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Kapitel 21

"Es ist nichts!", winkte Marcel ab, als Antwort auf meine Frage, was sie denn gerade besprachen. Ich kniff meine Augen zusammen und es kostete mich jegliche Selbstbeherrschung, die ich besaß, um nicht laut zu werden. Stattdessen rieb ich mir über meine noch vom Schlaf verklebten Augen und seufzte frustriert, bevor ich wieder das Wort ergriff.
"Okay...", murmelte ich: "Können wir den Teil überspringen an dem du mich anlügst, dass ich mich verhört haben muss oder, dass es nichts zu bereden gibt und einfach vorzuspulen zu dem Moment an dem du mir die Wahrheit über was-auch-immer erzählst, denn ich habe echt keine Lust es dir aus der Nase zu ziehen, aber wenn du vor hast dieses irrsinnige Gespräch davor zu führen, werde ich es wohl müssen, weil ich nicht nachlassen werde!"
Ich sah hoffnungsvoll zu Marcel und betete, dass er jetzt nicht ansetzen würde sich irgendwie rausreden zu wollen, denn klarer hätten Mats und Marcel in ihren Gespräch nicht werden können, dass Marcel ein Geheimnis vor uns beziehungsweise mittlerweile nur noch vor mir hatte. Ich stützte meine Hände in die Hüften und sah auffordernd auf Marcel herab. Dieser öffnete endlich den Mund und setzte zur Antwort an: "Es ist alles in Ordnung!"
Ich stöhnte nun sauer auf und presste stattdessen meine Handflächen auf den Tisch, funkelte Marcel so böse an, dass er seinen Kopf zwischen den Schultern einzog. Im ersten Moment wollte ich ihn anschnauzen, als mir der Sinn dahinter doch fehlte und ich mich stattdessen zu Mats wandte, der neben mir stand.
"Kannst du es mir dann einfach sagen?"
Sichtlich überrascht davon, dass ich auf einmal mit ihm sprach, wurden Mats Augen auf einmal ganz groß.
"Ich erfahre es so oder so, es ist nur die Frage, wie lange wir hier noch stehen wollen!", fügte ich hinzu. Mats verstand hoffentlich, dass er uns allen die Sache um einiges erleichtern würde, wenn er nicht den Schwanz einzog, wie Marcel. Mats warf einen Blick zu Marcel, der ihn mit einem zögerlichen Kopfschütteln anflehte die Klappe zu halten, dann sah er zu mir und ich hoffte, dass er in meinem Blick las, wie entschlossen ich war noch von ihnen die Wahrheit zu erfahren. Schließlich fuhr er sich durch die Haare und öffnete seinen Mund: "Marcel hat seinen Vertrag beim BVB verlängert!"
"Verdammt Mats!", schrie Marcel sofort und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch: "Einfach mal die Klappe halten kennst du auch nicht?"
"Du meinst auf so geniale Weise, wie du?", konterte Mats genauso wütend und funkelte Marcel böse an, der seine Lippen so fest aufeinanderpresste, dass sie sich schon blau färbten. Ich bemerkte die Zuckungen in ihren Gesichtern, ihr lautes Atmen, alle Eindrücke des Momentes, aber so richtig drang die Situation eigentlich nicht zu mir hindurch. Viel zu benommen war ich von Mats Worten, die in meinem Kopf echoten und von denen ich erst langsam den Inhalt verdaute. Marcel verließ Dortmund also nicht nach dem Ende der Saison. Wir gingen also nicht getrennte Wege nach dem Urlaub. Ich hatte das Gefühl, als würde mir gerade jemand einen heftigen Schlag in die Magengrube austeilen, so übel war mir. Wenn Marcel in Dortmund bleiben würde, würden Mats und Marcel auch zusammen bleiben. Zwar wusste ich nicht auf welche Weise, aber die Vorstellung, dass sie dann einfach wieder Freunde sein würden, lag mir doch sehr fern. Wenn wir alle getrennte Wege gehen würden, wäre es möglich, aber so? Ich hatte das Gefühl, als wäre ich das fünfte Rad am Wagen. Eine meiner größten Ängste bewahrheitete sich auf noch schlimmere Weise, als ich es mir in meinen Träumen ausgemalt hatte. Denn jetzt war ich das fünfte Rad am Wagen auf die wohl offiziellste Art und Weise, die es gab. Ich war das fünfte Rad am Wagen mal die 1.200 Kilometer, die uns ab kommender Saison trennen würden. Verdammt, Mats und Marcel würden nach dem Urlaub weiter eine gemeinsame Geschichte schreiben, während ich es irgendwie meistern musste ein neues Buch aufzuschlagen.
Ich fühlte mich wie der Nebencharakter eines Krimis, der nach zehn Minuten starb.
Ich fühlte mich elendig.
Ich fühlte mich benommen von meinem Elend. So benommen, dass ich mich erst einmal auf die Couch setzte und Löcher in die Luft starrte. Nur langsam hörte ich Marcels lauter und lauter werdende, aber dennoch gedämpfte, Stimme. Schließlich legte er seine Hand auf meine und holte mich zurück in die Realität. Sofort riss ich seinen Arm unter seiner Berührung weg, hob meine andere Hand und deutete ihm mit einer Bewegung an, dass er mich gerade nicht berühren sollte. Der Schmerz in Marcels Augen war nicht zu übersehen, aber gerade hatte ich keine Kraft mich damit auseinanderzusetzen. Anstelle dessen starrte ich wahllos vor mich hin und blinzelte, hoffte mir die Realität wieder klar zu blinzeln, aber das gelang mir herzlich wenig.
"Du hättest was sagen müssen", murmelte ich schließlich und wusste dabei, dass ich mich genauso vorwurfsvoll anhörte, wie Mats vorhin, aber das wollte ich auch. Marcel hätte etwas erwähnen müssen. Er hätte sagen sollen, dass seine Zukunft klar war.
"Es hat sich kein Moment ergeben an dem es gepasst hätte", antwortete Marcel leise.
"Dann hättest du es an einem Moment sagen sollen an dem es nicht passt", antwortete ich lediglich kühl, ohne ihm meines Blickes zu würdigen. Ich schob meine Arme um mich herum und lehnte mich zurück, ließ meinen Hinterkopf gegen die Fensterscheibe hinter mir fallen und schloss meine Augen.
"Alles in Ordnung?", fragte Mats besorgt. Ich nickte sachte, auch wenn eigentlich nichts in Ordnung war.
"Ich dachte nicht, dass...", begann Marcel, aber diesmal war es Mats, der ihm das Wort abschnitt: "Dass es uns interessiert?"
"Dass es euch so den Boden unter den Füßen wegreißen wird!", korrigierte ihn Marcel sofort und ohne meine Augen zu öffnen, konnte ich aus Marcels Unterton herausfiltern, dass er Mühe hatte seine Wut zurückzuhalten, denn ganz offensichtlich teilte er nicht Mats und meine Meinung, dass er es uns hätte sagen müssen.
"Ich konnte auch nicht wissen, wie sich der Urlaub entwickelt", versuchte er sich weiter zu erklären, aber seine Worte verbesserten die Situation nicht wirklich.
"Außerdem, was hätte es euch denn gebracht es zu wissen? Hättet ihr diesen Urlaub irgendetwas anders gemacht?"
Ich öffnete meine Augen wieder und sah zu Marcel. Seine Frage war berechtigt. Hätte ich andere Entscheidungen gefällt, hätte ich gewusst, dass Marcel und Mats gemeinsam in Dortmund bleiben würden? Ein Teil von mir schrie ja, ein anderer Teil von mir schüttelte seinen Kopf und mein Verstand hing dazwischen, unsicher, was denn nun die richtige Antwort war.
"Ich hätte einfach gerne Entscheidungen gefällt, wenn ich alles weiß", meinte Mats.
"Dir kann es doch völlig egal sein", funkte ich ihm dazwischen und unsere Blicke kreuzten sich.
"Ihr bleibt doch zusammen. Was tut es dann für dich zur Sache, ob Marcel geht oder bleibt?"
"Sehr viel, immerhin müssen Marcel und ich es jetzt irgendwie schaffen Freunde zu sein nach allem"
Ich lachte trocken: "Warum? Ihr müsst doch nie wieder Freunde sein, ihr könnt doch alles sein, was ihr wollt. Ihr lebt noch in einer Stadt. Es wäre unlogisch, wenn ihr jetzt nur noch Freunde wäret!"
"Unlogisch?", hinterfragte Marcel meine Worte leise. Ich zuckte mit den Achseln: "Ja, unlogisch. Es ist doch offensichtlich, dass wir mehr als Freunde sind und ihr habt jetzt keine Probleme dieses mehr für immer zu leben!"
Mats grunzte: "Naja, ein fundamentales Problem gibt es schon!"
Ich wandte mich wieder ihm zu und sah ihn abwartend an.
"Du bist in Polen!"
"Ich tue da nichts zur Sache!", antwortete ich und fand mich im selben Moment mit der traurigen Wahrheit ab, dass ich nicht länger wirklich Teil dieser Beziehung war. Die Erkenntnis legte sich um meinen Hals, wie ein Strick und schnürte mir die Luft ab, sodass ich wieder meine Augen zusammenkniff. Wie Marcel und Mats sich Blicke zuwarfen, merkte ich erst, als ich meine Augenlider wieder aufschlug.
"Ohne dich ist es nicht das Gleiche!", hauchte Marcel und wieder legte sich seine Hand auf meine. Diesmal erlaubte ich es ihm und zog sie nicht weg, hob noch dazu meinen schweren Blick von unseren verbundenen Händen zu ihm und spürte nun doch, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten.
"Bleib doch einfach in Dortmund!", platzte es aus Mats heraus. Ich sah zu ihm und bemerkte eine Träne, die sich aus seinem Auge löste. Hatte ich Mats schon mal weinen sehen? Noch nie. Und jetzt stand er hier gerade vor mir und weinte tatsächlich wegen mir.
"Ich habe schon alles in Polen geplant!", sagte ich seinem Vorschlag leise ab.
"Scheiß auf Pläne!", brummte er. Ich schüttelte entschlossen meinen Kopf.
"Wir haben gesagt, dass es nur für den Urlaub ist. Meine Fam...."
"Vergiss sie doch einmal!", schrie Mats und schlug seine Hände auf die Oberschenkel. Seine Stimme brach vollends und er schluchzte. Mats schluchzte und ich war der Grund. Was passierte in diesem Urlaub bloß alles?
"Vergiss deine Familie, deine Freunde und alle Außenstehende doch einmal in deinem Leben! Lös dich einmal von der Idee, dass es dich wirklich interessieren muss, was sie davon halten und fäll die Entscheidung, die DU fällen möchtest!" schrie Mats weiter und fügte dann mit einem wispern hinzu: "Und bleib!"
Ich schluckte schwer, spürte, wie sich Marcels Hand fester um meine schloss und sah zu dem Blonden, der von Mats Worten überzeugt schien. Und ich wäre es gerne auch. Ich wäre es gerne auch. Wirklich gerne. Ich wäre wirklich gerne so stark und unabhängig, wie die beiden. Ich wäre wirklich das, was Mats mich bat zu sein, aber ich konnte es nicht.
Also sah ich entschuldigend zwischen den beiden einmal hin und her, bevor ich meine Hand unter Marcels hervorzog, mich erhob, mein Körper hatte sich selten so schwer angefühlt. Ich atmete tief ein und aus, mied Mats zerbrochenen Blick und biss mir auf die Unterlippe.
"Wir haben nur noch ein paar Tage, lasst uns das beste draus machen!", presste ich stattdessen gedrückt hervor, aber irgendwie wirkten meine Worte wie eine Lüge, weil ich nicht das Gefühl hatte, als wäre irgendjemand von uns in der Lage die letzten Tage zu genießen, wenn man wusste, dass uns kein Happy End bevorstand.

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Ufff, heartbreaking 💔 hat mir selbst wehgetan das zu schreiben 🥺 ich mag meine boys sad nichz, but that's the storyline
Denkt ihr Marcel hätte es ihnen erzählen müssen?
Und könntet ihr eine Entscheidung fällen, ohne euch davon beeinflussen zu lassen, was andere von dieser Entscheidung halten? Also das was Mats von Lu möchte? Tbh ich glaube ich könnte das nicht, zumindest nicht vollends, aber ich versuche es mehr und mehr.
Bin gespannt auf eure Antworten
❤️

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