Einatmen, ausatmen.Eintauchen und wieder hinauf kommen. Wie in Trance. Weil ich mein Leben lang nichts anderes gemacht habe. Wieder tief einatmen, dann in die Hocke gehen, mich mit den Versen vom Boden abstoßen und die Wasseroberfläche durchschneiden. Verdammt nochmal bewusst dabei atmen. Immer atmen. Die Luft ganz tief aufnehmen, damit man so viel wie möglich davon unter Wasser hat. Als kleines Kind hatte ich immer ein wenig Probleme damit, mir das Atmen richtig einzuteilen, weil ich jedes Mal beim weinen fast hyperventiliert habe.
„Du darfst dich nicht zu sehr drauf konzentrieren, Ellie. Dein Körper macht das automatisch, und wenn du dich zu sehr darauf fokussierst, gerät dein Rhythmus ins Wanken." Das ist Jamies weiser Tipp gewesen. Und genau die Worte sind es, die mir im Kopf herum spuken, als ich die Augen öffne und augenblicklich den Schmerz an meinem Hinterkopf wahrnehme.
Weil ich absolut keine Ahnung habe, was in den letzten Minuten passiert ist, ich aber weiß, dass ich mich nicht zu sehr in mein Atmen hineinsteigern soll, versuche ich mich abzulenken, die Augen so gut es geht über das Spektakel wandern zu lassen.
„Shit, Elle." Mit der Stimme, die dicht neben mir ins Ohr dringt, bemerke ich auch, dass sich mein Oberkörper gar nicht mehr auf dem feuchten Asphalt befindet, sondern von Tate angehoben wird.
„Kannst du aufstehen?", Seine Augen suchen mein Gesicht nach Anzeichen für meinen Zustand ab. Schmerzen aus dem hinteren Teil meines Kopfes bahnen sich in Form eines stechenden Pochen ihren Weg bis zu meiner Schläfe.
„Ich weiß nicht", gestehe ich, hoffe dabei inständig dass sich meine Stimme fester anhört, als ich es wahrnehme. Nach Tastes wechselndem Gesichtsausdruck nach zu urteilen eher nicht, weil er sich vorsichtig darum bemüht, mir hoch zu helfen.
Ein älterer Mann packt meinen anderen Arm und macht mich somit auch auf die restlichen Menschen, die sich das Spektakel angesehen haben, aufmerksam. Sobald ich mich bedanke und dem Mann versichere, dass es mir gut geht, lässt er mich los und weil Polizeisirenen gefolgt von viel zu lauten Menschenstimmen immer klarer in meine Ohren gelingen, sehe ich Tate, der mich noch immer stützt und abwartend mustert, hilfesuchend an. Ohne dass ich etwas sagen muss, nickt er und legt mir einen Arm um die Taille um sich so schnell wie möglich einen Weg aus der Menschenmenge zu bahnen.
„Wie geht es deinem Kopf? Wir sollten ins Krankenhaus- Tut dir sonst noch etwas weh?" Sobald wir einen Block entfernt stehen bleiben, und Tate mich loslässt, um mich ausführlich zu betrachten, sprudeln die Worte nur so aus ihm heraus.
Ich schließe kurz die Augen und versuche mich, so gut es eben geht, zu sammeln, um Tate irgendwie abschütteln zu können. Als sich seine Hand aber wie aus dem nichts an meine Wange legt, reiße ich die Augen viel zu schnell wieder auf, sodass kurz kleine schwarze Punkte vor meinem geistigen Auge herum schwirren.
„Deine Wange beginnt schon sich blau zu verfärben." Konzentriert streicht er mit seinen Fingern über meine Haut und obwohl ich dabei eigentlich vor Schmerzen zusammenzucken sollte, ist alles, woran ich denke, die Wärme seiner verdammten Hand und die Intensität seines Blickes. Was zum Teufel?
„Ich muss nicht ins Krankenhaus", bemühe ich mich einiger Maßen kontrolliert heraus zu bringen. Ich schüttle sogar leicht den Kopf, damit Tate endlich von mir ablässt.
„Du bist komplett durch den Wind, Elle. Ich lasse dich jetzt ganz sicher nicht alleine." Er fährt sich mit der Hand durch die Haare und tritt einen Schritt zurück. „Du siehst, -abgesehen davon, dass du gerade einfach so umgekippt bist, aus, als hättest du seit ner Woche oder so nicht geschlafen." Die Art und Weise wie er es sagt, als wäre es ein Vorwurf, macht mich wütend.
DU LIEST GERADE
unpainted faces
Romance"Du kannst dir dein Gesicht nicht bemalen und dann ernsthaft denken, dass ich da nicht durchblicken würde, Elle." Ich habe meinem Vater noch am ersten Tag der High School versprochen, dass ich genau den Menschen helfe, die sich ihre Gesichter nicht...