| 10 | strong enough to let it in |

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Kapitel 10

Heute morgen aufzuwachen fühlte sich nicht wie Aufwachen an. Viel mehr fühlte es sich so an, als würde man weiterhin träumen. Ich musste nicht einmal meine Augen öffnen, um von dem paradiesischen Gefühl eingenommen zu werden, das wohl im Raum lag, wie die Luft zum Atmen.
Und dann öffnete ich meine Augen und es war, als würde ich seit der Nacht das erste Mal die Augen zur Realität öffnen.
Ich war gestern verrückt geworden.
"Nein!", vernahm ich auf einmal eine verschlafene Stimme rechts von mir, die ich sofort Marcel zuordnete. Zeitgleich wurde ich mir auch eines Körperteils bewusst, dass mich nun bestimmter unter sich begraben hielt und würde ich meinen Kopf drehen, war ich mir recht sicher, dass ich diesen Körperteil als Marcels Arm identifizieren würde. Oder Mats. Ich lag ja mit zwei Männern im Bett.
Oh Gott...
Rasch schloss ich meine Augen wieder, um diese Wahrheit auszublenden.
„Nein, Stopp, hör auf!", Marcels Stimme wurde zunehmend lauter und die Matratze ruckelte kurz. Ich wagte meine Augen wieder zu öffnen und entdeckte Marcel, der sich gerade auf seiner Seite auf einen Unterarm stützte und auf mich herabschielte. Aus dem anderen Augenwinkel bemerkte ich lediglich den friedlich schlafenden Körper von Mats auf meiner anderen Seite und notierte mir dabei, dass er äußerst süß beim Schlafen aussah.
Süß... wie war es nur so weit gekommen, dass ich Mats als süß beschrieb? Wie war es so weit gekommen, dass ich zwischen ihnen lag, mit ihren Armen fest um meinen Körper? Wie war es so weit gekommen, dass....
„Hör endlich auf nachzudenken, zumindest darüber, dass es komisch ist!", Marcels Hand schob sich an meine Wange und unter seinen Berührungen begann jede Hautzelle zu prickeln, wie spritzige Cola. Es war so angenehm und so grausam falsch.
In meinem Bauch bildete sich ein Knoten, der sich bei jeder Sekunde verengte.
„Wehe du läufst jetzt weg, ich habe keinen Bock auf das Drama von gestern. Du läufst jetzt nicht weg, nein, aus!", warnend hob Marcel seinen Finger und ich fragte mich allmählich, wie gut dieser Kerl mich eigentlich lesen konnte. Ich wollte etwas sagen, selbst wenn ich nicht wusste, was, aber ich wusste, dass irgendeine Mitteilung meinerseits angemessen wäre. Nur was? Dass ich kurz davor stand hier mitten im Bett eine Panikattacke zu erleiden? Das mir das Herz bis zum Hals schlug? Dass der Knoten in meinem Bauch sich verengte und zeitgleich größer wurde, was eigentlich nicht möglich war, aber naja, es fühlte sich halt so an?
„Was ist hier... los?", Mats Frage wurde durch ein Gähnen unterbrochen. Mein Herz brach in dem Moment als er aus seiner schnuckeligen Position aufwachte, aber setzte sich direkt wieder zusammen, als er mit verstrubbelter Mähne auf mich herabblickte. Meine Augen flogen herüber zu Marcel, der ähnlich zerzauste Haare hatte, die in alle Richtungen abstanden, was ihm nicht weniger stand, als Mats.
So surreal der Moment auch war. Nur im Paradies müsste es möglich sein mit gleich zwei Männern ihrer Sorte im Bett zu liegen. Ob sie das wohl auch über mich dachten? Ob ich auch den Wow-Effekt bei ihnen ausgelöst hatte? Ob ich auch so atemberaubend aussah? Zumindest ansatzweise?
„Denk daran, wie sich die Nacht angefühlt hat!", bat mich Mats, nachdem ich nebensächlich mitbekommen hatte, wie Marcel ihm berichtete, dass ich dabei war verrückt zu werden. Ich starrte Mats mir großen Augen an.
„Das ist doch das Problem!", krächzte ich. Wie es sich anfühlte war das Problem! Es hatte sich zu gut angefühlt.
„Hat es sich nicht gut angefühlt?", wollte Marcel sofort fast schon panisch wissen und ein kleiner Teil von mir wurde beruhigt in dem Moment, als ich realisierte, dass es ihnen nach der Nacht nebeneinander wohl genauso erging wie mir.
„Nein, eben nicht. Das ist es ja", fuhr ich fort, da ich scheinbar die Macht über meine Stimme zurückgewonnen hatte: „Aber merkt ihr nicht, dass das völlig verrückt ist?"
„Für dich ja wohl noch am wenigsten. Ich meine, ich hatte bis vor diesem Urlaub noch nie was mit einem Typen und jetzt liege ich gleich mit zweien im Bett", murmelte Mats und Marcel stimmte ihm mit lockerer Stimmlage zu, outete sich auch als bis zuvor noch absolut hetero.
„Und ihr könnt ruhig sein? Habt ihr schon mal daran gedacht, wie verrückt sich das anhört, wenn ihr jemandem sagt, dass ihr im Urlaub im Bett mit zwei Freunden lagt und es euch gefallen hat? Jede Frau läuft euch davon und denkt erst einmal an eure Freunde, Familien, Gott, unsere Eltern...", langsam steckte ich auch Mats und Marcel mit meiner Angst an, das bemerkte ich deutlich an ihren immer größer werdenden Pupillen und wie sie sich neben mir anspannten.
„Okay nein, bevor hier jeder eine Panikattacke kriegt und wir alle sterben...", begann Marcel und sah zwischen Mats und mir hin und her.
„Wir machen es für den Urlaub", schlug er vor: „Und wir erzählen es keinem!"
Mats atmete beim letzten Teil hörbar aus und auch ich spürte die Erleichterung, die in mich kehrte beim Wissen, dass ich meine Gefühle nach außen hin zumindest niemals begründen müsste.
„Ist das ein Deal? Nur der Urlaub, danach tun wir so, als sei, was auch immer passieren wird, nie geschehen und erzählen tun wir es auch keinem"
Ich gab mich der Illusion hin, dass es wirklich so leicht war, wie es sich bei Marcel anhörte, selbst wenn ich es jetzt schon besser wusste.
„Deal", stimmte Mats ihm zu und kurz darauf lagen ihre beiden Augenpaare auffordernd auf mir, wie die brennende Sonne an einem heißen Sommertag.
„Du musst dir nur erlauben von deinen Ängsten loszukommen!", hauchte Marcel: „Lass es für den Urlaub einfach zu! Also Deal?"
Deal?
War es ein Deal für mich?
Mein Mund machte sich selbstständig oder vielleicht war es doch mein Herz?
„Deal!"
Zumindest glaubte ich, dass es ein Deal war.

———
Ob das gut gehen wird? 😯
Naja, man wird's sehen
Ich hoffe jedenfalls, dass euch das Kapitel gefällt
❤️

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