Kapitel 26

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03.03.2015 - Abends
[Marios Sicht]

Batman und Robin. Ich schnaube verächtlich und klappe meinen Laptop zu. Überall sieht man nur noch Bilder von Pierre und Marco. Alle feiern ihren ach so kreativen Torjubel. 
Selbstverständlich habe ich mir das Derby angesehen. Ich hatte sogar vor Marco zu gratulieren, falls sie gewinnen sollten. Doch nachdem ich "Batman und Robin" in Aktion gesehen habe, ist mir das komplett vergangen. Ich hasse es, Marco so vertraut und innig mit ihm zu sehen. Ich weiß das Auba und er nur Freunde sind und Auba Frauen mag, doch das macht es kein Stück besser. 
Unser Torjubel war tausend mal besser. IST tausend mal besser denke ich. 
Ich sollte an seiner Seite sein. Genauso, wie es einmal war. Wie es eigentlich hätte für immer sein sollen, hätte ich nicht diese dämliche Entscheidung getroffen. 
Resigniert lasse ich mich gegen die Lehne meines Sofas sinken und schließe die Augen. Bilder aus den vergangenen Jahren wirbeln mir durch den Kopf. Bilder von unseren gemeinsamen spielen für Dortmund. Wie Marco mir nach seinem Tor einen Kuss zugeworfen hat und mich dann liebevoll in die Arme geschlossen hat, weil ich ihm assistiert habe. Als er sich so sehr über ein wichtiges Tor von mir gefreut hat, dass er mich gar nicht mehr loslassen wollte. Als er seine Stirn gegen meine gepresst hat und wir uns tief und glücklich in die Augen gesehen haben. Unzählige solcher Momente haben wir gemeinsam erlebt und genossen. Und nichts davon ist auch nur Ansatzweise vergleichbar mit dem, was Marco jetzt mit Auba hat. 
Jede dieser Gesten hat mir die Kraft und Energie gegeben, die ich gebraucht habe um auf dem Platz durchzuhalten und alles zu geben. 
Mir war schnell klar, dass da mehr zwischen uns ist. Das da mehr als Freundschaft war. Das es nicht normal war, wie nahe wir uns standen. Und ich bin mir fast sicher, dass Marco das auch wusste. Damals hatte ich -jedes mal als er mich angesehen hat- das Gefühl, liebe in seinen Augen zu sehen. Doch ich habe mir jedes mal eingeredet, mir das nur eingebildet zu haben. Jetzt weiß ich, dass es keine Einbildung war. 
Hätte ich ihm bloß gleich gesagt was ich empfinde schießt es mir durch den Kopf und mir wird schmerzlich bewusst, dass dann alles hätte anders laufen können. Wir hätten schon so viel zusammen erleben können. Ich hätte nicht nach München ziehen müssen, um vor meinen Gefühlen zu flüchten und wären immer noch in einem Team. Wir wären nach wie vor das gefeierte Traum-Duo von Borussia Dortmund. Doch jetzt hat Auba meinen Platz eingenommen. 
Verzweiflung keimt in mir auf. Ich stehe langsam vom Sofa auf, schalte den Fernsehr ein und nehme die Fernbedienung die auf dem Sideboard liegt mit zum Sofa. Da Auba heute nicht spielt, werde ich mir das Spiel von Borussia Dortmund ansehen. 

Die weißen Trikots sind mehr als ungewohnt. Als die Kamera auf Marco gerichtet wird fällt mir wieder auf, wie gut ihm weiß steht. Sofort muss ich an die Nationalmannschaft denken.
Viel passiert nicht. Beide Mannschaften haben nicht viele Chancen und der Ball hüpft förmlich vom einen Spieler zum anderen. 

Ich stehe gerade vom Sofa auf um mir was zu trinken aus der Küche zu holen, als Marco wieder auf dem Bildschirm auftaucht. Schnell lasse ich mich wieder auf das Sofa fallen und starre gebannt auf den Fernsehr, als es passiert: Mit schmerzverzerrtem Gesicht fällt Marco auf den Rasen und hält sich das Bein. Erschrocken reiße ich die Augen auf. Mein Herz setzt ein paar Takte aus und es kommt mir vor, als würde alles für ein paar Sekunden stehenbleiben. 
»Nein, nein nein; bitte nicht« sage ich verzweifelt und reibe mir mit den Händen verzweifelt über die Wangen. Ich kann meinen Blick nicht vom Fernseher wenden und sehe mir die wiederholung an. 
»Nein, nein, nein...« widerhole ich und Tränen schießen mir in die Augen. 
Er hat das nicht verdient. Er hat das verdammt nochmal nicht verdient! Wieso immer Marco? 
Schwer schluckend beobachte ich wie er von Helfern gestützt humpelnd den Rasen verlässt. 
»Bitte Gott, lass es nichts schlimmes sein! Bitte«! knurre ich mit Blick an die Zimmerdecke und schließe kurz die Augen um mich ein wenig zu beruhigen, ehe ich zu meinem Handy greife. 

03.03.2015 - Abends
[Marcos Sicht]

Ich kann es nicht fassen. Nun liege ich schon wieder und werde untersucht. 
»Tut das weh«? fragt der Mann der sich konzentriert über mein Knie gebeugt hat und darauf herumdrückt. 
»Ja verdammt« knurre ich genervt und lege den Arm über meine Augen. Ich bin furchtbar frustriert und kann einfach nicht fassen, dass mir schon wieder sowas passiert ist. Wenigstens is es nich der Knöchel denke ich. 
Der Mann fummelt noch ein paar Minuten an meinem Bein herum, bis er seine erste Diagnose stellt.
»Ich würde sagen es nichts ernstes Herr Reus, wahrscheinlich nur ein Pferdekuss«.
Erleichtert atme ich aus und richte mich auf, während der Mann die Kabine verlässt. Der Schmerze hat schon ein wenig nachgelassen und kann wieder relativ normal laufen was ich merke, als ich auf dem Weg von der Liege zu meinem Spint bin.
Ich krame mein Handy aus der Tasche. - 6 neue Nachrichten - zeigt mir  WhatsApp an. 
Grinsend verdrehe ich die Augen. Es war klar das meine Freunde und Familie gleich wieder ausrasten wenn sie sehen was mir passiert ist. 
Ich öffne WhatsApp. Eine neue Nachricht von meiner Mutter, eine von Marcel und eine jeweils von meinen beiden Schwestern. Ich ziehe die Augenbraue hoch als ich sehe, dass Mario mir ebenfalls geschrieben hat. Mein Herz fängt an wie wild zu klopfen. Erst schreibe ich meiner Familie und dann Marcel zurück, der sich das Spiel natürlich zusammen mit Robin ansieht.  Dann öffne ich die Nachricht von Mario.

Hey, ich hoffe das es nicht so schlimm ist wie es aussah? Melde dich bitte, ich mach mir Sorgen. 

Ein kleines lächeln huscht über meine Lippen. Er sieht sich tatsächlich das Spiel an. 
Ich lasse mich gegen den Spint hinter mich sinken und schreibe ihm zurück:

Es ist nicht allzu schlimm, wahrscheinlich habe ich mir das Knie geprellt. 

Ich möchte eigentlich viel mehr schreiben, doch ich reiße mich zusammen. 
Nachdem ich mein Handy wieder in meiner Sporttasche verstaut habe und diese zurück in den Spint gestellt habe, schließe ich diesen ab und beschließe, zurück nach oben zu gehen und mich auf die Bank zu setzten. Niemand kann sich vorstellen wie erleichtert ich darüber bin, dass ich nicht wieder Monate lang ausfalle. Und wie erleichtert ich darüber bin, die Zeit mit der Nationalmannschaft wahrnehmen zu können. Das ist immerhin die einzig realistische Chance, meine Beziehung zu retten. 

[Götzeus] Sunny & Woody - Es ist Liebe.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt