Kapitel 16: Allein

192 16 0
                                    

Meinem Vater hatte ich die Sache mit dem Bären und dem Wolf nicht erzählt. Ich sagte ihm am Montagmorgen einfach nur, dass der Ausflug gut gewesen war. Er musste sich ja nicht unnötig Sorgen um mich machen. Schließlich war ich bei der Sache noch ganz gut weggekommen.

Am Nachmittag des Montags wurde ich jedoch von meinem nicht sonderlich begeistert dreinblickenden Vater empfangen.

»Was ist los? Ist etwas passiert?«, fragte ich und stellte meine Schultasche auf dem Boden ab.

»Ob etwas passiert ist? Meine Tochter wird von einem Bären attackiert und ich bekomme von ihr am Morgen nur zu hören, dass der Ausflug gut war?!« Er war so aufgebracht, dass es mir für einen kurzen Moment die Sprache verschlug.

»Woher weißt du das?« Ich ließ mich auf dem Stuhl in der Küche nieder und mein Vater tat es mir nach.

»Woher ich das weiß? Dein Biologie Lehrer hat vor einer Stunde hier angerufen und sich nach deiner Gesundheit erkundigt. Was glaubst du denn, wie ich dastand als ich von nichts wusste? Ich wollte meinen freien Tag heute eigentlich genießen und dann erfahre ich sowas?!« Mit hochgezogener Augenbraue sah er mich erwartungsvoll an.

»Es tut mir leid, aber es geht mir gut. Ich wollte dir den Tag nicht versauen, deshalb habe ich nichts gesagt.« Eigentlich war das gelogen. Ich wollte überhaupt nicht, dass er etwas davon erfährt. Ich wollte nur meine Ruhe haben und nicht mehr daran denken müssen.

»Wann hattest du eigentlich vor es mir zu sagen?«, fragte er und ließ sich weit in dem Stuhl zurücksinken.

»Morgen. Entschuldige. Darf ich bitte hochgehen? Ich muss noch Hausaufgaben erledigen.« Er seufzte, ließ dann aber von mir ab, sodass ich in mein Zimmer gehen konnte.

Ich hatte tatsächlich mal Hausaufgaben aufbekommen. Doch die Englisch Aufgabe war nicht so schwer, sodass ich sie schnell erledigen konnte.

Den ganzen Tag über war ich ein wenig deprimiert gewesen und genauso endete auch mein Abend. Die Schuldgefühle gegenüber dem Wolf schienen mich aufzufressen.

In der ganzen restlichen Woche war ich immer allein, genauso wie am Montag. Tobi ließ mir den Freiraum, den ich brauchte und sonst hatte ich niemanden. Vielleicht hätte Damien noch mit mir geredet, doch er war nicht da. Es hieß das er krank sei, doch niemand wusste was er hatte. Ich bekam nur mit wie Melodie zu einem Lehrer sagte, dass er für längere Zeit krank sein wird. Das bereitete mir schon etwas Sorgen, doch mein Kopf war mit so vielen Informationen gefüllt das ein Wirbelsturm aus Gedanken entstand.

Die Einsamkeit störte mich daher nicht. Die Nachmittage verbrachte ich damit zu putzen, das Geschirr zu spülen und zu lesen. Da wir nun auch mal Hausaufgaben bekommen hatten und ich in Biologie einen Vortrag über Schwarzbären halten musste war ich da auch vertan. Erste Arbeiten standen auch an, somit waren meine Abende mit Lernen belegt. Mein Vater äußerte sich dazu nicht weiter. Für ihn war es normal das ich nicht viel raus ging oder etwas mit Freunden machte. Vielleicht schob er es auch einfach auf den Bärenangriff.

Die zweite Woche nach dem Ausflug war ich auch noch allein. Damien war immer noch nicht wieder da. Niemandem schien das weiter aufzufallen. Ich jedoch fand es seltsam. Wie krank musste man sein, dass man so lange fehlte und niemand wusste was man hat? Darüber zerbrach ich mir oft den Kopf, kam aber zu keinem Ergebnis. Wie so oft, wenn ich über irgendetwas nachdachte, was ihn betraf.

In der Woche darauf war er auch noch nicht wieder zurück. Ich hatte lediglich am Montag mit meinen Blicken das Schulgelände nach ihm abgesucht. Die anderen Tage hatte ich darauf verzichtet, da ich mir denken konnte, dass er immer noch nicht da war. Tobi näherte sich mir allerdings langsam wieder und half mir, wo er nur konnte. Er versuchte wahrscheinlich immer noch die Sache von dem Ausflug wieder gut zu machen. Ich akzeptierte es und nahm seine Hilfe dankend an. Ich hatte die Hoffnung, dass wir wirklich Freunde werden könnten. Allerdings ohne weitere Überraschungsküsse. Er stimmte mir da erst einmal zu worüber ich ganz zufrieden war. Als ich ihn aber nach Damien gefragt hatte wurde seine Miene wieder dunkler und er blockte ab. Er meinte nur er wüsste nicht was er hat. Er log, soviel war mir klar. Es war nicht zu übersehen, dass alle aus seiner Gruppe Bescheid wussten, was los war.

Avianna Hope - im Land der Wölfe | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt