ATSUMU POVMein Blut kochte. Wer war dieser Kerl? Und warum war er gemeinsam mit V/N hier? Er war eindeutig kein Japaner und gehörte hier nicht her. Er gehörte nicht an V/N's Seite.
Sofort kam mir der Gedanke, wie oft er ihr wohl schon einen Ball zugespielt hatte. Selbst wenn ein Zuspieler und ein Libero in einem Spiel nicht oft in direkten Kontakt traten, konnte er ihr trotzdem bei Aufschlägen einen Ball zukommen lassen. Und das ging mir gehörig gegen den Strich - auch, wenn ich es nicht zugeben oder zeigen konnte.
"Ich hätte nicht gedacht, dass du auch Zuspieler bist.", grinste der Kerl und ich hätte ihm am liebsten eine reingehauen.
"Lucas, komm jetzt, wir sollten jetzt gehen.", murmelte V/N und fast hätte ich sie von diesem Lucas einfach weggezogen.
"Einen Moment noch, Beautiful.", sagte dieser Kerl.
Beautiful?
Beautiful?
Ich wusste noch genug aus dem Englischunterricht, um zu wissen, was dieses Wort hieß. Wieso nannte er sie so? Ich meine, jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte sehen, dass alles, was mit V/N zu tun hatte, genau auf dieses Wort passte. Sowohl innerlich, als auch äußerlich. Aber wieso nannte er sie so?
Ich war zwar noch verletzt wegen ihr, aber das hieß nicht, dass ich es mochte, wenn ein anderer Junge sie so nannte und dabei auch noch so nah bei ihr stand. Besonders nicht, wenn er ebenfalls Volleyballspieler und dabei noch Zuspieler war.
V/N zupfte an dem T-Shirt dieses Typen, doch er gab keinen Millimeter nach.
"Was hättest du denn gedacht, welche Position ich spiele?", fragte ich scharf und merkte, wie Samu mir einen warnenden Blick zuwarf. Ich ignorierte ihn einfach. Dafür wird er mir gleich bestimmt eine rüberziehen, aber das war mir egal.
Der Rothaarige legte sich einen Finger an sein Kinn, als müsste er wirklich ernsthaft darüber nachdenken. "Ich hätte dich jetzt eher als Mittelblocker eingeschätzt." Sein Ton klang dabei so spöttisch, dass selbst mein Bruder die Augen zusammenkniff.
Dann schien es V/N jetzt endgültig zu reichen. Mit wütendem Blick presste sie ihren langen Finger auf die Klingel direkt neben dem Tor, dass zu ihrem Haus führte, und packte Lucas fest am Arm. Schon damals hatte sie für ihre kleine Größe eine unglaubliche Kraft und Energie.
"Wir verabschieden uns jetzt.", zischte sie und sah dabei nur mir in die Augen.
Mir gefiel es.
Mir gefiel es, dass ihre Augen, so zornig sie auch gerade seien mochten, gerade nur auf mir lagen. Doch dieser Moment hielt nicht lange, denn schnell wandte sie ihren Blick wieder ab und zuckte sogar leicht zusammen, als sich das Tor langsam öffnete.
"Was denn, gehen wir etwa schon?", fragte der Rothaarige unschuldig und mein Blick verdunkelte sich. Er würde doch nicht etwa bei ihnen im Haus übernachten?
"Ja, wir gehen. Meine Mutter wartet schon.", grummelte V/N und zerrte den Spieler hinter sich her, als das Tor weit genug geöffnet war. "Osamu, Atsumu, guten Abend.", warf sie uns über ihre Schulter noch zu und mein Name nahm aus ihrem Mund einen besonders warnenden Ton an. Dieser Kerl, den sie immer noch am Ärmel hielt, winkte uns lächelnd zu, bevor sich das Tor hinter den beiden wieder quitschend schloss.
"Was war das denn eben?", fragte Samu, sah dabei aber ganz genau mich mit hochgezogener Augenbraue an.
"Sieh mich nicht so an.", sagte ich, mein Blick dem geschlossenen Tor zugewandt.
Ich hatte dieses unwohle Gefühl, das sich rasend in meinem Körper ausbreitete, und das gefiel mir ganz und gar nicht.
Diesen Typen hatten wir heute nicht zum letzten Mal gesehen.YOUR POV
Ich atmete einmal tief durch, als ich Lucas durch unseren Vorgarten zum Haus führte. Was war das eben, bitteschön? Atsumu hatte sich total merkwürdig verhalten. So, als müsste er allen Ernstes beweisen, dass er der beste Oberschulen-Zuspieler war und auch immer bleiben würde.
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich zuerst überhaupt nicht bemerkte, wie Lucas angefangen hatte, zu reden.
"Die beiden waren doch ganz nett, nicht wahr? Huh, V/N? V/N."
"Was? Wie bitte?" Ich schreckte auf.
"Du warst mal wieder woanders.", stellte Lucas seufzend fest und schüttelte dabei seine rote Mähne.
"Entschuldige, ich wollte nicht-"
"V/N, alles gut. Du musst dich nicht entschuldigen. Das gerade eben war auch etwas, worüber man jetzt wohl nachdenken muss.", lachte er.
"Nein... ich, also, ähm..."
Lucas lachte lauter und ich verzog das Gesicht.
"Also, ich muss sagen, euer Haus ist wirklich wunderschön, Beautiful."
Ich musste automatisch wieder lächeln. "Ja, das ist es wirklich."
"Da seid ihr beiden ja endlich. Was hat das denn so lange gedauert?", rief uns meine Mutter zu, die an der Eingangstür schon auf uns gewartet hatte. Bei ihrem Outfit schoss mir die Röte ins Gesicht. Wieso musste sie ausgerechnet das anziehen? Sie trug eine Shorts, bei der das Wort kurz absolut untertrieben war und die ihre langen, gebräunten Beine betonte, ein weißes Top und dazu noch einen lässigen Haarreifen. Ihre Finger- und Fußnägel hatte sie in einem hübschen Lachsfarben lackiert. Sie war das komplette Gegenteil einer traditionellen Japanerin.
"Hallo, Lucas.", lächelte sie und streckte ihre Hand aus. "Schön, dich endlich mal persönlich zu treffen und nicht andauernd über das Telefon."
"Freut mich wirklich sehr, Miss N/N.", erwiderte Lucas in einem guten japanisch. Schon vorher hatte ich bemerkt, dass er fleißig geübt hatte.
"Nenn mich einfach Aiko. Wenn du mich mit Miss anredest, komm ich mir so alt vor.", lachte meine Mutter und von diesem Augenblick an konnte ich mir sicher sein, dass meine Mutter ihre spitze Zunge Lucas gegenüber im Zaum halten würde."Alsoooo, Lucas, erzähl doch mal, wie ist es so im fernen London? Meine Tochter hier wollte ja nichts erzählen.", lachte meine Mutter und goss uns noch Tee ein, als wir im Wohnzimmer auf dem Boden saßen.
"Mama, bedräng ihn nicht so. Er hatte eben erst einen langen Flug hinter sich.", grummelte ich und trank schnell einen Schluck des heißen Gebräus. Das heiße Wasser und der intensive Geschmack von Oolong verbrannten mir fast meine Zunge und ich verzog mein Gesicht. Vielleicht sollte ich den Tee etwas langsamer trinken.
"Ach was, das macht mir doch nichts. London ist wirklich eine sehr schöne und laute Stadt, aber nichts im Vergleich zu Kobe, muss ich sagen.", erzählte Lucas, ganz der vorbildliche Junge mit den guten Manieren. Ich musste grinsen. So war er wirklich auch schon, als ich ihn vor fünf Jahren kennengelernt hatte.
"Ich bin beeindruckt, dass du vom Komitee hierher eingeladen wurdest. Wo trainierst du denn dann?", hakte meine Mutter direkt weiter nach.
Lucas kratzte sich verlegen am Kopf und stellte seine Teetasse ab. "Ich trainiere immer Nachmittags nach der Schule in dem Trainingscenter in der Innenstadt. Ich komme von meinem Hotel gut mit der Bahn dorthin."
Meine Mutter sah aus, als würde sie gleich ihre Teetasse fallen lassen. "Du wirst ganz bestimmt nicht in einem Hotel übernachten. Ist doch selbstverständlich, dass du hier bei uns schlafen wirst.", sagte sie freudig und ich verschluckte mich fast.
"Mama, ich habe doch gesagt, dass du dich ihm nicht so aufdrängen sollst. Lucas, du musst nicht annehmen, wenn dir ein Hotel lieber wäre.", sagte ich zu dem Rothaarigen, der alles andere als so aussah, als hätte er vor, abzulehnen.
"Vielen Dank für das Angebot. Ich würde mich freuen, bei Ihnen unterkommen zu können.", lächelte er.
Meine Mutter klatschte ihre Hände zusammen. "Dann ist es entschieden. V/N kann dir gleich dein Zimmer zeigen, während ich hier alles aufräume und das Abendessen vorbereite. Du musst bestimmt hungrig und müde sein."
"Komm mit, ich zeig dir das Gästezimmer.", forderte ich ihn seufzend auf und nahm direkt seinen Koffer mit, bevor ich ihn durch die Flure führte."Euer Haus ist wirklich so traditionell japanisch und deine Mutter ist sehr gastfreundlich.", sagte Lucas plötzlich auf Englisch, aber ich konnte etwas Angespanntes in seiner Stimme heraushören.
Ich entschied mich, es zu ignorieren, und summte stattdessen zustimmend. "Ja, es ist wirklich schön hier. Und tut mir leid, falls meine Mutter so aufdringlich war.", antwortete ich ebenfalls auf Englisch, obwohl ich nicht wusste, warum er plötzlich die Sprache gewechselt hatte.
"Ach was.", winkte er ab. "Ich würde lieber bei euch in einem Gästezimmer schlafen, als in einem Hotel, in dem ich noch nie zuvor war."
Auch wieder wahr.
"So, da wären wir.", sagte ich und zog die Schiebetüren zur Seite. Ein großer Raum mit einem Futon in der Mitte und einigen Regalen und alten Bildern an den Wänden kam zum Vorschein.
"Der Wahnsinn.", staunte Lucas und ich lächelte mild.
"In dem Zimmer nebenan ist ein Bad, da kannst du dich erstmal frisch machen. Ich hol dich dann gleich zum Abendessen.", sagte ich in einem etwas neckischen Ton und wedelte lachend mit einer Hand vor der Nase, so als würde ich einen Gestank vertreiben. Lucas zeigte mir den Mittelfinger und ich musste noch lauter lachen.
"Bis nachher, Beautiful.", grinste er noch, bevor er im Bad verschwand."Dein Freund ist wirklich nett.", kam es von meiner Mutter, als ich zu ihr in die Küche ging.
"Du musst das nicht tun.", erwiderte ich nur und sie hielt inne.
"Was meinst du?", fragte sie unschuldig.
"Du musst nicht auf nette und fürsorgliche Mutter tun. Das ist komisch.", seufzte ich und setzte mich an den Tisch. Ich war plötzlich so müde. Und dazu kam dann auch noch die Auseinandersetzung mit Atsumu und Osamu.
"Ich will nur versuchen, dass sich unser Gast hier wohlfühlt."
"Wie gesagt, du musst nicht-"
"V/N.", unterbrach mich meine Mutter streng. "Seit fünf Jahren habe ich meine Tochter nicht mehr richtig sehen können, nur über ein Handy, und in diesen fünf Jahren hat sie auch niemand Neues mit nach Hause gebracht, weil sie einfach nicht da war. Lass mich dann jetzt bitte wenigstens so tun, als würde ich mir Mühe geben."
Ich schwieg und starrte auf den Tisch. "Tut mir leid.", murmelte ich. "Und... danke."
Meine Mutter drehte sich zu mir um und lächelte. "Genieß die Zeit einfach mit deinem Freund."
Und als sie sich wieder umdrehte, glaubte ich, Dann vergisst du vielleicht endlich jemand anderen gehört zu haben. Aber das hatte ich mir wahrscheinlich wieder nur eingebildet.
Ich war einfach zu müde.---------------------------------------------------------
Huhu, ihr Lieben, hier ist auch schon das nächste Kapitel und wie immer hoffe ich, es hat euch gefallen✨
Ansonsten, wie ihr wisst, Kritik gerne in die Kommentare
Das nächste Kapitel kommt die nächsten Tage irgendwann<3
Bis dann❤️
- A
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Old Friends // (Atsumu x Reader)
Fanfiction𝔸𝕥𝕤𝕦𝕞𝕦 𝕩 ℝ𝕖𝕒𝕕𝕖𝕣 𝕊𝕥𝕠𝕣𝕪 Nach dem Tod deines Vaters entscheidest du dich, nach London zu deinen Großeltern zu ziehen, um dort weiter deiner Leidenschaft dem Volleyball nachzugehen. Doch dafür musstest du deine beiden engsten Kindheitsf...