Interesse an mir hatte. Jedoch hatte ich inständig gehofft, dass diese Angelegenheit sich ganz von allein aus der Welt schaffen würde, vor allem als ich Tom meiner Familie vorgestellt hatte. Dennoch hatte sich der verletzte und geschlagene Blick, der sich auf Carlyles Gesicht abgezeichnet hatte, in mein Gedächtnis eingebrannt und Sarahs Erläuterung verstärkte mein Schuldbewusstsein um ein Vielfaches. „Aber noch ist ja nichts verloren, wenn du dich bei ihm entschuldigen würdest, dann würde er es sich vielleicht noch einmal überlegen", fuhr sie mit sanfter Stimme fort, fast so als würde sie ein kleines Kind belehren, dass einen Fehler begangen hatte.

Afterglow - TOM RIDDLE Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt