22. Quälende Verwandlung

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Das erste was ich fühlte war der Schmerz in meinem ganzen Körper. Alles fühlte sich noch taub an und mein Kopf drohte zu zerplatzen. Dieses Gefühl erweckte sofort wieder Erinnerungen. Schlechte Erinnerungen. Und an diese wollte ich mich nie wieder erinnern. Ich hatte sie so gut verdrängt und dennoch sind sie ein Teil von mir. Sie werden wohl niemals mehr weggehen. Sie werden immer irgendwo in mir drin stecken, ob ich will oder nicht.

Langsam öffnete ich meine schweren Augenlider. Ich konnte mich noch daran erinnern, dass Nath und ich im Wald waren. Und dann wurde plötzlich auf uns geschossen. Mit kleinen Pfeilen in denen Betäubungsmittel war. Was mir Angst machte, war die Tatsache, dass ich wahrscheinlich schon genau wusste von wem wir beschossen wurden. Als ich langsam meinen Kopf anhieb, bestätigte sich auch diese Tatsache. Ich war eingesperrt in einem kahlen Raum der mir nur allzu bekannt vorkam. Ich war wieder im Labor.

Um mich herum waren nur Gitterstäbe. Ich war in einem kleinen Käfig eingesperrt. Es dauerte noch einige Minuten, bis ich wieder die komplette Kontrolle über meinen Körper erlangt hatte und auf allen Vieren stand. Ich war immer noch in meiner Wolfsgestalt. Ich beschloss auch vorerst so zu bleiben.

Denn ich war nicht mehr das ängstliche, schwache Mädchen von damals. Ich hatte nun Selbstvertrauen dazugewonnen und wusste wie ich mich verteidigen konnte. Außerdem habe ich nun gute Gründe für mein Leben zu kämpfen. Ich habe in den letzten Wochen viel dazugelernt und viele nette Menschen kennengelernt, denen ich vertrauen kann. Besonders Nath. Ich würde absolut alles für ihn machen. Selbst wenn es mein Leben kosten würde.

Plötzlich sprang die Tür auf und ich wusste genau wer er war. Der Boss dieser Organisation. Ich konnte mich noch ganz genau daran erinnern das ich mir geschworen hatte ihn eines Tages umzubringen, als ich von hier geflüchtet bin. „Ahhh, jaaaa! Schön dich endlich wieder zu sehen A01!“, begrüßte er mich mit einem Lächeln.

A01. Diesen Namen hatte ich ewig nicht mehr gehört. Es jagte mir einen Schauer über den Rücken. Doch ich war nun nicht mehr Experiment A01. Ich war Cara. Nur Cara. Ich knurrte ihn leise an. „Oh oh! Du hast da draußen wohl ziemlich viel Selbstvertrauen dazubekommen! So kenne ich dich doch gar nicht. Aber... Wie dem auch sei. Du fragst dich sich wo den hübscher Menschenfreund hin ist, stimmts?“, fragte er mich. Sofort wurden meine Augen größer und mir fiel erst jetzt auf, dass er ja gar nicht in diesem Raum war.

„Weißt du... Wir haben dir vorher etwas Blut abgenommen. Immerhin warst du immer unser bestes Experiment. Deshalb dachten wir wir starten einen neuen Versuch mit deinem Blut. Dein lieber Freund hat die erste Injektion deines Blutes schon bekommen. Er wird sich also hoffentlich bald verwandeln. Außer er ist nicht stark genug. Dann stirbt er wohl“, erzählte er emotionslos.

Mein Herz pochte wie verrückt. Deshalb hatte er Nath auch mitgenommen? Er will ihn zu einem seiner Experimente machen?! Ich kann es kaum glauben. Nath... Er hat mein Blut bekommen. Es besteht also die Gefahr, dass er entweder zu einem Werwolf wie ich wird, durchdreht, oder stirbt, weil sich sein Körper dagegen wehrt.

Ich sprang wütend gegen die Gitterstäbe und knurrte ihn an. Er fing an gruselig, laut zu lachen und ging dann mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht. Dieser... gottverdammte Verrückte muss endlich sterben! Egal wie! So jemand wie er, hat nichts in dieser Welt zu suchen!

Scheiße! Ich konnte absolut gar nicht dagegen machen. Außerdem ist Nath jetzt nur wegen mir in dieser Situation. Wäre ich nicht bei ihm gewesen, ginge es ihm jetzt gut. Doch wahrscheinlich leidete er gerade an höllischen Schmerzen, da mein Blut seinen ganzen Körper zu verändern begann. Es tut mir so unendlich leid! Ich will gerade einfach nur bei ihm sein... Es ist einfach alles meine Schuld! Ich muss ihm doch irgendwie helfen können!

POV Nathan:

Dieser Mann von vorhin hatte mir gewaltsam eine Spritze ins Bein gejagt, ohne dass ich mich verteidigen konnte. Nun brannte mein ganzer Körper und ich konnte kaum noch klar denken. Das einzige, woran ich gerade denken konnte war an Cara. Sie muss gerade völlig verängstigt sein, da sie sich erneut in der gleichen Situation befindet wie fast ihr ganzes Leben lang. Sie hatte sich zu so einer schönen Frau entwickelt und war nach und nach immer mehr bereit zu lernen. Sie hat immer wieder ihre Grenzen erweitert und sich uns angepasst. Sie ist einfach etwas ganz besonderes und diese Stärke Bindung die wir entwickelt haben scheint schon unzertrennlich zu sein.

Es gibt nichts mehr, was ich nicht für sie tun würde. Sie ist mein Ein und alles geworden und ich möchte sie nicht mehr leiden sehen. Und erst recht nicht hier sterben sehen. Dann wäre ich der schlechteste Mensch auf der ganzen Welt. Ich könnte mir kein Leben mehr ohne sie vorstellen. Das wäre unmöglich...

Wie ich sie kenne, macht sie sich wahrscheinlich gerade Vorwürfe, mich nicht beschützt zu haben. Aber ich möchte endlich einmal sie beschützen. Immer wieder hatte sie mich vor den Wolfangriffen beschützt. Und nicht nur mich alleine. Sie hatte das Leben zahlreicher Leute im Einkaufszentrum gerettet. Ohne sie wären deutlich mehr Menschen gestorben. Vermutlich auch Kinder. Sie hat ein gutes Herz und kämpft immer um ihr bestes zu geben. Sie ist einfach nur unglaublich!

Die Tür ging auf und ein Mann kam fröhlich summend herein. Ich sah schon von weitem, dass er nicht mehr ganz dicht im Kopf zu sein scheint. Da war ja sogar ich gerade noch klarer bei Verstand. „Was... Was haben sie mir gegeben?“, fragte ich angestrengt. Sie hatten mich in eine Art Zelle gesperrt.

Der Arzt sah mich an und richtete seinen Kittel. „Das... mein Lieber, war Werwolfsblut von Experiment A01“, sagte er. Meinte er damit Cara? Ja, sie muss es sein. „Ihre kleine Freundin scheint ziemlich wütend zu sein. Sie haben sich wohl etwas zu gut um sie gekümmert.“
„Cara hat ein besseres Leben verdient! Sie haben keine Ahnung davon, wie man Menschen behandelt. Sie verwenden sie nur und werfen sie schlussendlich weg wie tote Ratten!“, sagte ich wütend. Mein Puls schoss in die Höhe und mein Körper begann durch die Wut noch mehr zu brennen. Die Schmerzen gingen bis ins unermessliche.

Ich stöhnte schmerzhaft auf. Ich schwitzte am ganzen Körper und mir war schlecht. „Aha, ich sehe...“, hörte ich ihn sagen. Die Lautstärke seiner Stimme wurde mal lauter mal leiser. Mein Gehör spielte verrückt.

Allein seine Stimme machte mich unglaublich wütend. Dann geschah es plötzlich. Mein Körper veränderte sich schmerzhaft und ich dachte, dass dies mein Ende sein wird. Ich dachte nur noch verzweifelt an sie. Cara. Und dann hörte plötzlich alles auf. Die Schmerzen waren weg. Ich fühlte mich auf einmal viel stärker. Ich sah die Welt mit anderen Augen. Mein Gehörsinn war empfindlicher als je zu vor und ich konnte auch Gerüche feststellen, die ich noch nie in meinem Leben gerochen hatte. Langsam sah ich an mir runter.

Pechschwarzes Fell und große Pfoten mit dunklen langen Krallen.

Ich war ein Werwolf.

Experiment A01Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt