YOUR POV"Du hast ihn also vor der ganzen Klasse geküsst?", fragte Misaki überrascht und ich nickte nur. Bis zur Mittagspause hatte sich das also schon bis zum dritten Jahr rumgesprochen. Gerüchte verbreiteten sich hier wie ein Waldbrand und jetzt wusste die halbe Schule schon darüber Bescheid.
"Wie... Wie hat Naomi reagiert?" Ich stocherte in meinem Bento und bemerkte Lucas' besorgten Blick von der Seite. Seit Atsumu mir das mit ihren psychischen Störungen erzählt hatte, sah ich Naomi in einem etwas anderen Licht. Doch trotzdem konnte ich nicht vergessen, was sie mir angetan hatte.
"Was glaubst du denn?", gab Misaki gereizt zurück. "Sie ist fast völlig ausgetickt. Ist das auch der Grund, warum du auf dem Dach essen wolltest?"
Ich nickte. "Ich muss unbedingt mit ihr reden. Am besten direkt nach der Schule. Heute fällt ja das Training aus."
"Sollen wir mitkommen?", meldete sich auch Lucas zu Wort, doch ich schüttelte nur den Kopf.
"Ich muss das alleine regeln."
Es war nicht meine Aufgabe, Lucas davon zu erzählen, dass Naomi bipolar war, und auch Misaki musste ich versprechen, es für mich zu behalten. Als Naomi's Kapitänin wusste sie schon davon, hatte es aber auch nie jemand anderem erzählt. Dass Atsumu es mir verraten hatte, sollte mir dabei helfen, Naomi und ihre Handlungen besser zu verstehen, aber um ein Gespräch mit ihr kam ich nicht drumrum.__________
Als endlich der Gong für Schulschluss ertönte, sprang ich als erste von meinem Platz auf und rannte aus dem Klassenzimmer.
Dabei ignorierte ich Atsumu's fragende Blicke und hoffte darauf, dass Lucas ihm alles erklären würde.
Ich rannte in den Flur der Oberschüler im dritten Jahr und lugte vorsichtig in Naomi's Klasse.
Misaki war schon weg, da auch sie es heute eilig hatte, aber meine Zielperson saß zum Glück noch an ihrem Tisch, umgeben von den anderen Mädchen.
Räuspernd stellte ich mich neben sie und alle Augenpaare lagen auf mir.
Kaum hatte Naomi mich gesehen, sprang sie auch schon aus ihrem Stuhl und ihr Blick war fuchsteufelswild.
"Wir sollten reden.", sagte ich so neutral wie möglich, aber unter ihrem Blick wurde mir etwas mulmig zumute.
"Wieso? Damit dir wieder jemand zur Hilfe eilen kann, du Miststück? Vielleicht hast du ja Glück und es ist diesmal der andere Miya-Zwilling."
Ich schluckte einen säuerlichen Kommentar herunter und sah sie einfach nur abwartend an.Nach einer kurzen Weile lachte sie leise auf und ging an mir vorbei. Dabei achtete sie darauf, dass ihre Schulter ab meine stieß - oder in ihrem Fall war es der Oberarm, da sie mich um ein gutes Stück überragte.
"Na schön, wenn du reden willst, dann reden wir.", sagte sie abschätzig und ich folgte ihr wie ein Schoßhündchen auf den Schulhof.
In einer leeren Ecke, die zudem auch gut verborgen war vor neugierigen Blicken blieb sie mit verschränkten Armen stehen und drehte sich so schnell zu mir um, dass mir schwindelig wurde.
Wieder durchfuhr ein Brennen meine Wange und als ich geschockt aufblickte, sah Naomi mich mit Tränen in ihren dunklen Augen an.
"Wieso?", schluchzte sie. "Wieso musstest du ihn mir wegnehmen?"
Meine Wange tat zwar immer noch weh, aber der Schmerz ließ schneller nach als beim letzten Mal.
Vorsichtig ging ich einen Schritt auf sie zu. "Naomi, Atsumu hat mir gesagt, dass du bipolar bist."
Augenblicklich hielt sie inne und sah mich durch ihre von Maskara verschmierten Augen wütend an. "Was weißt du denn schon? Du weißt überhaupt nichts!"
Ich senkte den Kopf etwas und sah zu Boden. "Ja, du hast recht. Ich weiß nicht, wie du dich fühlst, aber man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt. Manchmal hat man Glück und manchmal hat man Pech.", wiederholte ich Osamu's Worte von gestern Abend.
"Komm mir nicht mit so einer Scheiße! Ich liebe ihn und du hast ihn mir weggenommen!", schrie sie wieder und ich bezweifelte nicht, dass uns früher oder später jemand hören würde.
"Ich habe ihn dir nicht weggenommen. Atsumu hatte dir nie gehört, Naomi. Kanntest du ihn denn überhaupt richtig?", fragte ich sanft.
"Halt die Klappe!", kam es nur lauthals zurück."Weißt du, in welcher Klasse Atsumu wirklich mit Volleyball angefangen hat?"
In der Vierten.
"Ich sagte, halt die Klappe!"
"Was hat ihn dazu bewegt, Zuspieler zu werden?"
Er hat einem erfahrenen Zuspieler dabei zugesehen, wie er das vollste Potenzial aus seinen Mitspielern herausholte.
"Sei still!"
"Was ist sein Lieblingsessen!"
Thunfisch.
"Sei endlich still!", schrie Naomi hysterisch und ging wimmernd in die Hocke, die Arme um den Kopf geschlungen. "Bitte, sei endlich still."
Ich hörte auf mit den Fragen und ging vorsichtig auf sie zu, bevor ich vor ihr ebenfalls in die Hocke ging.
"Tut mir leid.", murmelte ich und legte ihr eine Hand auf den Arm, die sie überraschenderweise nicht wegschlug.
"Du willst ihn mir wegnehmen.", hörte ich sie gedämpft sagen und ich seufzte leise.
"Nein, ich will ihn dir nicht wegnehmen, aber... er gehört dir nunmal nicht.", flüsterte ich ihr zu.
Langsam hob sie den Kopf und wischte sich mit den Ärmeln die Spuren der Tränen und der Schminke weg. "Ich liebe ihn."
"Ich auch."
"Ich hasse dich."
"Ich dich nicht."
"Auch jetzt nicht? Nach allem, was ich dir angetan habe?" Ihre Stimme klang verwirrt.
Ich schüttelte den Kopf. "Du hättest deine Gründe, aber vielleicht solltest du demnächst versuchen, Konflikte mit Worten zu lösen und nicht mit Gewalt."
Das entlockte ihr tatsächlich ein kleines Lachen, was aber schnell wieder verschwand. "Ich war nicht ich selbst, entschuldige."
Meine Augen weiteten sich. Sie hatte sich tatsächlich gerade entschuldigt.
"Ist schon gut. Schwamm drüber."
"Du liebst ihn wirklich, oder?"
Ich summte zustimmend.
"Und er liebt dich auch?"
"Ja, das tut er.", sagte ich und musste bei dem Gedanken lächeln.
"Dann lass ihn nie los, kapiert? Und wenn du ihm wehtust, dann mach ich dich kalt.", drohte sie und mein Lächeln wurde sanfter.
"Kein Sorge, das habe ich nicht vor. Und ich würde nicht weniger von dir erwarten.", erwiderte ich, während ich mich erhob und ihr die Hand hinhielt.
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Old Friends // (Atsumu x Reader)
Fanfiction𝔸𝕥𝕤𝕦𝕞𝕦 𝕩 ℝ𝕖𝕒𝕕𝕖𝕣 𝕊𝕥𝕠𝕣𝕪 Nach dem Tod deines Vaters entscheidest du dich, nach London zu deinen Großeltern zu ziehen, um dort weiter deiner Leidenschaft dem Volleyball nachzugehen. Doch dafür musstest du deine beiden engsten Kindheitsf...