[18.05.2021]
„Es ist doch Freudentränen, oder?", hakte Marcel nach und legte dabei eine Hand auf meinen Rücken. Ich war grundsätzlich kein Mensch, der Körperkontakt suchte, weil Körperkontakt der erste Weg war um jemanden näher an sich ranzulassen, als man sollte, aber gerade jetzt konnte ich über meine Ängste hinwegsehen und es tatsächlich genießen.
Ich drehte meinen Kopf zu ihm und rieb mir die Nasenwurzel, auf welcher eine Schicht der verflossenen Tränen lag.
„Ja", antwortete ich heiser. Marcels Lächeln wurde etwas breiter, so sanft und so herzlich, dass ich keine Zweifel hatte, dass es echt war.
„Ich freu mich wirklich für dich!", ließ er mich wissen.
Ich weiß
Eigentlich wollte ich genau das sagen, aber da übermannten mich ein weiteres Mal die Gefühle und statt Worten wählte ich Taten, indem ich mich auf Marcel stürzte und ihn in eine feste Umarmung zog. Im ersten Moment taumelte er perplex zurück, bevor er mir hilflos auf den Rücken klopfte, das allerdings schnell einstellte und mich stattdessen enger an sich zog, als hätte ich ihm jetzt mit meinen Gefühlen angesteckt.
Ich wollte etwas sagen. Ich wollte so viel sagen.
Dass er mein Leben gerettet hatte.
Dass ich ihn dafür lieb hatte, dass er 2018 beschlossen hat nach Nuris Abgang unsere damals so schwache Freundschaft nicht im Sand verlaufen zu lassen, sondern so unendlich viel Geduld mit mir hatte, um eine wirkliche Freundschaft aufzubauen.
Ich wollte ihm sagen, dass er mir gleichwertig mit Kuba war beziehungsweise mir mittlerweile sogar näher war als Kuba und zwar nicht, weil Kuba und ich uns auseinandergelebt hatten, denn das hatten wir nicht, sondern weil Marcel nun einen festen Wohnort in meinem Herzen hatte. Ich wollte ihm sagen, dass er einen unfassbaren Stellenwert für die Mannschaft hatte, selbst ohne Einsatzminuten. Ich wollte ihm sagen, dass, wenn mich alle Legende nannten, dass er mindestens genauso eine große Legende war.
Ich wollte ihm sagen, dass ich dankbar war, dass wir uns kannten, dass er Teil meiner elf Jahre beim BVB war und ich wollte sagen, dass er sie süßer gemacht hatte.
Ich wollte ihm das alles sagen, weil ich mir nicht sicher war, ob er es wusste.
Aber ich konnte es nicht sagen. Weil gerade der falsche Zeitpunkt dafür war und weil ich nicht wusste wie. Sprache war eine feine Sache, wenn man sie zu nutzen wusste und ich war mir nicht ganz klar, ob ich es konnte. Also hielt ich ihn einfach im Arm und hoffte, dass die Umarmung ausreichte, damit er verstand, dass er mir nicht nur irgendwie wichtig war, sondern dass er einer der wichtigsten Sachen in meinem Leben war. Und wer wusste schon, vielleicht ergab sich die Chance, um die Worte doch noch zu sagen.
„Komm, ich will nicht auch noch heulen!"
Marcel drückte mich sanft von sich weg und sah mich dann aus glasigen Augen an, in welchen sich mein Gesicht spiegelte. Ich lächelte breit.
„Warum? Auch dein letzter Pokal mit dem BVB"
Das Strahlen wich aus Marcels Gesicht und ich wusste, dass ich die falschen Worte gewählt hatte. Ein Beweis dafür, dass ich eben nicht wusste, wie mit Sprache umzugehen war.
Auch wenn Marcel sich für mich freute. Völlig ohne Einfluss gingen die letzten Jahre nicht an ihm vorbei. Nach Tuchel war es immer weiter bergab gegangen und nun spielte er gar nicht mehr - irgendeinen Einfluss hatte es auf ihn, auch wenn er es unfassbar gut kaschieren konnte.
„Sorry", murmelte ich und sah herab auf unsere Füße. Er stand locker, ich stand angespannt mit meinen Füßen dicht beieinander, wie so oft.
„Füße auseinander, ich bin's!", hatte Marcel die gleiche Erkenntnis und trat mit seinem Fuß zwischen meine, sodass sie sich unwillkürlich auseinander schoben.
„Und du musst dich für nichts entschuldigen, du kannst nichts dafür, dass die Situation ist, wie sie ist!"
Aber ich habe das Gefühl, dass du eine Entschuldigung verdienst und wenn niemand dir eine gibt, gebe ich es halt
Geben und nehmen - Freundschaft
„Es ist auch dein Pokal. Vielleicht nicht der Pokal nach dieser Saison, aber es ist der Pokal für 13 Jahre BVB!"
Zum Abschluss boxte ich ihm in die Schulter und ich wusste nicht genau welcher Teil meiner Worte, aber irgendein Teil brachte das Strahlen in Marcels Gesicht zurück.
„Ich hab dich lieb, Vladi!"
Wir hatten das noch nie gesagt. Und doch fühlten sich die Worte so familiär an, als würden wir sie ständig benutzten. Und viel wichtiger noch fühlten sie sich nicht nur familiär an, sondern auch richtig.
„Ich hab dich auch lieb", erwiderte ich deswegen.
Dann kam mir auf einmal eine Idee.
„Gib dein Trikot her!", forderte ich und streckte meine Hand aus.
„Was?", prustete Marcel lachend los.
„Gib dein Trikot her!"
„Wtf, warum sollte ich?"
„Ich ziehe es an, also gib dein Trikot her!"
„Vladi, lass stecken!"
„Marcel, entweder du gibst mir ein Trikot oder ich flitzte in die Kabinen und hole mir selbst eines"
„Dann tu das mal", lachte Marcel und schob sich seine Hände in die Taschen. Er überblickte den Platz, der von lautem Grölen der Mannschaft gefüllt war und ich sah zwar nicht, wie er wieder zu mir blickte, aber ich konnte mir seinen Gesichtsausdruck nur zu gut vorstellen, wie er irritiert alles absuchte, als ich auf einmal nicht mehr da war.
Denn ich war auf dem Weg hinunter, um das zu tun, was ich eigentlich nie tat: etwas um Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Ich war eigentlich nie ein Sportler gewesen, der viel für Aufmerksamkeit tat, als auf höchsten Niveau zu spielen. Sonst hatte ich nie irgendwelche fremde Trikots getragen, es sei denn die ganze Mannschaft tat es einheitlich. Aber gerade hier, gerade jetzt verspürte ich das dringende Bedürfnis Marcels Stellenwert noch einmal selbst zu verdeutlichen.
„Jo Piszczu, falscher Weg! Raus geht's da lang!", wurde ich auf dem Gang von Sebastian abgefangen, der gerade ziemlich hastig an mir vorbei lief und auf den Ausgang deutete.
„Jaja, komme gleich...", ich stolperte über meine eigenen Füße und tänzelte an ihm vorbei.
„Ich komme gleich wieder!", sang ich und stieß mit meinem Rücken die Tür in die Kabine aus. Sofort stieß mir der strenge Geruch entgegen, den wir in der Pause hier hinterlassen hatten, aber das war mir egal. Ich lief direkt zu Marcels Platz und riss das Ersatztrikot vom Hacken. Noch auf dem Weg zurück zum Feld zog ich es mir über uns zupfte es mir so zurecht, dass es möglichst wenig zwickte, auch wenn zwei Trikots übereinander eng waren.
Als ich die Treppen wieder hoch trabte, musste es Schicksal sein, dass Marcels Augen die ersten waren, die ich sah. Ich grinste stolz und auch er fing kopfschüttelnd an zu lachen. Neben ihm stand mittlerweile Mats, der sich auch zu mir drehte und dessen Gesicht eine tiefe Zufriedenheit übersäte, als er mich sah, als hätte er innerlich dafür gebetet, dass ich so etwas tat. Ich musste nicht einmal fragen, ob ich das richtige tat, denn mein Gefühl war so stark, dass ich die Antwort schon kannte.
„Du bist ein Idiot!", schrie er mir übers halbe Feld zu, als ich zu ihnen joggte.
„Ich finde es auch schön, dass es dir gefällt!", grinste ich und sah zu Mats. Er klopfte mir auf die Schulter, rüttelte mich leicht und dann zog er mich an sich.
„War eine gute Idee!", hauchte er mir ins Ohr und ich warf ihm einen Blick zu, der so viel aussagen sollte, wie: ich weiß.
Wir unterhielten uns über das Spiel, um etwas runterzukommen, auch wenn ich nicht das Gefühl hatte, als ob ich das überhaupt wollen würde. Mats reichte mir seine Wasserflasche, denn ich war halb am verdursten, aber das war dann auch die größte Besonderheit des Ganzen.
Dann hörte man irgendwann Pfiffe und Erlings mächtige Stimme, die die Mannschaft zusammentrommelte, da es an der Zeit war den Pokal entgegenzunehmen.
Brav reihten wir uns nebeneinander auf und ich genoss das letzte Mal in Reih und Glied zu stehen, zwischen Mats und Marcel, wo mein liebster Platz in der Mannschaft war. Immer wieder warf ich ihnen Seitenblicke zu, während RB Leipzig die Silbermedaille entgegen nahm. Mats und mein Blick traf sich und ich sah den Schatten von Trauer über sein Gesicht huschen. Eine Trauer, die mit vermissen zu begründen war und irgendwie füllte sich meine Brust mit einer wohligen Wärme, weil Mats Trauer zeigte, dass nicht nur er mir so unfassbar viel bedeutete, sondern ich ihm auch.
„Piszczu zu erst!", rief dann Jadon aus der Reihe, als die Ehrung der Zweitplatzierten ein Ende gefunden hatte.
Mich überraschten Jadons Worte zugegeben nicht wirklich. Es war irgendwo absehbar gewesen und dementsprechend widersetzte ich mich auch nicht, als Marcel und Mats mich nach vorne schubsten und ich unter Applaus meiner Kollegen, die rechts und links aufgereiht standen zu den Treppen schritt. Ich genoss das Gefühl, als wäre man ein König, so wie alle einen bejubelten und ließ die Eindrücke auf mich wirken, auch wenn die leeren Tribünen etwas traurig waren. Ich entdeckte zwischen den Gesichtern Watzke, der mich an einen stolzen Vater erinnerte. Eine Rolle, die er über die Jahre irgendwie für mich eingenommen hatte. Er hatte mich in gewisser Art und Weise großgezogen, so wie es auch Kloppo, Nobby und Zorc getan hatten. Menschen hatten recht, wenn sie eine Mannschaft als Familie betitelten. Vielleicht gab es keine genauen Rollen, wie Mutter, Vater, Kind, aber es gab Liebe und Zusammenhalt und mehr brauchte es nicht, um das Wort Familie zu definieren.
Zusammenhalt
Ein weiteres Mal machte es Klick und ich hielt in einem Atemzug inne. Ich zweifelte, dass jemand es bemerkte, aber die nächste Sekunde weilte in meinem Kopf länger.
Liebe
Ich drehte mich um und fing mit meinem Blick wieder Marcel ein.
Keine Chance, dass nur ich den Applaus für Leistungen einfangen würde, die wir beide gezeigt hatten.
Ich winkte Marcel zu mir, der sofort hastig den Kopf schüttelte, aber Mats eilte mir zur Hilfe, indem er Marcel ebenfalls vorschob. Und war er erst einmal in dem gebildeten Gang, wusste er, dass er unmöglich weglaufen konnte. Er stellte sich hinter mir, warf mir ein berührtes Lächeln zu.
Mit Marcel hinter mir hatte ich nicht länger das Gefühl etwas vergessen zu haben.
So nahm ich also das letzte Mal die erste Treppe in Richtung des Gold schimmernden Pokals, der so intensiv strahlte, dass es mich schon blendete.———
Took a couple more days
But
MATHE
ich hab so schiss hahah, but one last time und dann is für dieses Schuljahr Schluss.
Sonst bin ich a bit emotional geworden, der 2. Teil ist mehr Schmelle und Lu und es kann sein, dass sich in meinem Schreiben gerade eine Tendenz zu Mats x Lu x Schmelle bildet, weil ich mich nicht länger zwischen den drei Friendships getrennt entscheiden kann und joa
I hope you like it und ich hoffe, dass ihr threesome mögt, weil die Shortstory vermutlich darauf hinauslaufen wird. Ich weiß immer noch nicht in wie vielen Kapitel das mündet, falls es zu viele werden schreib ich das als separate Story (well...)
But bislang würde ich mich halt weiterhin über Feedback freuen und falls ihr die drei zusammen mögt, ich habe eine Story zu den beiden offen auf dem Account, es würde mich freuenhoneybadger26 🐝
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fussball oneshots ; boyxboy ✔︎
FanfictionWeil es noch nicht genug gibt, hier ein weiteres Fußball OS Buch