YOUR POVDas Einkaufszentrum von Kobe war an einem Donnerstagnachmittag so überfüllt, dass ich dachte, ganz Kobe wollte heute einkaufen gehen.
Die letzten Tage liefen... angespannt. Ich war Atsumu und auch Naomi jeden Tag aus dem Weg gegangen und hatte die Pausen mit Misaki und Lucas verbracht, welcher sich schon gut eingelebt hatte. Er verstand sogar den Stoff im Unterricht größtenteils besser als ich und hat mir angeboten, mir zu Hause noch ein wenig bei den Hausaufgaben zu helfen. Wenigstens zog er mich deswegen nicht auf, sonst hätte ich meine Mutter überredet, dass Lucas auf der Straße schläft. Aber ich wusste, wie das laufen würde. Und ich würde kläglich verlieren.
Erbärmlich.
"V/N, hör auf, nachzudenken und sieh dir das an."
Seufzend zwängte ich mich zwischen den ganzen Kleiderständern hindurch, bis ich - eingequetscht von übergroßen T-shirts auf der einen und Rüschen auf der anderen Seite - endlich neben meiner Freundin stand.
"Was denn?", fragte ich und versuchte, einen Blick auf das Kleidungsstück zu erhaschen, das sie in den Händen hielt. "Auf gar keinen Fall.", protestierte ich sofort.
"Wieso nicht? Das sieht geil aus." Misaki betrachtete das knallpinke Kleid mit Spaghetti-Trägern kritisch.
"Das werde ich nicht anziehen. Das ist doch kein Kleid, sondern eher ein Top."
"Wenn du meinst."
Erst als ich gesehen hatte, wie Misaki das Stückchen Stoff wieder zurückgehangen hatte, machte ich mich wieder auf, einen Spaziergang durch den Laden zu machen, ohne mir dabei die Klamotten anzugucken. Die meisten davon kosteten eh genauso viel wie unser Haus und ich hatte nur ein begrenztes Budget.Trotz der teuren Preise war der Laden ziemlich voll. Viele Frauen drängten sich an den Kleiderständern und Regalen, während ich mir die Frage stellte, was ich hier überhaupt machte. Direkt nach der Schule hatte mich Misaki hierhergeschleift, in dem Wissen, dass heute kein Training stattfinden würde. Somit hatten wir den ganzen Nachmittag. Wir waren schon in dutzenden verschiedenen Läden, hatten schon jeweils einen Bubble-Tea intus und hatten trotzdem noch nichts für morgen Abend zum Anziehen gefunden.
Lucas war bei meiner Mutter geblieben, die der Meinung war, ihm ihre berühmt-berüchtigte Spanish Tortilla zu machen. Ich wusste nicht, wer es schlimmer hatte: Lucas oder ich?
"V/N, wenn wir so weitermachen sind wir morgen noch hier. Lass uns jetzt endlich etwas für dich finden.", kam es von Misaki, die hinter mir mit ihrer Hand über einen Pailletten-Rock fuhr. Ich beobachtete einen kurzen Moment lang, wie sich die Farben der Pailletten bei jeder Bewegung änderten, und ließ meinen Blick dann auf etwas gleiten, dass über Misakis Arm hing.
"Was hast du da?"
"Oh, das?" Stolz hob sie das Kleidungsstück hoch, dass sie gefunden hatte und ich ließ einen leisen Pfiff aus.
"Wow."
"Nicht wahr?"
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll." Ich drehte leicht den Kopf und musterte das teufelsrote Kleid mit überkreuzten Trägern.
"Es sieht mega aus, nicht wahr? Und es ist runtergesetzt.", sagte die Kapitänin und hielt es vor ihren Körper. Misaki hatte einen Körper, für den Frauen morden würden. Sie war hochgewachsen, hatte schöne Brüste - die weder zu groß, noch zu klein waren -, eine schmale Taille und lange Beine. Dazu noch ihre kurzen, dunklen Haare und ihr autoritärer Blick...
Sie war wirklich zu beneiden.Ich hingegen mit meiner kleinen Figur hatte zwar auch einen schlanken und sportlichen Körper, aber ich besaß weder die Ausstrahlung von Misaki, noch den weiblichen Körper von Naomi. Ich hatte nichts von beiden. Aber mit der Zeit lernte ich, dass es mir egal sein konnte.
Wen soll ich denn auch schon überzeugen?
"Also, denkst du, ich sollte es kaufen?", brachte mich Misaki wieder zurück in die Gegenwart.
Ich blinzelte mehrmals. "Also, ich... ähm..."
"Ich kaufe es einfach. Ist ja eh runtergesetzt." Zufrieden ging sie weiter nach Kleidungsstücken für mich Ausschau halten.
Frustriert kramte ich zwischen den Anziehsachen an der Stange direkt neben mir und fischte ein gelbes, knielanges Kleid mit Rüschen am Ausschnitt hervor.
"Das sieht doch ganz nett aus.", murmelte ich. Die Rüschen würden ein wenig meine kleineren Brüste verstecken und man sähe auch nicht so viel von meinen Beinen.
Ich starrte auf den Preis.
10.000¥.
Es lag also gerade noch so im Budget.
Ich suchte Misaki in der Menge und winkte sie zu mir rüber.
"Bitte sag mir, du hast endlich was gefunden."
Ich hielt das Kleid hoch und sie hob die Augenbrauen.
"Das willst du tragen?"
"Ja, wieso denn nicht?", fragte ich und sofort keimten Selbstzweifel in mir auf. Misaki schien das zu bemerken, denn sie schüttelte schnell den Kopf.
"Nein, so habe ich das nicht gemeint. Es ist nur nicht ganz das, was man auf einer Party tragen würde. Eher auf einem Dorffest."
Ich betrachtete das Kleid nochmal und zuckte schließlich seufzend mit den Schultern. "Ich habe die Suche aufgegeben, also wird es jetzt das hier. Mir egal, ob ich dann aussehe wie jemand vom Land."Misaki und ich bezahlten unsere Kleider und holten uns in einem kleinen Restaurant eine Portion Udon. Als die heiße Misosuppe meine Kehle runterlief, atmete ich erleichtert aus.
Das tut gut.
"Darf ich dich etwas fragen?", kam es von Misaki, die mich mit Argusaugen beobachtete.
"Nur zu."
"Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt? Also, du und die Miya-Zwillinge?"
Ich verschluckte mich fast an einer Nudel und spülte schnell mit Wasser nach. "Warum fragst du?", krächzte ich und klopfte mir hustend auf die Brust.
"Schon nach dem ersten Training habe ich gesehen, wie du Atsumu angeguckt hast, als sich Naomi an ihn ranschmiss. Und auch als du am Montag in die Halle gelaufen bist, im den Ball aufzuhalten, habe ich den Blick von Osamu gesehen. Er sah nicht überrascht aus, sondern eher sowas wie wissend. So, als hätte er gewusst, dass du kommen würdest. Ihr drei kanntet euch schon, bevor du zu uns auf die Inarizaki kamst, oder?"
Ich schluckte und legte meine Stäbchen zur Seite. Da führte jetzt wohl kein Weg dran vorbei.
"Um genau zu sein kenne ich Atsumu und Osamu schon seit der Grundschule. Wir waren in der selben Klasse und da wir auch in der selben Straße wohnten, freundeten wir uns an. Durch meinen Vater habe ich meine Leidenschaft zum Volleyball entdeckt und gemeinsam mit den Zwillingen habe ich dann in der vierten Klasse einen Workshop besucht, wo wir auch Aran Ojiro kennenlernten." Ich merkte, wie Misaki bei der Erwähnung des Spielers leicht rot wurde und ich musste wage lächeln. "Am Anfang der Mittelschule hatte mein Vater einen schrecklichen Autounfall. Meine Mutter habe ich danach nicht mehr wiedererkannt und ich hatte auch das Gefühl, dass selbst die Zwillinge mich nicht aufheitern konnten. Ich musste von hier weg. Also bin ich zu meinen Großeltern nach London gezogen und habe meine Volleyballkarriere ausgelebt. Ich habe auch Lucas dort kennengelernt.", erzählte ich weiter.
"Und jetzt bist du wieder hier."
Ich nickte. "Allerdings schienen die Zwillinge, besonders Atsumu, nicht sehr glücklich über mein Verschwinden gewesen zu sein. Deswegen auch die ganzen... Missgeschicke die letzten Wochen seit meiner Ankunft."
"Ich werde diesen Mistkerl zu Brei prügeln, wenn ich den morgen sehe.", drohte Misaki und ballte die Hände zu Fäusten, aber ich schüttelte nur den Kopf.
"Nein, du würdest es nur schlimmer machen. Ich muss das alleine regeln.", erklärte ich und nahm meine Stäbchen wieder in die Hand.
"Ich weiß.", murmelte Misaki. "Aber du bist meine Freundin. Und nich so eine falsche Schlange wie die anderen aus dem Team."
Ich senkte den Blick. "Und du bist auch meine Freundin. Die beste, die ich seit langem hatte.", lächelte ich.Mit einem Klirren legte mein Gegenüber ihre Stäbchen auf die leere Schüssel und klatschte die Hände so laut zusammen, dass mehrere Menschen empört aufblickten. Beschämt senkte ich wieder den Blick.
"Nun gut, Schluss jetzt mit dieser Gefühlsduselei. Morgen gehen wir auf eine Party und ich muss mir noch einige Make-up-Tipps besorgen." Sie zeigte mit ihrem langen Finger auf mich und grinste. "Ich werde morgen nach der Schule mit zu dir kommen und dann machen wir uns gemeinsam für die Party fertig, klar?"
"Habe ich denn eine Wahl?"
"Nope, und jetzt komm, wir sollten gehen. Ich muss noch Hausaufgaben machen."
"Verdammt, ich ja auch noch."
Leise fluchend wartete ich, bis Misaki von der Toilette wiederkam und zusammen gingen wir an der Straße entlang, bis sich unsere Wege trennten.
Und kaum bog ich in unsere Straße ein, beschlich mich das beängstigende Gefühl, dass morgen der schlimmste Abend meines Lebens werden würde.---------------------------------------------------------
Huhu, ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen, ansonsten wisst ihr, was ihr tun müsst😉✨
Das nächste Kapitel kommt die nächsten Tage, aber vielleicht schaffe ich es schon bis Dienstag, es fertig zu kriegen<3
Bis dann❤️
- A
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Old Friends // (Atsumu x Reader)
Fanfiction𝔸𝕥𝕤𝕦𝕞𝕦 𝕩 ℝ𝕖𝕒𝕕𝕖𝕣 𝕊𝕥𝕠𝕣𝕪 Nach dem Tod deines Vaters entscheidest du dich, nach London zu deinen Großeltern zu ziehen, um dort weiter deiner Leidenschaft dem Volleyball nachzugehen. Doch dafür musstest du deine beiden engsten Kindheitsf...