|Nightmares|

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Ich wünsche euch ein schönes Wochenende :)
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,,Ich brauche deine Hilfe." Es war mitten in der Nacht und stockfinster. Über mir stand Barnes, die Augen rot und seine Haut glänzend vor Schweiß. Doch ich selbst sah um nichts besser aus. Ich hörte wie unser beider Herzen im Einklang schlugen. So schnell wie ein panischer Vogel auf der Flucht. Ich setzte mich auf. Mit jeder Sekunde wurde meine Atmung ruhiger und ich realisierte die Situation. Barnes hatte wie ich selbst einen Albtraum gehabt. Qualvolle Erinnerungen würde es auch beschreiben. Die Narbe, die sich über mein Schlüsselbein zog und die mittlerweile feine Narbe, die sich über mein Gesicht zog spürte ich in solchen Nächsten besonders stark. Als würde jemand in meinem unruhigen Schlaf diese mit den gleichen Waffen nachfahren, mit denen sie mir gemacht wurden. Ich schüttelte meinen Kopf und fuhr mit meiner Hand unauffällig über diese Stellen.

,,Wobei brauchst du meine Hilfe?" Unruhig setzte sich Barnes mir gegenüber, mit dem Rücken dem Fenster gewandt. Er wusste, dass ich nicht auf dem Bett schlafen konnte und fragte auch nicht. In den letzten Tagen wurden die Albträume schlimmer. Drei Stunden Schlaf pro Nacht, mehr war mir nicht vergönnt. Und es tat mir leid, dass ich nicht gesehen hatte, dass es ihm genauso ging. ,,Die Albträume hören nicht auf, Acrasia. Sie werden schlimmer." Ich konnte es an seiner verzweifelten Gestik sehen. Ich sah die Angst in seinen Augen. Und ich spürte ihn an meinem eigenen Leib. ,,Steh auf.", sagte ich und befolgte selbst meine Aufforderung. Die Decke rutschte dabei von mir herunter und blieb auf dem Boden liegen. Unsicher hob er den Kopf. ,,Na los.", ermutigte ich ihn.

Langsam tat er wie verlangt und noch bevor er fragen konnte, schlang ich meine Arme um ihn. Ich wollte ihm zeigen, dass ich da war. Dass ich ihn und seinen Schmerz sah. Und dass ich ihn nicht loslassen würde. Für einen Moment blieb er steif wie ein Statue stehen, rührte sich keinen Zentimeter. Dann zog er mich so nahe an sich und schlang seine Arme um mich, dass kein Blatt zwischen uns Platz hätte. Er zitterte vor Angst und ich spürte den Drang, jeden zu ermorden, der ihm das angetan hat. Doch in diesem Moment zählte nur das Wissen, dass er nicht alleine war. Ruckartig löste er sich von mir und fuhr sich durch die Haare. ,,Du musst mir helfen, Acrasia." Seine Stimme war tief, verzweifelt und leise.

,,Wie kann ich dir helfen?", fragte ich, den kurzen stechenden Schmerz in meiner Brust ignorierend. ,,Du kennst die Worte. Lösche meine Gedanken, mach was auch immer nötig ist, damit ich nicht mehr auf sie reagiere." Trotz seiner Verzweiflung war seine Stimme so stark, als stünde er Hydra selbst gegenüber. ,,Ich kann Dinge nur zeitweise aus Köpfen entfernen." Deshalb konnte ich dich nicht davor bewahren, wieder die Kontrolle zu verlieren. Weil ich es nicht geschafft habe. Weil mich meine Erinnerungen zerrissen haben. Doch diese Worte sagte ich nicht. Diese Worte würden meinen Mund nicht verlassen.

,,Aber es gibt eine Möglichkeit. Es dauert lange und wird nicht einfach." Ich überlegte genau, wie ich ausdrückte, was ich meinte. ,,Das ist mir egal." Ich nickte langsam. ,,Jedes Wort. Stück für Stück." Obwohl das nur die grobe Erklärung war, schien er zu verstehen. ,,Du musst die Kontrolle über die Worte übernehmen. Du musst sie unschädlich machen." Stille brach nach meinen Worten über uns herein. Ich wagte es kaum zu atmen. Je wacher ich wurde, desto tiefer sickerten meine eigenen Worte auch in mich hinein. Er musste seiner größten Angst gegenübertreten. Zehn Mal. Mehrere Tage oder möglicherweise Wochen während wir ständig der Gefahr laufen, Hydra gegenüber zu stehen. Für seine Freiheit.

Ich war bereit, dieses Risiko einzugehen. Aber war er das auch? ,,Fangen wir an. Du kennst die Wörter." Unauffällig biss ich mir auf die Lippe. Dann nickte ich. ,,Sehnsucht." In dem Bruchteil einer Sekunde, nachdem ich das russische Wort aussprach spannte sich sein ganzer Körper an. Ich setzte mich auf den Boden und ließ die kalte Luft über meine erhitzte Haut fahren. Nun hieß es warten. Wie eingefroren stand Barnes da und starrte einen Punkt hinter dem Bett an. Ich musste warten, bis er wieder zu sich fand. Diese Trigger-Wörter durften ihn nicht aus der Bahn werfen. Also musste sein Kopf verstehen, dass die Worte nichts auslösten. Hört er eines dieser Worte, versteht sein Körper nur Schmerz und Leid.

Barnes bewegte sich. Ein paar Mal blinzelte er in der Dunkelheit und er sah sich um, bis er mich auf dem Boden vorfand. ,,Alles in Ordnung. Atme durch. Wenn du weitermachen willst, wird das eine sehr lange Nacht und ein sehr unangenehmer Tag für dich." Das war mein voller ernst. Sein Körper verstand Schmerz und war er sonst gefesselt würde sein Körper möglicherweise selbstständig werden und versuchen, die Quelle dieser Worte zu stoppen. Ein Wort reichte, um diesen Impuls hervorzurufen. Er nickte, atmete zitternd aus und wieder ein und nickte erneut.

,,Verrostet." Wieder wurde sein Körper zu einer Statue. Wieder stand die Angst und der Schmerz in seinen Augen. Wieder zitterten seine Muskeln vor Anspannung. Eine Frage brannte sich auf die Innenseite meines Kopfes, während ich wartete und ruhig die Zeit verstreichen ließ. Erst Minuten, dann vergingen Stunden. Bereits vorher hatte er Albträume gehabt. Nie hatte er die Worte erwähnt. Möglicherweise hatte er schlichtweg seine Meinung geändert. Doch was war in seinem Albtraum diese Nacht geschehen, dass er um jeden Preis und so schnell wie möglich die Worte vergessen wollte?

Mindless | Bucky Barnes FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt