17.

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YOUR POV

Grelle Lichter und zugleich Dunkelheit, Musik, die deinen ganzen Körper beben ließ, und verschwitzte Körper, die sich in einem wilden Tanz aneinanderrieben - ich war kein wirklich großer Fan von Partys.
Der Raum wurde nur von mehreren Scheinwerfern in unterschiedlichen Farben beleuchtet, an einer Wand war eine Bar, an der tatsächlich jemand Alkohol an Minderjährige verkaufte, und auf der anderen Seite stand ein Podest mir einem DJ. Die volle Montur also.
"Ich geh uns etwas zu trinken holen!", rief Misaki über den Lärm hinweg. Bevor ich ihr überhaupt meinen Getränkewunsch mitteilen konnte, war sie auch schon Richtung Bar verschwunden und zurück blieben nur Lucas und ich.
"Ich bin vermutlich gerade der einzige Nicht-Japaner hier!", rief Lucas mir ins Ohr und ich zuckte zusammen. "Entschuldige, habe ich dich erschreckt?"
"Nein, nein, alles gut! Ich bin es nur nicht gewöhnt, auf Partys zu gehen!"
"Kein Wunder, in London habe ich dich nie auf einer der Feiern gesehen, wo ich auch war!"
Ich zuckte mit den Schultern und spürte, wie mein Herzschlag sich dem Beat der Musik anpasste.
Es war ein lustiges Gefühl.
"Ich bin halt nicht so der Party-Mensch!"
Bevor Lucas etwas erwidern konnte, stieß mich jemand von hinten an und ich war froh, dass ich flache Schuhe trug.
Ich taumelte tollpatschig nach vorne und stolperte gegen eine andere Person, deren Rücken so hart war wie eine Backsteinmauer.
"Entschuldigung.", murmelte ich und bezweifelte, dass mich diese Person überhaupt gehört hatte.
"Du wirkst ein wenig fehl am Platz, kann das sein?", fragte diese Person zurück und ich zuckte zusammen. Ich musste mich verhört haben. Es war bestimmt so. Ich durfte mich einfach nicht umdrehen, dann würde alles gut werden.
Aber Lucas' böser Gesichtsausdruck verriet mir, dass nichts gut gehen würde. Ich wusste es, dieser Abend war ein Fehler.

"Ich weiß nicht, was du meinst.", sagte ich aufmüpfig zurück und drehte mich schwungvoll um.
Gut, dass ich diese Stöckelschuhe nicht mehr trage.
"Das hier ist kein Ort für dich.", flüsterte Atsumu in mein Ohr, nachdem er sich langsam zu mir runtergelehnt hatte. Sein Atem roch nach würzigem Alkohol und mir wurde plötzlich warm. Zu warm. Aber das lag nur an der Hitze hier drin.
Die Musik dröhnte in mein anderes Ohr und ich war mir sicher, dass niemand außer mir Atsumu gehört haben konnte.
"Woher willst du wissen, was für ein Ort für mich geeignet ist?", fauchte ich und spürte, wie mir mein Blut in den Kopf rauschte. "Wir haben uns ja schließlich fünf Jahre lang weder gesehen, noch gesprochen."
Ein kurzer, verletzter Ausdruck huschte über Atsumus Gesicht, der aber schnell wieder verschwand. Vermutlich war ich mit dieser Aussage zu weit gegangen.
"Hab noch einen schönen Abend, V/N.", erwiderte Atsumu mit kühlem Gesichtsausdruck und verschwand in der Menge.
"Das war harsch."
Ich drehte mich um. "Suchen wir Misaki.", sagte ich nur zu Luca und drängte mich zwischen den Menschen hindurch Richtung Theke. Dabei ignorierte ich das kleine, leere Gefühl in meiner Brust.

ATSUMU POV

Es hatte wehgetan. Es hatte verdammt nochmal wehgetan, so etwas aus V/N's Mund zu hören. Aber was konnte ich schon dagegen tun, sie hatte ja recht. Und ich hasste das. Ich hasste es, dass sie recht hatte. Und mit einem Mal bereute ich es. Ich bereute es, dass ich damals nicht versucht hatte, sie zu kontaktieren. Ich hätte ihr sogar einfach hinterherfliegen können, wenn ich meine Eltern lange genug angefleht hätte.
Ich hatte es ihr nie erzählt, aber nachdem ich von ihrer kurzfristigen Abreise erfahren hatte, bin ich zum Grab ihres Vaters gerannt. Seine Beerdigung war damals erst zwei Wochen her und sein Grab noch frisch. Ich hatte eine Blume auf seinen Grabstein gelegt, die ich auf dem Weg zum Friedhof gepflückt hatte. Dann hatte ich mich vor sein Grab auf den kiesigen Boden gesetzt und habe geweint. Ich wusste nicht mehr, wie lange ich dort saß, aber es war schon fast dunkel, als Samu mich fand und nach Hause schleifte.
Danach kam ich jeden Tag zu Akeno N/N's Grab.

"Tsumu? Ey, Atsumu!"
Eine Hand griff nach meiner Schulter und ein Ruck durchfuhr mich.
"Na, bischt du endlich wieder in die Wirklischkeit zurückgekehrt?"
Wütend sah ich zu unserem Vizekapitän rüber, der neben mir auf einem pupuren Sessel saß und freudig mit einer Flasche Bier in der anderen Hand hin und her wippte.
"Bist du betrunken?", rief ich zurück und warf meinem Bier, das ich kaum angerührt hatte, nur einen kurzen Blick zu.
"Nein, isch doch nischt.", lallte Aran und ich verzog das Gesicht. Das durfte doch wohl nicht wahr sein.
"Samu!", brüllte ich zu der anderen Seite der Sitzecke, wo unser Team es sich gemütlich gemacht hatte.
Mein Bruder saß mit einem Becher Wasser mir gegenüber und unterhielt sich mit Kita, der ebenfalls noch nüchtern zu sein schien.
Als Osamu mich hörte, drehte er den Kopf und sah mich fragend an. Mit dem Kopf nickte ich zu Aran, der fast im Sitzen einzuschlafen schien und mein Bruder verstand. Zusammen mit unserem Kapitän kam er zu uns rüber und half Aran auf die Füße, während dieser eine Reihe undeutlicher Proteste murmelte.
"Könnt ihr ihn nach Hause bringen?", fragte ich die beiden und sie nickten.
Ich half ihnen noch, Aran vor den Club zu bringen und dort mit ihnen auf ein Taxi zu warten, bevor ich mich wieder aufmachte, in die stickige Schwüle der Party zu kommen. Ich war gerade mit einem Fuß auf der Treppe, die wieder runter führte, als ich einmal tief Luft holte. Hier draußen war die Luft so viel angenehmer.
Ich wollte nicht wieder rein. Ich wollte am liebsten in die Sporthalle der Schule gehen und Volleyball spielen.
Mit V/N...
Ich schlug mir meine Handfläche an die Stirn bei dem Gedanken. Und dann kam eine Erinnerung in meinem Kopf hoch. V/N hatte nach dem Tod ihres Vaters angefangen, sich mit der Handfläche an den Kopf zu schlagen. Es wurde von einer Angewohnheit zu einem Tick, bis ihre Mutter sie zu einer Therapie schickte. Vielleicht wurde ihr der Druck der Therapeutin und der andauernde Schmerz des Verlustes ihres Vaters einfach zu viel und wurde somit zu einem Grund, das Land zu verlassen.
Ich fuhr mir durch meine Haare und seufzte.
Einen einzigen Blick. Ich würde nur noch einen Blick auf sie werfen, bevor ich mich mit einer Flasche - oder zwei - nach Hause schlich.

Sofort schlug mir die heiße Luft wieder ins Gesicht und Schweißperlen bildeten sich auf meiner Haut. Mühsam drängte ich mich zwischen die Menschen, obwohl mir eigentlich sofort hätte auffallen müssen, dass sie Platz für mich machen. Auf meinem gesamten Weg bis zu den anderen in der Sitzecke kam ich mit kaum einer anderen Person in Berührung.
Ich wollte gerade schon den anderen sagen, dass ich gehen werde, und noch kurz nach V/N Ausschau halten, als sich jemand an mich klammerte, als würde sein Leben davon abhängen.
"Tsumuuuuu!", dröhnte mir Naomis hohe Stimme ins Ohr und ich hätte am liebsten direkt mehrere Meter Abstand zwischen uns gebracht.
"Naomi, was willst du?", fragte ich genervt und hielt in der Menge nach einem kleineren Mädchen in einem schwarzen Kleid Ausschau.
"Ach Tsumuu, jetzt zier dich doch nich sooo. Wir wollten doch heude feiern.", lallte sie und fummelte an den Fransen ihres ziemlich kurzen Kleides.
Eindeutig betrunken.
Das konnte ich gerade am wenigstens gebrauchen.
"Hör zu, Naomi, ich will jetzt wirklich-" Bevor ich weiterreden konnte, rümpfte sie ihre Nase und gab einen angewiderten Laut von sich.
"Sieh dir nur dieses kleine Mischstück an, Tsumuu. Dieses Kleid passt überhaaaaauuupt nischt su ihr."
Ich drehte mich um und musste gar nicht erst suchen, sie fiel mir sofort ins Auge. Die Art, wie sich ihr Körper bewegte, wie sie ihre Arme dazu schwang - sie war einfach wunderschön. Aber sie gehörte nicht mir.
Und würde es wahrscheinlich auch nie tun.
Bei dem Gedanken zog sich meine Brust zusammen und ich ballte die Hände zu Fäusten. Neben V/N tanzten Misaki und Lucas ganz nah neben ihr und Letzterer nutzte dabei jede Gelegenheit, mit ihrem kleinen Körper in Berührung zu kommen. Das setzte meinen Körper in Flammen. Eine Wut überkam mich und ich wollte nichts mehr, als da rüber zu gehen und diesen Kerl - alle Kerle, die um sie herum tanzten - von ihr weg zu ziehen.
Die Tatsache, dass ich sie wollte, war unmissverständlich. Sogar Samu hatte mich gestern darauf angesprochen. Sie hatte mir wehgetan, hatte mein Herz damals zerbrochen in Kobe gelassen, als sie nach London flog, aber sie war jetzt hier. Nicht am anderen Ende der Welt und auch nicht paar Minuten Autofahrt entfernt in ihrem Zimmer zu Hause - nein, sie war hier im gleichen Raum wie ich. Und das machte es umso schwerer, mir das einzugestehen, was ich schon lange wusste.
"Weißt du was, Naomi?" Ich drehte mich zu der Spielerin um, die wie betäubt zu der lauten Musik mittanzte und atmete tief durch.
"Was issen?", schrie sie zurück und ich roch eindeutig ihre Fahne.
"Ich glaube, ich bleibe noch ein bisschen."

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Huhu,hier war auch schon das neue Kapitel✨

Ich hoffe, es hat euch gefallen, ansonsten Kritik wie immer gerne in die Kommentare

Ab morgen sind bei mir Ferien, das heißt, ich werde versuchen, jeden Tag oder jeden zweiten Tag ein neues Kapitel zu veröffentlichen<3

Bis dann❤️

   - A

Old Friends // (Atsumu x Reader) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt