Wie gewohnt saß Reich auf der Couch, las ein Buch und hörte seinem Plattenspieler zu. Neben dem Möbelstück war ein großer Stapel Papier, das meiste waren bereits bearbeitete Dokumente. Reich war in sein Buch vertieft, während der beruhigende Jazz ihn daran hinderte, die Atmosphäre zu früh fallen zu lassen. Doch wie es das Schicksal eben wollte klingelte das Telefon. Es quengelte beinahe um die Aufmerksamkeit des Deutschen, bis dieser doch sein Buch zu klappte, aufstand und den Plattenspieler abschaltete. Etwas beunruhigt durch die plötzliche Stille fing Reich an sich mehr auf die Umgebung zu konzentrieren. Das Telefon machte weiter Krach, denn sein Besitzer hatte sich immer noch nicht auch nur annähernd in seine Richtung bewegt. Einen Moment verstummte es, aber diese absolute Stille hielt nicht lange. Kurz danach klingelte es wieder. Reich konnte sich dazu bringen, in den Flur zu gehen und den Hörer zu heben. ,,Hallo?" - ,, Hallo, Reich? Ich bin's.". Der Deutsche wollte nicht sagen, er bereue es, den Anruf angenommen zu haben, aber er freute sich auch nicht darüber. ,, Was brauchst du?" - ,, Wegen dem Meeting heute. Mein Waagen hat eine Panne, und ich wohn ziemlich weit weg von der nächsten Bus- oder Bahnstation. Würdest du mich möglicherweise abholen?" - ,, Natürlich, kein Problem. Ich hole dich zwanzig Minuten vorher ab. Wo wohnst du?" - ,, Karl-Marx-Straße, im Osten, ist das einzige Haus dort." - ,, In Ordnung. Dann bis später." . Sofort legte reich auf. Er konnte UdSSR nicht mehr zuhören, ohne das Gefühl zu haben, sich übergeben zu müssen. Natürlich wusste er, dass es wirklich unhöflich war, und dass solches Verhalten seinen guten Ruf zerstörte.
Wenige Stunden danach fuhr Reich mit seinem Auto zum Osten. Es war wirklich leer, nur wenige Häuser tauchten auf. Wenn, dann waren es die von Ländern, die Reich kannte. Dann sah Reich am Waldrand ein Haus, es war weder pompös noch schäbig. Mittelmaß, wie Reichs Frau gesagt hätte. Wenn sie noch leben würde, machte Reich sich klar. Reich ließ den Druck auf das Gaspedal etwas nach, dadurch wurde das Auto langsamer. Ein Stechen bildete sich in Reichs Körper, es zog sich von seinem Kopf bis zu seinem Magen. Die Luft im Auto schien dicker als zuvor. Ein unangenehmer Tinnitus bildete sich in seinem Ohr, und er hielt an, bis Reich am Haus anhielt. Es war, wie der Russe beschrieben hatte, das einzige in der Karl-Marx-Straße, und auch das einzige weit und breit. Reich hatte vor einigen Sekunden noch gedacht, der Kommunist hätte ihn angelogen. Er stieg aus, steckte den Autoschlüssel ein, und ging zum Haus. Der Deutsche klingelte an der Tür, und von drinnen ertönte kindliches Gequengel. Ein zerknitterter Sowjet öffnete die Tür, sein Sohn hielt sich, mit dem von Reich bereits bemerkten Quengeln, an dem Bein seines Vaters fest. ,, Hallo, Reich.", meinte der Ältere müde. Mit einem leichten Schmunzeln sagte Reich : ,, Ebenfalls hallo. Ist das dein Sohn?"- ,, Ja, der bin ich. Mein Name ist Russland, sind Sie Herr Reich?", antwortete der Junge mit einem breiten Lächeln. Reich fiel ein, dass Russland wohl Geburtstag hatte. ,, Bist du heute nicht das Geburtstags Kind?" - ,, Ja, und deshalb möchte ich, dass Papa bliebt.", erzählte Russland, und sah seinen Vater eingeschnappt an. Der Deutsche sah den Vater und dann dessen Sohn an. Daraufhin griff er in seine Jacketttasche, und fischte einige Münzen heraus. Russland stand auf, und formte seine Hände zu einer Schale, in die Reich grinsend die Münzen legte. ,, Ich hatte gestern kaum Zeit noch etwas zu besorgen.", sagte der Deutsche, und beide lächelten sich an. Sowjet sah Russland nach, wie er sein Geschenk wegbrachte. ,, Danke, dass du daran gedacht hast.", bedankte UdSSR sich, und drehte sich wieder zu Reich. Dieser antwortete nur: ,, Nichts zu danken". Russland kam erfreut zurück. ,, Ich würde dann los, aber ich bin heute Abend spätestens zurück.", versprach Sowjet und umarmte seinen Sohn nochmals. Danach setzten beide sich in Reichs Auto. ,, Bleibt Russland jetzt allein? Passt deine Frau nicht auf ihn auf?", fragte Reich und startete den Motor. Sowjet seufzte etwas schwer. ,, Nein, ich bin Alleinerziehend. Meine Frau, Afghanistan, hat uns verlassen, vor 4 Jahren.", erzählte der Russe mit gebrochener Stimme. Reich musterte seinen Beifahrer nur stumm, nicht in der Lage, in Worte zu fassen, was er dachte. Er schwieg, in der Absicht, Sowjet nicht allzu sehr zu kränken. Beide fuhren, das spielende Radio als Stimmungshalter, zu einem Gasthof nahe dem Wald, in dem auch das Meeting stattfinden sollte. Wieder wurde die Luft schwer, weshalb Reich tief ein- und ausatmete. Sowjet bemerkte dies natürlich. ,, Ist alles in Ordnung?", fragte der Russe, in einem leicht besorgten Ton. Der Fahrer des Fahrzeugs antwortete nicht, sondern konzentrierte sich auf die Straße. Es waren zwar nur noch wenige Meter, jedoch war die Straße ziemlich veraltet. Nach und nach beruhigte sich Reich wieder. ,, Reich? Darf ich dich etwas fragen?", sagte UdSSR und hatte bereits bemerkt, wie es Reich wieder besser ging. Der Deutsche umklammerte das Lenkrad gestresst, stimmte aber mit einem knappen : Ja, zu. Sowjet zögerte einen Moment, fragte dann aber: ,, Warum hast du eine Augenklappe? Entschuldige, falls es zu persönlich ist, aber..." - ,, Mutig, dass du fragst, aber ich fürchte, dass es so ist.", murmelte Reich und sah ihn mit glänzenden, feuchten Augen an. Der Ältere nickte verständnisvoll. Sie redeten nicht weiter, bis sie am Gasthof ankamen. Alle waren nervös und gereizt, aber die beruhigende Atmosphäre ließ die erhitzte abkühlen. Aber Reich war immer noch aufgewühlt, weil UK eine Rede halten sollte, die er nicht geschrieben hatte, sondern der Deutsche. Dieser verließ die Gruppe für einige Momente, um ins Badezimmer zu gehen. Dort zog er eine kleine Dose hervor, um seine Medikamente einzunehmen. Eigentlich hatte der Arzt ihm beinahe verboten, diese zur Beruhigung zu nehmen, aber Reich war natürlich jemand, der die Regeln gerne brach. Einziger Nachteil : grauenhafte Kopfschmerzen, möglicherweise tagelang. Dafür waren die Tabletten aber auch unangenehm stark.
Als das Meeting vorbei war, gingen alle zufrieden aus dem Raum. Selbst Reich. Alle standen vor dem Gebäude, andere waren schon gefahren. Der Deutsche stand an seinem Auto und rauchte, während er auch UdSSR wartete. Dieser kam wenige Minuten später. Beide setzten sich ins Auto. Es war kälter geworden, natürlich, die Jahreszeit wechselte. ,, Als Russland 3 Jahre alt war, war hier in der Gegend der See gefroren.", erzählte Sowjet mit einem breiten Lächeln, ,, Er war etwas zu klein, um richtig zu fahren, aber es sah wirklich lustig aus." - ,, Ich kann mich auch an den gefrorenen See erinnern. Aber einige Jahre davor, bin ich mit-", Reich stockte und erzählte nicht weiter. ,, Tut mir leid, Reich. Ich wollte nicht-"- ,, Nein, nein. Es ist...in Ordnung.", wägte Reich gelassen ab. Schließlich kamen beide wieder bei Sowjets Haus an, wo Russland schon ungeduldig am Fenster stand. Es fing an, leicht zu regnen, weshalb Reich etwas langsamer fuhr. ,, Also.", sagte Sowjet und machte die Autotür auf, ,, Ich bedanke mich dafür, dass du mich mitgenommen hast.". Reich nickte: ,, Gerne.". Der Russe stieg aus, winkte Reich nochmal, und verschwand in seinem eigenen Haus, wo Russland ihn bereits im Flur begrüßte. Er umarmte seinen Vater und schielte zu Reich. Beide lächelten sich einen Moment an. Doch im nächsten Augenblick sah Reich etwas ganz anderes vor sich. Jemand anderen.
Es regnete in Strömen. Die Schritte des kleinen Mädchens konnte man nur als lautes Platschen wahrnehmen. Ihre Kleidung war bereits durchgeweicht, ihre Schulmappe drohte ebenfalls vollkommen nass zu werden. Ein lautes Schniefen hallte durch die Straßen, während sie sich bemühte, nicht los zu weinen. Das deutsche Mädchen hielt ihre Mappe fest in den Armen. Bis zu ihrem Zuhause war es nicht weit, aber bisher war sie bereits eine Weile gelaufen. Eigentlich sollte jemand sie abholen, aber jeder schien viel zu beschäftigt zu sein. Als die Wachen sie sahen, liefen sie auf sie zu. ,, Ist Vati da?", rief sie von weitem, und als Reich mit seinem Auto auf den Hof fuhr, lächelte seine Tochter ihn genauso an.
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Fighter | Countryhumans FF | Thirdunion | IFBGacha
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