" part of the journey is the end" - T. Stark
Chatsworth House, 1943
Die Fahrt zum Friedhof verlief schweigend. Ich saß in einer Kutsche zusammen mit Sarah, die bereits den fast blickdichten Schleier über ihr Gesicht gezogen hatte, damit man ihre gerötete Haut und ihren ständigen Tränenstrom nicht sehen konnte. Unwillkürlich musste ich daran denken, wie schön sie in ihrem Brautschleier ausgesehen hatte, als sie geheiratet hatte und erneut spürte ich dieses Ziehen in meiner Brust. Es waren bessere und schönere Zeiten gewesen, die mir auf einmal so weit weg vorkamen, als wären sie aus einem anderen Leben, obwohl die Hochzeit mit Henry noch nicht mal ein Jahr her war.
Neben mir saß meine Großmutter, die mit ihrer rechten Hand eisern ihren teuren Gehstock umklammert hielt, während sie unentwegt gerade aussah. Auch sie trug ein langes schwarzes Kleid mit grauen Verzierungen, sowie einen riesigen Hut, der mit unzähligen Federn und Steinen beschmückt war und eines der grässlichsten Kleidungsstücke war, die ich jemals erblickt hatte. Ihr Gesichtsausdruck war steinern, so wie immer, und ich fragte mich unwillkürlich, was hinter ihrer kühlen Fassade vor sich ging, ob sie ebenfalls um Mary trauerte? Ganz still und heimlich für sich allein, oder ob der Tod irgendwann zur Normalität wurde, wenn man so lange lebte wie sie, immerhin war sie weit über hundert Jahre und hatte in ihrem Leben mehr gesehen, als ich mir nur vorstellen konnte, darunter auch die Schrecken des ersten Weltkrieges und nun erlebte sie bereits den zweiten.
Zögerlich wandte ich meinen Blick von ihr ab und betrachtete die Landschaft, die langsam an uns vorbeizog. Inzwischen hatten alle Bäume eine herbstliche Farbe angenommen und auch das Gras wurde langsam fahler und vermischte sich mit den herabfallenden, braunen Blättern. Etwas abseits des Weges konnte ich ein paar Kinder erkennen, die fröhlich in einem Laubhaufen spielten – was hätte ich nur dafür gegeben nun unbeschwert mit ihnen zu spielen. Doch dann machte der Weg eine Kurve und sie verschwanden aus meinem Blickfeld, stattdessen begann nun die kleine Steinmauer, die andeutete, dass wir uns bald am Friedhof befinden würde. Unwillkürlich machte mein Herz einen kleinen Hüpfer, da ich unendlich große Angst davor hatte, was mich dort erwarten würde. Ich wusste nicht, ob ich es aushalten würde, wenn ich in den Sarg von Mary blicken musste, um dort ihren toten Leichnam zu sehen; vielleicht würde ich auch auf der Stelle ohnmächtig werden.
Sarah ging es nicht anders zu gehen, denn als sie erkannte auf was für einer Straße wir uns befanden, fing sie unmerklich an zu zittern und ihr unterdrücktes Schniefen wurde immer stärker. Kurz bevor wir unser Ziel erreichten hielt allerdings die Kutsche inne und ich erhaschte einen Blick auf die Ströme von Menschen, die ebenfalls zu der Kirche pilgerten. Natürlich waren sie alle gekommen, um der Beerdigung beizuwohnen, schließlich waren wir hier in Derbyshire, fast so etwas wie Berühmtheiten. Und so waren sie gekommen, Zauberer, die deutlich in der Überzahl waren, aber auch ein paar Muggel, die missmutig zu den sonderbar gekleideten Leuten schielten und umgekehrt. Jedoch war ich mir sicher, dass an einem Tag, wie diesem, keine Auseinandersetzungen geben würde, selbst wenn die herrschaftlichen Reinblüter gerne unter sich waren.
„Wir werden mit der Kutsche zum Hintereingang fahren und eine Seitentür benutzten, um zu unseren vorgesehen Sitzplätzen zu gelangen", meine Großmutter unterbrach meine Beobachtungen und obwohl ihre Stimme so streng wie immer klang, konnte ich mir einen verdutzten Gesichtsausdruck nicht verkneifen, denn normalerweise war es üblich, dass die trauernde Familie durch den Vordereingang lief. Auch Sarah schien sich über diese Anweisung zu wundern, weswegen sie mit gebrochener Stimme sagte: „Aber müssen wir nicht das Haupttor verwenden?", woraufhin Lady Rosalyn ihren Kopfschüttelte. „Es wurde bereits alles abgeklärt. Eure Eltern werden natürlich den offiziellen Weg nehmen, aber ich habe angeführt, dass es vielleicht etwas zu belastend für euch sein würde, wenn ihr durch diese ganzen gaffenden", dieses Wort spuckte sie förmlich aus und ich wusste genau, dass sie sich damit hauptsächlich auf die Nicht-Magier bezog: „Menschenmassen laufen müsst, weswegen ich mich bereit erklärt habe euch durch die Seitenpforte hineinzubringen", nachdem sie mit ihrer Erklärung geendet hatte, war ich wirklich erstaunt von ihrer Sanftmütigkeit, immerhin war meine Großmutter eine große Verfechterin von Etikette und Tradition, weswegen ich niemals geglaubt hätte, dass sie uns so eine Bürde abnehmen würde – aber sie war nicht die Einzige, die mich an diesem Tag überraschte. Neben meiner Verwunderung war ich gleichzeitig ziemlich erleichtert, denn ich konnte nur erahnen, wie ich reagiert hätte, wenn ich die ganzen mitleidsvollen Blicke gesehen hätte.
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Afterglow - TOM RIDDLE
Fanfiction"Mit Stärke und Fleiß" Schon seit Jahrhunderten sind das die Leitworte von Juliets reinblütiger Zaubererfamilie. Sie selbst hat diesen Worten nie viel Beachtung geschenkt, doch jemand in Hogwarts tut es - nämlich der junge Tom Riddle. Er sieht in di...