Kapitel 24: Rettung

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»Atmet sie?« Ich nahm mehrere panische Stimmen um mich herum war. Wenn das der Himmel war, dann war es nicht so schön wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Mein Kopf schmerzte als würde er jeden Moment zerspringen. Auch meine Arme und meine Beine taten weh als würden sie mit mehreren Nadeln gleichzeitig zerstochen werden.

Ich merkte, wie mich jemand auf etwas weiches ablegte. Ich hatte keinerlei Orientierung, ich wusste nicht mal, ob ich die Stimmen um mich herum kannte. Trotz geschlossener Augen schien sich alles um mich herum zu drehen.

»Avianna? Hörst du mich?« Langsam wurden die Geräusche klarer und ich konnte auch die Stimmen deutlicher verstehen.

»Damien?«, fragte ich vorsichtig. Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und meine Kehle schmerzte beim Reden.

»Ja ich bin hier. Es tut mir so leid. Es wird alles wieder gut. Wir kümmern uns um dich.« Am liebsten hätte ich sie darum gebeten, dass sie meinen Vater gerufen hätten, doch ich war zu schwach, um etwas zu sagen.

»Sie hat vielleicht eine Gehirnerschütterung«, nahm ich die Stimme von Tyler wahr.

»Wir müssen erst mal die Scherben aus ihren Beinen und Armen entfernen und dann müssen wir ihr trockene Sachen anziehen«, hörte ich Tobi sagen.

»Wir ziehen sie um«, meldete sich Emily von meiner linken Seite. Mit wir meinte sie sicherlich Melodie und sich. Doch mir war alles recht, solange ich mich dabei nicht bewegen musste.

Ich merkte wie meine Jeans vorsichtig zerschnitten wurde. Mehre Hände machten sich an meinem Körper zu schaffen und entfernten die Splitter aus meinem Körper. Ich sah nicht was sie taten, meine Augenlider waren zu schwer, um sie zu öffnen. Ich nahm nur den Schmerz war, wenn sie eines der Teile aus mir herauszogen. Ein stechender Schmerz und jedes Mal schien mein Puls dabei mehr in die Höhe zu schießen. Noch dazu bebte mein Körper und fühlte sich eiskalt an. Wie gerne hätte ich ein Schmerzmittel gehabt, doch das war nicht möglich, zumindest nicht unter den Umständen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit des Leidens ertönte wieder Damiens Stimme.

»Wir haben alle. Zieht sie vorsichtig um. Emily, ihr sollten ein paar Sachen von dir passen.«

»Klar«, antwortete sie und ich hörte wie die anderen das Zimmer verließen und die Tür hinter sich schlossen.

»Du musst nichts sagen Avianna. Es ist alles gut. Wir ziehen dir gleich ein paar Sachen von Emily an, damit du trocken bist. Du musst dich nicht bewegen. Wir werden vorsichtig sein.« So fürsorglich war Melodie mir gegenüber noch nie gewesen, doch ich war ihr unendlich dankbar dafür. Vielleicht konnte ich meine Meinung ihr gegenüber doch noch ändern.

Ganz vorsichtig, als wäre mein Körper sehr zerbrechlich, zogen sie mir die nassen Sachen aus. Das sie mich nun nackt sahen war mir auch egal. Langsam trockneten sie mich mit Handtüchern ab und wickelten auch meine Haare in eins ein. Dann zogen sie mir langsam Unterwäsche und anderes wieder an. Um es einfacher zu machen, wählten sie eine weiche Jogginghose und einen lockeren Pullover. Unterwäsche hatten sie mir jedoch trotzdem angezogen, wodurch ich mich gleich etwas wohler fühlte. Es war sehr bequem in Emilys Klamotten und angenehm warm, sodass ich das Gefühl hatte mich nun wirklich entspannen zu können.

»Wir sind fertig. Versuch ein wenig zu schlafen«, hörte ich Emily sagen und die beiden verließen wieder den Raum. Doch jemand neues kam wieder rein und setzte sich neben meinen Kopf. Ich spürte, wie die Matratze etwas einsank. Mein Kopf wurde vorsichtig angehoben und wieder abgelegt. Ich lag nun höher, vermutlich lag ich auf den Beinen von jemandem.

»Schlaf ruhig. Ich bin bei dir«, vernahm ich die Stimme von Damien. Dann sank ich in einen tiefen und traumlosen Schlaf.

Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, aber Damien war immer noch da. Mein Kopf schmerzte noch ein wenig, aber bei weitem nicht mehr so sehr wie zuvor. Langsam begann ich meine Augen zu öffnen. Sie brannten noch ein wenig, wahrscheinlich weil ich sie unter Wasser geöffnet hatte. Als ich ein paar Mal geblinzelt hatte wurde meine Sicht wieder richtig klar. Ich sah Damien an. Seine Augen waren geschlossen und er atmete ruhig und gleichmäßig. Er schlief und sah dabei wunderschön aus. Als ich versuchte mich langsam zu bewegen merkte ich, dass er meine Hand festhielt. Automatisch begann ich zu lächeln.

Als ich versuchte mich aufzurichten kehrte das Gefühl in meinen Gliedmaßen zurück und somit auch die Schmerzen.

Die Tür ging leise auf und Tyler sah hinein. Als er merkte das ich wach war kam er auf mich zu.

»Wie geht's dir?«, fragte er leise und legte mir seine Hand auf die Stirn. Sicherlich wollte er testen, ob ich Fieber hatte.

»Ich habe Schmerzen.« Ich würde es eh nicht verstecken können also rückte ich gleich mit der Wahrheit heraus.

»Das ist verständlich. Ruh dich noch weiter aus. Emily und Melodie sind gerade in die Apotheke gefahren und holen dir jetzt Tabletten gegen die Schmerzen und Heilsalben.«

»Wie spät ist es?« Ich hatte immer noch kein Zeitgefühl. Aber wenn die beiden jetzt noch in der Apotheke waren konnte es noch nicht allzu spät sein.

»Es ist 19.30 Uhr.«

»Scheiße«, fluchte ich leise, um Damien nicht aufzuwecken. Fragend zog Tyler eine Augenbraue nach oben.

»Mein Dad hat keine Ahnung, wo ich bin.«

»Keine Sorge. Du hattest dein Handy zum Glück noch im Rucksack, der in Damiens Auto war. Rick hat es geschafft dein Passwort zu knacken und hat deinem Vater eine Nachricht geschickt. Er hat ihm geschrieben das du mit Melodie und Emily etwas unternimmst und noch nicht weißt, wann du zurück sein wirst. Er war einverstanden. Wir wussten nicht wie dein Vater auf Jungs reagieren würden und haben deshalb nur die beiden erwähnt.« Ich nickte. Das klang logisch. Über die Sache mit dem Passwort würde ich später jedoch noch mit Rick reden.

«»er hat mich gerettet?«, fragte ich als nächstes. Ich hatte davon nichts mitbekommen.

»In erster Linie Damien. Ich war aber mit. Wir sind euch sofort hinterhergefahren. Glaub mir, das war kein schöner Anblick als du mit dem Auto die Brücke runter gestürzt bist. Ich bin schnell ausgestiegen und habe noch versucht Cody zu erwischen. Aber ich hatte keine Chance, er ist wahnsinnig schnell. Ich habe es aufgegeben und bin mit runter zum Fluss gekommen. Damien hatte dich da schon rausgeholt und war gerade dabei dich wiederzubeleben.«

»Was?«, vor Entsetzen versuchte ich gleich mich ein wenig aufzurichten, doch Tyler drückte mich behutsam wieder zurück und ich legte meinen Kopf wieder auf Damiens Schoß ab.

»Dein Herz hatte aufgehört zu schlagen. Das war alles andere als witzig. Uns ist ein Stein vom Herzen gefallen als du wieder geatmet hast und dabei haufenweise Wasser ausgespuckt hast. Aber du warst sehr schwach, also haben wir dich sofort hierhergebracht.« Ich nickte.

Ich hatte erst wieder etwas mitbekommen, als ich schon hier war. Da kamen dann meine Gedanken und mein Bewusstsein langsam wieder zurück.

»Ich denke es ist am besten, wenn Rick deinem Vater schreibt das du bei den Mädels übernachtest. Es sei denn du möchtest ihm deine Verletzungen erklären«, bemerkte er, als ich nichts weiter sagte.

»Okay, kannst du ihn dazu aber bitte herholen?« Er nickte und verließ langsam wieder den Raum.

Damien musste wirklich müde sein, er bekam überhaupt nichts von unseren Gesprächen mit. Selbst als ich mich ein bisschen bewegte merkte er nichts davon.

Rick kam mit meinem Handy in der Hand ins Zimmer und kniete sich neben das Sofa, auf dem ich lag.

»Okay, was soll ich ihm schreiben?«, fragte er. Mein Handy hatte er schon entsperrt und war bereits in dem Chat mit meinem Vater drin. Er war wirklich gut, dass musste ich ihm lassen.

»Schreib ihm das ich bei Melodie und Emily übernachte, es mir gut geht und mich morgen wieder melde.« Er nickte, tippte schnell und schickte die Nachricht ab.

»Wie hast du mein Passwort rausbekommen?«, fragte ich fassungslos. Das war der eigentliche Grund, wieso er herkommen sollte.

»Es ist nicht sonderlich einfallsreich das eigene Geburtsdatum zu nehmen«, sagte er mit einem Grinsen im Gesicht.

»Erinnere mich daran, dass ich später mein Passwort auf etwas schwierigeres ändere.« Ich lächelte ihn dabei an und versuchte die Stimmung ein wenig zu lockern.

»Mach ich. Ich leg dir dein Handy hier auf den Tisch. Schlaf noch ein bisschen. Das brauchst du jetzt.« Er stand auf und legte mein Handy leise ab, um Damien nicht zu wecken. Ich befolgte seine Anweisung und schloss meine Augen. Mein Vater wusste Bescheid und ich würde später noch etwas gegen die Schmerzen bekommen. Ich hoffte einfach darauf, dass sich mein Zustand schnell wieder bessern würde, damit mein Vater von alldem nicht mitbekam. Denn es schien mir unmöglich ihm das Ganze zu erklären, ohne dass er sich Sorgen machte, oder das es seltsam klang.

Avianna Hope - im Land der Wölfe | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt