18.

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YOUR POV

Ich wusste nicht mehr, wie lange ich schon tanzte. Irgendwann mußte ich wohl die Zeit aus den Augen verloren haben. Waren es schon zwei Stunden oder vielleicht drei? Es konnten auch nur fünf Minuten gewesen sein, ich wusste es nicht. Hier drinnen schien die Zeit irgendwie stillzustehen, obwohl sie außerhalb dieses Clubs normal weiterlief.
Alles drehte sich.
Misaki hatte wir irgendetwas in mein Getränk getan, denn ich fühlte mich auf einmal so unglaublich leicht und schwerelos. Es fühlte sich so an, als würden alle Probleme wie weggewischt. Und das fühlte sich gut an.
"Isch geh mir noch etwas zu trinken holen! Willst du auch wat?", schrie mir Misaki ins Ohr und ich musste bei dem Geruch von würzigem Bier, der mir entgegenschlug, kichern.
"Nein, ich habe schon genug!", rief ich zurück, während ich meine Hüften weiter zum Beat der Musik schwang. Mein Plan, komplett nüchtern zu bleiben, hatte sich erledigt. Aber ich war noch nicht dicht genug, um nicht noch meine Grenzen zu wissen. Ab jetzt hieß es kein Alkohol mehr an dem Abend.
Ich beobachtete, wie meine Freundin in der Menge verschwand und schloss die Augen, als ich meine Arme über meinen Kopf hob und mir durch die Haare fuhr. Sie fühlten sich feucht an vom Schweiß und sind strähnig geworden durch die stickige Luft hier drin.
Plötzlich kam eine Hand von hinten an meine Hüfte und ich zuckte zusammen.
"Ich bin's nur.", flüsterte Lucas in meine Haare und atmete einmal tief ein.
Ein Glucksen entwich meiner Kehle. "Was machst du da?"
"Du riechst gut.", kam es zurück und ich lachte auf, diesmal lauter.
"Ich soll gut riechen? Ich bin total verschwitzt."
"Das ist egal. Ich finde, du riechst gut."
"Du Spinner!", lachte ich und wäre beinahe an meiner eigenen Spucke erstickt, als Lucas seine Finger leicht in meine Rippen stieß und anfing, mich inmitten der tanzenden Menschenmenge zu kitzeln.
"Lucas, hör auf damit. Ich mein's ernst!", lachte ich lauter und versuchte, seinen geschickten Fingern zu entkommen.

Plötzlich griff er den Stoff meines Kleides und zog mich zu ihm hin.
"V/N...", flüsterte er, als er mir in meine dunklen Augen sah. In seinen braunen Augen spiegelte sich auf einmal so viele Emotionen wider.
So unglaublich viele...
Mein Körper kribbelte.
Ich dachte, es sei ein schönes Gefühl. Ein Gefühl, in dem man sich verlieren konnte, bis alles um einen herum verschwand. Aber ich wusste nicht, dass man sich in diesem Gefühl auch wie in einem schwarzen Loch verlieren konnte. Man fiel und fiel und fiel und man hörte gar nicht mehr auf zu fallen.
Und dieses Gefühl war nicht schön.
Auf einmal schien der ganze Alkohol aus meinem Blut weggewichen zu sein und ich spürte stattdessen das Adrenalin durch meine Venen pumpen. Wie vor einem Spiel.
Hatte ich schon erwähnt, dass mein ganzer Körper kribbelte? Als würden tausend Ameisen über meine Haut laufen.

"Lucas...", hauchte ich, als sein Gesicht  meinem immer näher kam.
Nein.
"Lucas?" Meine Stimme wurde immer leiser.
Nein, stopp.
"Was... machst du?"
Das fühlt sich nicht richtig an.
Und dann lagen seine Lippen auf meinen.
Es war ein zarter Kuss, nur eine Berührung zwischen unseren Lippen.
Aber ich spürte nichts. Ich fühlte mich taub. Selbst die Ameisen waren zur Ruhe gekommen.
Das ist der Alkohol. Anders kann es gar nicht sein.
Wir waren doch Freunde. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass er mich mal küssen würde.
Wieso? Wieso fühlte es sich so falsch an? Was stimmte nicht mir?
Lucas war ein attraktiver Kerl, keine Frage, aber... ich mochte ihn nur freundschaftlich.

Ich wollte mich gerade wieder zurückziehen, als Lucas brutal nach hinten gerissen wurde.
Die tanzenden Menschen teilten sich wie ein Schwarm Fische, wenn ein Hai durch sie hindurch schwamm, und um ehrlich zu sein, ein Hai wäre mir gerade lieber gewesen.
"Atsumu, was zum Teufel?", schrie ich und starrte auf den blonden Zuspieler, der Lucas mit all seiner Kraft auf den Boden drückte. "Lass ihn sofort los!"
Yap, jetzt bin ich auf jeden Fall wieder nüchtern.
Bei Atsumu war es anscheined das genaue Gegenteil. Er selbst konnte kaum das Gleichgewicht halten, als Lucas ihn von sich runter schubste und beide wieder auf die Füße kamen.
"Was ist dein Problem!", rief Lucas und auch seine Stimme klang ein wenig anders als sonst.
"Mein verdammtes Problem bist du!", rief Atsumu genauso laut zurück und die beiden wollten gerade wieder aufeinander losgehen, als ich mich direkt zwischen sie stellte.
Und währenddessen lagen meine Augen nur auf Atsumu. Aber nur, weil er sich am wenigsten beherrschen konnte. Auch damals hatte er sich immer mit Osamu und auch anderen Kindern aus der Nachbarschaft geprügelt.
"Hört auf, sofort!", schrie ich fast schon hysterisch und sah kein einziges Mal von dem Blondhaarigen weg.
Um uns herum hatte sich schon längst ein großes Publikum gebildet und in einer Ecke konnte ich sogar einige Mitglieder des Volleyballclubs erkennen - sowohl von den Jungs, als auch von den Mädchen.
Nur Osamu, Aran Ojiro und ihren Teamkapitän konnte ich nirgends entdecken. War vielleicht auch besser so. Wer weiß, in was für Schwierigkeiten Atsumu stecken würde, wenn sie das mitbekämen. Obwohl ich bezweifelte, dass das bei den vielen gezückten Handys nicht lange unentdeckt geblieben wäre.

Old Friends // (Atsumu x Reader) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt