6.

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ATSUMU POV

Was tat ich hier eigentlich? Wieso konnte ich sie nicht einfach in Ruhe lassen? Sie war jetzt nunmal wieder hier. Na und? Es sollte mich nicht interessieren. Aber trotzdem kribbelte noch mein ganzer Körper von der Nähe zu ihr. Ich wollte wieder zu ihr, in ihrer Nähe sein, sehen, wie sie lachte. Das eben, das war nicht meine Intention, aber... ich konnte einfach nicht anders. Alles an ihr zog mich an. Es war wie-
"Atsumu, pass auf!"
Atsumu, pass auf?
Bevor ich wusste, was los war, knallte mir auch schon ein Ball gegen den Kopf.
"Aua.", murmelte ich und hielt mir meine Stirn.
"Du Idiot, wie kann man nur so dumm sein?", rief mein liebster Bruder von der anderen Seite des Feldes.
"Atsumu, ist alles in Ordnung?", fragte mich Aran und ich starrte ihn verwirrt an.
"Ja, geht schon.", stöhnte ich auf.
"Komm schon, Miya, Kopf hoch und weiterspielen!", rief unser Trainer Tarou Oomi mir vom Feldrand zu und ich verdrehte die Augen.
"Jaja.", grummelte ich. Ich war doch nur mit meinen Gedanken ganz woanders.
"Atsumu, bist zu sicher, dass alles okay ist? Du sahst sehr abwesend aus." Aran Ojiro, Außenangreifer und Vizekapitän des Teams, hatte eine  Hand auf meine Schulter gelegt. Ich sah ihn kurz an und rollte meine Schulter, um seinem festen Griff zu entkommen.
"Mir geht's gut. Habe nur über einen Test nachgedacht, den ich nächste Woche schreibe.", seufzte ich, bemerkte aber den argwöhnischen Blick, den mir mein Zwilling zuwarf.
"Du hast an V/N gedacht, nicht wahr?", fragte er, sodass es auch jeder hören konnte.
"Man, Samu, halt die Klappe!", keifte ich wütend.
"Wer ist V/N?", kam es jetzt auch noch von Michinari Akagi, unserem Libero. Ich fixierte Osamu mit einem wütenden Blick, als auch noch Rintaro Suna und Ren Omimi dazukamen.
"Sie ist niemand!", rief ich säuerlich, damit es diesmal auch wieder jeder verstand.
"Wenn sie so ein niemand ist, warum hast du dann an sie gedacht?", mischte sich jetzt auch noch unser Kapitän, Shinsuke Kita, ein.
Ich warf die Arme in die Luft. "Ihr könnt mich alle mal!", brüllte ich noch und stapfte aus der Halle.
"Atsumu, das Training ist noch nicht vorbei!", hörte ich die Stimme meines Bruders und auch ein paar andere Stimmen, die leiser sagten, dass er es gut sein lassen sollte, bevor ich die Hallentür zuknallen ließ.

Ich kickte einen Kieselstein weg, als ich genervt von meinen Teamkameraden über den Schulhof stapfte. Sollten die sich um ihren eigenen Kram kümmern. Ich raufte mir die Haare und stöhnte wütend auf. Wieso konnte sie nicht einfach zurück nach London fliegen? Wieder ganz weit weg, wo ich sie nicht erreichen konnte. Aber war es auch wirklich das, was ich wollte? Jetzt, wo sie wieder da war, wollte ich da wirklich, dass sie wieder verschwand? Ich konnte ja eh nichts machen. Man, war sie schon immer so unerreichbar?
"Tsumu!"
Ich drehte mich um. Mein Bruder kam auf mich zugejoggt und blieb genau neben mir stehen.
"Ich wollte nicht, dass mir jemand hinterherläuft.", stellte ich klar und Samu runzelte die Stirn.
"Du Idiot, ich wollte dir nur sagen, dass das Training früher zu Ende ist. Du bist eine ganze halbe Stunde über den Schulhof spaziert."
Ich musterte ihn nachdenklich und mein Blick fiel auf Halle 2 hinter Samu. "Komm mit, ich habe eine Idee."
"Herrje.", war die einzige Antwort, die ich kriegte, bevor ich mit meinem Bruder zu der Halle rüberging.

Wir gingen die Stahltreppe an der Seite der Halle hoch, um auf die Tribüne zu gelangen. Wenn unser Training früher geendet hatte, dann mussten die Mädchen noch in der Halle sein. Glücklicherweise war die Tür, die am Ende der Treppe auf die Tribünen führte, nicht abgeschlossen, sodass wir ohne Probleme reinkamen. Kaum hatte ich die Tür aufgemacht, konnte ich auch schon das Brüllen ihrer gruseligen Trainerin Yoko Fujiwara hören. Diese Frau machte mir echt Angst.
Samu und ich lehnten uns etwas gebückt an die Holzgeländer, von denen wir einen guten Blick über das Feld hatten.
"Was tun wir hier?", zischte Samu.
"Was wohl? Wir sehen Ihnen beim Training zu."
"Seit wann interessiert dich denn das Training der Mädchen?"
Ein böses Grinsen legte sich auf meine Lippen und ich wandte meinen Blick wieder dem Spiel unter uns zu. Sofort fiel mein Blick auf V/N. Sie stand mit breiten und leicht geknickten Beinen im hinteren Teil des Feldes - genau dort, wo ein Libero hingehörte.
"Du willst doch nur V/N sehen.", flüsterte mein Zwilling monoton und ich verdrehte die Augen.
"Sie hat uns damals verlassen, Samu. Ich will wissen, wie sie jetzt spielt."
"Du hast doch ihre Spiele im Fernsehen gesehen."
Ich richtete mich etwas auf und erwiderte leise: "Aber es ist doch viel interessanter, sie direkt spielen zu sehen."
Tatsächlich war V/N's Spielkunst über die Jahre unglaublich ausgereift. Sie hatte seit damals so viel dazugelernt und war besser geworden. Viel besser.
Mein Körper spannte sich an, als ein Ball von der einen Seite des Netzes direkt auf sie zuflog.
Komm schon, V/N, den kriegst du.

Ich hätte mich am liebsten selbst georfeigt für diesen Gedanken.
"Den kann sie unmöglich kriegen.", sagte Samu. "Nicht von der Stelle aus, wo sie gerade steht."
Das werden wir jetzt sehen.
Die Welt schien plötzlich stehengeblieben zu sein. Alles, was ich in diesem Augenblick sah, war V/N und der Ball, der in ihre Reichweite raste. Mein Bruder hatte recht. Normalerweise hätte sie den Ball nicht mehr gekriegt. Aber...
"Was?" Osamu keuchte überrascht auf und lehnte sich etwas weiter über die Brüstung, als der Ball plötzlich auf der anderen Seite des Feldes auf dem Boden aufprallte. Für ein paar Sekunden war alles still in der Halle und mit halbgeschlossenen Augen lächelte ich zufrieden. Sie hatte es immer noch drauf.
"Wie hat sie das geschafft? Dieser Schritt..." Samu sah mich mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Überraschung an. "Diesen Schritt kannst doch nur du.", fügte er leiser hinzu und ich stieß mich vom Geländer ab. Mein Bruder war nicht dumm. Es würde nicht lange dauern, bis er selbst drauf kam.
"Du hast ihr diesen Schritt beigebracht?", fragte er ungläubig nach nur wenigen Sekunden und mein Blick fiel wieder auf V/N, die gerade fast von der Kapitänin des Teams, Misaki Shoji, erdrückt wurde.
"Ja, kurz bevor sie das Land verlassen hat. Drei Monate hat es gebraucht, bis sie ihn nur halb so gut wie ich heute beherrschte.", sagte ich und ließ meine Augen dabei nicht von ihr ab.
"Du scheinst ja sehr stolz auf dich zu sein."
"Klappe!", fuhr ich ihn an und mein Bruder sah mich entnervt an. Erst dann bemerkte ich meinen Fehler. Alle Mädchen starrten jetzt dank meines kleinen Ausbruchs zur Tribüne hoch und einige fingen sogar an, zu kichern. Das konnte einem ja so auf die Nerven gehen. Naomi warf mir sogar verträumte Blicke zu und starrte die Mädchen, die gekichert hatten, böse an.
Ich hätte fast die Augen verdreht, doch dann glitt mein Blick wieder zu V/N, die mich mit zusammengepressten Lippen anstarrte. Ich lehnte mich mit einem Lächeln wieder auf die Brüstung und winkte ihr fröhlich zu. Sie schüttelte nur ungläubig den Kopf und stapfte, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen, in die andere Richtung davon. Kaum hatte sie mir den Rücken zugekehrt, verschwand mein Lächeln auch wieder und ein ernster Ausdruck schlich sich auf mein Gesicht.
Ich hatte nicht vergessen, worauf ich es wirklich abgesehen hatte. V/N wusste gar nicht, was ich damals durchgemacht hatte, als sie nach London ging, ohne uns etwas zu sagen. Der Satz Ich war am Boden zerstört war noch eine Untertreibung. Sie sollte dafür bezahlen und ich hatte nicht die Absicht, so schnell wieder von ihr abzulassen.

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Huhu, ich hoffe, dieses Kapitel hat euch gefallen, ansonsten Kritik gerne in die Kommentare✨

Ich bin nicht ganz so zufrieden mit diesem Kapitel, aber najaaa, was solls?

Das nächste Kapitel kommt dann vermutlich schon morgen<3

Bis dann❤️

   - A

Old Friends // (Atsumu x Reader) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt