Kapitel 12: Wolfsgeheul

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Es hörte die ganze Zeit nicht mehr auf zu regnen was ziemlich lästig war. So hatte sich das Mr King sicherlich nicht vorgestellt, doch das konnten wir nun auch nicht ändern. Zwischendrin ging er jedoch noch einmal herum und gab uns Essen sowie Trinken mit in die Zelte. Ich bereute es, dass ich kein Buch mitgenommen hatte, denn nach zehn Minuten langweiligen herum Sitzens und lauschen des Regens wurde ich ganz verrückt.

»Wir können uns auch unterhalten«, sagte Damien, der im Schneidersitz neben mir saß und die Zeltplane anstarrte. Ich hatte eigentlich keine Lust darauf, doch alles war besser als weiter stumm herumzusitzen und darauf zu warten, dass es aufhörte zu regnen.

»Okay, und über was?«, stimmte ich also zu. Zufrieden lächelte er und überlegte.

»Wo kommst du her?«

»Passe«, gab ich als Antwort. Ich hasste diese Standard fragen. Ich hatte zu oft meinen Wohnort gewechselt. Ich wollte darüber nicht reden. Schon gar nicht wollte ich an meine Heimatstadt denken, auf deren Friedhof meine Mutter begraben war.

»Ach komm schon, das ist doch eine ganz einfache Frage«, drängte er mich. Ich seufzte und schüttelte den Kopf.

»Dann können wir es auch lassen«, sagte er genervt und legte sich auf die Seite.

Ich war eine schlechte Redepartnerin, dass wusste ich, doch seine Reaktion war trotzdem ein wenig übertrieben. Es war 17 Uhr und wir würden noch eine ganze Weile im Zelt verbringen. Es graute mir davor. Ich hätte gerne mit Damien geredet, aber ich wusste nicht was ich sagen sollte. Wir hätten über alles Mögliche reden können, nur nicht über meine Vergangenheit. Das war zu einem Tabu-Thema von mir geworden.

Mehrmals dachte ich darüber nach ihn anzusprechen und vorzuschlagen über etwas anderes zu reden, doch letztlich verwarf ich den Plan immer wieder. Ich hatte einfach ein mulmiges Gefühl dabei. Wahrscheinlich hätte er dann nur noch mehr Fragen zu meiner Herkunft und allem von damals gehabt und genau das wollte ich eigentlich vermeiden. Also schwieg ich einfach weiter.

Als ich nach einer Weile Schritte vor dem Zelt hörte sah ich hoffnungsvoll auf.

»Avianna?«, hörte ich Tobis Stimme und ich merkte wie Damien neben mir genervt stöhnte. Ich ignorierte ihn und öffnete die Zelt Plane. Tobi stand mit einem Schirm vor dem Eingang, doch seine Hose hatte trotzdem schon wieder einige Spritzer abbekommen.

»Komm doch rein«, sagte ich. Es war mir egal, dass ich Damien eigentlich nach Erlaubnis hätte fragen müssen. Außerdem hätte ich ziemlich blöd dagestanden, wenn er es abgelehnt hätte.

Dankbar zog Tobi seine Schuhe aus und stellte sie zu meinen in die Ecke. Seinen Schirm legte er ebenfalls dazu. Er ließ sich neben mir auf meinen Schlafsack fallen und ignorierte Damien ebenfalls. Irgendwas musste zwischen den beiden vorgefallen sein, denn ich dachte eigentlich, dass die beiden gute Freunde wären. Ob es um dasselbe Thema ging, wie zwischen Damien und Melodie?

»Mit wem bist du eigentlich in einem Zelt?«, fragte ich, da ich die Gedanken an diese Fragen vertreiben wollte. Außerdem wollte ich nicht weiter der Stille, oder wohl eher nicht das dumpfe Geräusch des Regens, lauschen.

»Mit Nick.« Ich wusste zwar nicht wer das war, nickte aber trotzdem einfach. Ich kannte zwar alle Kursmitglieder vom Sehen her, kannte aber fast niemanden beim Namen.

»Ist er nett?«, fragte ich, um das Gesprächsthema nicht zu verlieren.

»Ja, an sich schon, aber er hat gerade noch zwei weitere aus unserem Kurs mit im Zelt und das wurde mir jetzt zu eng.« Noch bevor ich etwas antworten konnte, mischte sich Damien mit ein.

»Ach und deshalb stiehlst du uns jetzt den Raum im Zelt, oder was? Und gehst uns zusätzlich noch auf die Nerven?!» Seine Stimme klang nicht mehr nur genervt sondern richtig wütend weshalb ich ein wenig zusammen zuckte. Er wirkte sehr bedrohlich, wenn er so wütend war. Zur Sicherheit rutschte ich ein Stück von ihm weg und näherte mich dafür Tobi. Er bemerkte das und legte schützend einen Arm um meine Schultern.

Avianna Hope - im Land der Wölfe | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt