„Harry, bedaure nicht die Toten. Bedaure die Lebenden, und besonders all diejenigen, die ohne Liebe leben." - J.K. Rowling
Hogwarts, 1943
Allerdings hatte ich nicht viel Zeit das Büro genauer unter die Lupe zu nehmen, denn der Schulleiter hatte bereits Platz genommen und bot mir einen Stuhl ihm gegenüber an, auf den, ich mich, mit wackeligen Beinen, setze. Professor Flitwick blieb neben mir stehen und warf mir einen mitleidsvollen Blick zu, bei dem mir das Herz in die Hose rutsche. „Sicherlich fragen Sie sich, weswegen wir Sie hergebracht haben", fing Professor Dippet an, woraufhin ich schwach nickte, denn die Angst, vor dem was mir bevorstehen würde, schien meinen Körper zu lähmen. Hoffentlich wurde ich nicht der Schule verwiesen, war das Einzige, an was ich denken konnte.
„Heute Morgen hat uns ein Brief von Chatsworth House erreicht", kurz hielt er inne, so als wüsste er nicht, wie er die nächsten Worte formulieren sollte. Jedoch weiteten sich meine Augen, denn wenn meine Eltern einen Brief geschickt hatten, dann konnte ich nichts angestellt haben, also musste es etwas anderes sein. „Ihre Schwester, Marylin, wurde heute Nacht tot in ihrer Abteilung im Sankt Mungos Hospital aufgefunden", beendete er seinen Satz und für einen kurzen Augenblick schien die Zeit still zu stehen. Nichts regte sich, kein Herzschlag, kein Atemzug, sogar die Bilder an der Wand waren wie eingefroren. Und dann brach alles über mich herein, wie die Wellen des tosenden Meers. Ich konnte es zunächst nicht glauben, was der Direktor mir gerade erzählt hatte, aber mein Mund schien keine Wörter mehr formen zu können, weswegen nur unverständliche Laute aus meiner Kehle emporstiegen. Doch dann legte Professor Flitwick mir seine kleine Hand auf die Schultern und irgendein Damm in mir schien dadurch zu brechen. Tränen quollen in meinen Augen hervor und liefen in unkontrollierten Strömen über mein blasses Gesicht, während ich anfing am ganzen Körper zu zittern. Noch immer konnte ich keine Frage formulieren, stattdessen schluchzte ich heftig auf, weswegen mich der Schulleiter mitleidig ansah.
Endlich brachte ich bruchstückhaft ein schwaches: „Wie ist es passiert hervor?", woraufhin Flitwick das Wort ergriff, offenbar schien er sich verantwortlich für mich zu fühlen, weil ich in seinem Haus war. „Wie Sie sicherlich wissen, war sie für die Nachtschicht auf der Krankenstation für geistige Krankheiten eingeteilt und ein Patient, der eigentlich unter starken Beruhigungsmitteln stand, muss ihr irgendwie ihren Zauberstab entwendet haben und sie damit ermordet haben. Man hat den Stab ihrer Schwester bereits untersucht und ihre Eltern haben geschrieben, dass der letzte Fluch, der damit gewirkt wurde, der Todesfluch war. Der Mann hat bereits alles gestanden, konnte sich aber nicht mehr an die Tat erinnern, oder wie er in Besitz des Zauberstabes gelangt war. Allgemein schien der Mann wohl ziemlich verwirrt gewesen zu sein. Genaueres werden Ihre Eltern Ihnen sicherlich erklären können", antwortete er mir, woraufhin ich noch mehr zu weinen begann. Meine Schwester war ermordet worden und das Schlimmste an der Sache war, dass wir es auch noch gewusst hatten. Wochenlang waren wir in unseren Träumen davor gewarnt worden und hatten nichts unternommen und nun war es zu spät. Nicht einmal meine Eltern hatten sie schützen können. Hätte sie sie doch nur früher nach Chatsworth geholt, oder wenn ich ihnen von meinen Sorgen erzählt hatte, dann wäre es vielleicht anders ausgegangen. Bestimmt wäre sie dann nicht gestorben.
Ich wusste nicht mehr wie lange ich dort gesessen hatte, allerdings wurde irgendwann auch Nigel geholt, der offenbar verschlafen hatte, weswegen man ihn erst später über diesen tragischen Schicksalsschlag informieren konnte. Jedoch wurde er nur leichenblass, verzog sein Gesicht aber kein bisschen. Auch zeigte er keinerlei tröstende Nähe und stellte sich stattdessen in eine einsame Ecke des Büros, bis Professor Dippet mehr Informationen darüber hatte, wie es nun weitergehen würde.
„Ich würde vorschlagen, dass sie erst einmal in ihre Schlafsäle zurückkehren und ihre Koffer packen, danach werden sie über das Flohnetzwerk zurück nach Chatsworth House geschickt", erklärte er uns, allerdings brachte ich nur ein stummes Kopfnicken, als Antwort, zustande. Es fühlte sich so an, als hätte mein Leben seine gewöhnliche Laufbahn verloren und nun trieb ich in unendlicher Finsternis vor mich hin. Ein Leben ohne Marys offene und einfühlende Art konnte ich mir einfach nicht vorstellen, sie war stets für mich da gewesen und hatte immer ein offenes Ohr für meine Probleme. Doch nun gab es die Person nicht mehr, der ich spät nachts noch Eulen schicken konnte und die mich zum Lachen brachte, wenn ich traurig war. Zwar würde Sarah bestimmt auch für mich da sein, aber trotzdem wirkte die ganze Welt viel dunkler, als ich aus dem Büro des Schulleiters trat, es war so als hätte die Erde ihren Sonnenschein verloren und vermutlich stimmte das auch, denn sie hatte Mary verloren.
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Afterglow - TOM RIDDLE
Fanfiction"Mit Stärke und Fleiß" Schon seit Jahrhunderten sind das die Leitworte von Juliets reinblütiger Zaubererfamilie. Sie selbst hat diesen Worten nie viel Beachtung geschenkt, doch jemand in Hogwarts tut es - nämlich der junge Tom Riddle. Er sieht in di...