2.

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YOUR POV

"Wir müssen reden."
"Was denn, keine Umarmung? Dabei haben wir uns doch so lange nicht gesehen."
"Das kannst du dir sparen, V/N. Warum bist du wieder in Hyogo?"
Mein Blick sprang von einem zum anderen Zwilling, welcher mich mit verschränkten Armen musterte. Würde man jetzt meine Lage beschreiben, könnte man meinen, ich wäre im siebten Himmel. Ich, auf dem Schulhof, mit dem Rücken zur Wand, eingekesselt von zwei Zwillingen, die mich erst wieder gehen ließen, wenn sie ihre Antworten kriegten.
Ich seufzte. "Hört zu, es ist schön, euch wiederzusehen. Ehrlich, Jungs. Aber ich muss jetzt gleich zum Unterricht. Die Pause dauert nicht ewig."
Atsumu knurrte und dieses Geräusch ging mir durch Mark und Bein. "Dann sag, warum die zurückgekehrt bist.", forderte er und ich zögerte.
Was willst du hören? Dass ich wegen euch wieder zurückgekommen bin?
"Ich hatte Heimweh.", log ich. Aber ein bisschen stimmte das ja auch.
"Du warst schon immer schlecht im Lügen.", meldete sich auch wieder Osamu zu Wort und seine grauen Augen schienen mich zu durchbohren.
So langsam würde ich wütend. "Was ist euer Problem? Ich bin jetzt nunmal wieder hier, okay? Also lasst uns einfach normal unser Leben weiterleben.", fauchte ich und auch wenn Osamu nur die Stirn runzelte, Atsumu schien mein kleiner Ausbruch gar nicht zu gefallen.
"Du hast uns alleingelassen!", schrie er fast und Osamu sah ihn warnend an. "Du bist einfach abgehauen, ohne uns was zu sagen!"
"Mein Vater ist zuvor gestorben, okay? Ich brauchte eine Auszeit!", schrie ich zurück.
Atsumu atmete schwer, während er mich irritiert ansah. "Fünf Jahre. Du warst fünf Jahre weg und wir haben erst davon erfahren, als du schon im Flugzeug saßt.", sagte er leise und ging einen Schritt zurück. "Glaub ja nicht, dass wir dir das so schnell verzeihen werden." Dann drehte er sich um und ging einfach. Ich sah kurz zu Osamu, doch dieser gab mir auch nur einen flüchtigen Blick und holte dann zu seinem Bruder auf. Das lief nicht so gut. Aber es war mir egal.
Wenn die beiden also einen Kampf haben wollten, dann konnten sie einen haben.

_________

Den Rest des Schultages versuchte ich, die beiden Zwillinge - und besonders Atsumu - zu ignorieren. Doch das war gar nicht so einfach.
Die beiden hatten sich wirklich verändert. Und nicht zum Schlechteren. Anstelle der simplen braunen Haare, die die beiden damals hatten, hatte sich Atsumu seine Haare jetzt blond und Osamu seine grau gefärbt. Auch ihr Körperbau war anders. Und das lag nicht nur daran, dass sie älter geworden sind. Früher waren die beiden wie Bohnenstangen schlecht hin. Heute haben sie einen definierten Körperbau, deutlichere Muskeln und, verdammte scheiße, die beiden sind um einiges gewachsen. Was mich aber am wenigsten überraschte, war, dass die Miya-Zwillinge noch Volleyball spielten. Laut ein paar aufgeregten Mädchengesprächen, die ich heimlich mitverfolgt hatte, spielten die beiden im Volleyballclub der Inarizaki. Osamu als Diagonalangreifer und Atsumu als Zuspieler. Irgendwie war ich gerade ziemlich froh darüber, nicht auch in der Position des Zuspielers zu spielen.

In der Mittagspause ging ich ins Lehrerzimmer, um mich dort für einen jeweiligen Kurs einzuschreiben, der an dieser Oberschule Pflicht war.
"Nun, V/N N/N, hast du irgendwelche Hobbys oder...?" Mit einer unschlüssigen Handbewegung schweifte Herr Sato, mein Klassenlehrer, ab und sah mich auffordernd an.
"Äh, ich spiele Volleyball.", antwortete ich etwas nervös.
"Na dann kannst du ja dem Volleyballclub der Mädchen beitreten." Herr Sato krakelte etwas auf einen Zettel, den er mir schwungvoll überreichte.

Misaki Shoji, Klasse 3-C

Ich hob die Augenbrauen. "Ich... ähm..."
Herr Sato seufzte genervt. "Das ist der Name und die Klasse der Kapitänin des Volleyballclubs, verstanden? Da du mitten im Schuljahr zu uns kamst, solltest du am besten erst zu ihr gehen. Wenn dir dieser Club nicht gefällt, dann komm nochmal zu mir."
Ich verbeugte mich dankend und ging so schnell wie möglich zu der aufgeschriebenen Klasse.
Sieh mal einer an, sie ist genau in der Klasse über uns.
Vorsichtig lugte ich in den Raum, wo noch vereinzelte Schüler an Tischen standen und redeten. Langsam ging ich zu einer Gruppe Mädchen hin, die wie wild über irgendwelches Mädchenzeugs plapperten.
"Äh, entschuldigung?", machte ich mich bemerkbar und sofort wurde das Gespräch eingestellt. Ein Mädchen mit langen schwarzen Haaren und einem vielleicht etwas zu kurzem Rock starrte mich mit ihren dunklen Augen von oben herab an, während sie mit überkreuzten Beinen auf einem der Tische saß.
"Was willst du?", fragte sie und, meine Güte, ihre Stimme triefte nur so vor Herablassung.
"Ich wollte fragen, ob ihr wisst, wo Misaki Shoji ist.", antwortete ich möglichst freundlich auf ihre Frage.
Die Augen des Mädchens weiteten sich leicht, doch dann rümpfte sie nur die Nase. "Warum willst du das wissen, Schätzchen?"
Ich stutzte leicht. Und warum will sie das wissen?
"Ein Lehrer meinte zu mir, ich sollte zu einer gewissen Misaki Shoji gehen, wenn ich dem Volleyballclub der Mädchen beitreten will."
Plötzlich brach Gelächter in der Gruppe aus.
"Du willst dem Volleyballclub der Mädchen beitreten?", fragte das Mädchen auf dem Tisch wieder.
"Gibt es da ein Problem?" Langsam wurde ich sauer.

Das Mädchen lachte nochmal leise auf und musterte mich unter ihren aufgeklebten Wimpern hindurch. "Welche Position?"
Ich zögerte. Anscheinend spielte dieses Mädchen also auch Volleyball. "Libera.", sagte ich entschlossen und wieder brach Gelächter aus.
"Bei deiner Größe ist das ja auch nicht verwunderlich.", lachte das Mädchen.
Ich ertappte mich dabei, wie ich an mir heruntersah. Es stimmte, ich war mit meinen 164 Zentimetern nicht wirklich groß, aber dafür ziemlich flink. Die perfekten Voraussetzungen für einen Libero oder in meinem Fall Libera.
"Und welche Position spielst du?", fragte ich direkt und das Gelächter verstummte.
"Aha, du bist also doch nicht so dumm wie du aussiehst.", sagte das Mädchen langsam und erhob sich von dem Tisch. "Ich bin Zuspielerin. Aber ich verrats dir nur, weil du so nett gefragt hast.", säuselte sie und mir wurde schlecht. Als sie genau vor mir stand, überragte sie mich um einen halben Kopf. Wie groß war sie? 175? 176?
Und sie ist Zuspieler. Wie Atsumu.
Verdammte scheiße, wieso habe ich da gerade dran gedacht?
"Weißt du, du bist wirklich süß. So klein wie du auch bist." Sie wollte schon mit ihren langen und manikürten Fingern nach meinen Haaren greifen, aber ich packte ihr Handgelenk, bevor sie überhaupt auch nur eine Strähne zu fassen kam. Ich spürte, wie sie zusammenzuckte, denn mein Griff war alles andere als locker.
"Niemand fasst mich an, verstanden, Schätzchen?", sagte ich gefährlich leise und das Mädchen wollte schon gerade was erwidern, als ein lautes Klatschen mich zusammenfahren ließ.
"Ich schätze, das reicht jetzt, Ladys.", kam es von einem hochgewachsenen Mädchen mit raspelkurzen, dunkelbraunen Haaren und einem Blick, der mich sofort gehorchen ließ.
Ich ließ das Handgelenk des Mädchens los und trat einen Schritt zurück.

"Ich bin Misaki Shoji und ich habe gehört, du willst zu mir?", fragte sie mich ernst und ich nickte. Augenblick, saß sie etwa die ganze Zeit hier im Raum? Und sie hatte alles mitangehört? Oh, verdammt.
"Äh, ja, mein Name ist V/N N/N und ich bin heute erst neu auf diese Schule gekommen.", antwortete ich schnell. Wer weiß wie dünn ihr Geduldsfaden war.
"Und wo warst du vorher?", fragte mich die Kapitänin.
"Ähm, ich habe fünf Jahre lang in London bei der U18 South London Volleyball League mitgespielt. Als der Libero.", sagte ich etwas nervös. Ich rechnete fast schon damit, dass sie auch noch nie etwas vom Grand Prix der U18 in London gehört hatte, doch Misaki pfiff anerkennend durch die Zähne und musterte mich.
"Beeindruckend. Du musst ja ein wirklich guter Spieler sein."
Darauf antwortete ich nicht. Lobesworte über meinen Erfolg als Volleyballspielerin hatten mich schon immer nervös gemacht.
"Du kennst ja schon Naomi Saitou, die Zuspielerin bei uns. Und du weißt ja auch, wie ich heiße. Komm nach dem Unterricht heute in Sporthalle 2 und guck uns beim Training zu. Danach kannst du entscheiden, ob du uns noch beitreten willst oder nicht.", sagte Misaki und mein Blick glitt kurz zu Naomi, die mich wütend anstarrte.
Heute war doch bis jetzt schonmal ein guter Start für eine neue Schule gewesen.

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Huhu, ich hoffe, dieses Kapitel hat euch gefallen, ansonsten könnt ihr gerne Kritik oder Ideen in die Kommentare schreiben✨

Das nächste Kapitel kommt vermutlich erst morgen oder vielleicht auch heute noch<3

- A

Old Friends // (Atsumu x Reader) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt