Als Gemma mich freudig zu ihrem Geburtstag eingeladen hat und betonte, dass sie nur mit ihren engsten Freunden feiern möchte, habe ich keinen weiteren Gedanken mehr daran verschwendet, was passieren sollte, falls mir das zu viel wird. Denn normalerweise verstehe ich unter „enge, wenige Freunde" nicht, dass man sich bloß zum vorglühen in ihrem Zimmer trifft, um dann in einen Pub zu gehen, um dort weiter zu feiern.Dementsprechend überrumpelt bin ich auch gewesen, als Gem ankündigt, dass Ansel und ein paar andere Leute sehnsüchtig auf unsere Ankunft im Colorado's warten. June klatscht nach dieser Neuigkeit freudig in die Hände und erhebt sich von dem Fußboden aus Gemmas kleinem Wohnheimzimmer. Ich, die noch immer regungslos neben ihr an dem Bett lehnt, sieht sich hilfesuchend im Raum um -obwohl mir eindeutig bewusst ist, dass ich das Heilmittel gegen meine aufkommende Panik definitiv nicht hier finden werde.
Die anderen beiden Mädchen, die Gemma eingeladen hat, sind beide total lieb. Liv ist in ihrem Musikseminar und spielt, -laut Gem, atemberaubend Klavier. Dass besagte Liv nach diesem Kompliment etwas errötet ist, lässt sie mir noch sympathischer werden. Malia, die vierte und letzte in unserer Runde ist Ansels „kleine" Schwester, obwohl die beiden Zwillinge sind. Die markante Gesichtsform ist bei ihr nicht so extrem ausgeprägt wie bei ihrem Bruder, allerdings haben sie das gleiche dunkelbraune Funkeln in den Augen.
Als June mich mit ihrem Fuß anstubst, zucke ich etwas benommen zusammen und blicke fragend zu ihr hoch. Ihre Stirn ist gerunzelt und sie blickdeutet auf Gemma, die mich ebenfalls fragend ansieht. Oh Gott, ich bin so weggetreten gewesen, dass ich keine Ahnung habe, was die letzten Minuten in diesem Raum gesagt wurde.
„Sorry, was hast du gesagt?", ich räuspere mich und stehe ebenfalls auf, atme dabei so tief wie möglich ein und aus. Dann werfe ich June ein Lächeln zu, weil sie mich noch immer mit dem Stirnrunzeln und der Sorge in ihren Augen anblickt.
„Ach nichts, Elle. Abmarsch! Das Gute am Colorado's ist, dass es nur ca. zehn Gehminuten sind und wir uns nicht mal ein Taxi bestellen müssen." Hm, total gut, super!
***
Sobald Gemma ihren Freund an der Theke entdeckt, wirft sie sich ihm in die Arme. Als sie dabei ein aufgeregtes Quieken von sich gibt, unterdrücke ich ein Lachen. Sie hat schon ordentlich vollgetankt, bevor wir überhaupt das Wohnheim verlassen haben. Aber ich kann es ihr nicht verübeln, schließlich wird man nur einmal im Leben einundzwanzig und damit offiziell international volljährig.
Ich verstecke meine Hände in der oversized Jeans-Jacke, die ich trage und sehe mich im Pub um. Es ist nicht so rauchig, stickig ... und ekelhaft wie ich es mir vorgestellt habe. Eher im Gegenteil. Die Bar ist im urban-style eingerichtet und verbreitet eine total gemütliche Atmosphäre. Die Sitznischen sind etwas abgedunkelt, über jedem Tisch ist eine tiefhängende Lampe befestigt, die die Umgebung in ein warmes, schummriges Licht taucht. Der Barbereich sieht extrem cool aus. In dem Regal hinter der Theke stehen nicht nur unendlich viele Gläser und Alkoholflaschen, sondern auch Schwarz-Weiß-Bilder aus den 50er Jahren. Der große Billardtisch fällt erst in mein Blickfeld, als ein Jubeln aus dem hinteren Bereich in meine Ohren dringt.
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unpainted faces
Romance"Du kannst dir dein Gesicht nicht bemalen und dann ernsthaft denken, dass ich da nicht durchblicken würde, Elle." Ich habe meinem Vater noch am ersten Tag der High School versprochen, dass ich genau den Menschen helfe, die sich ihre Gesichter nicht...