| 24 | town, i called my home |

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Kapitel 24

1 Woche später

Die Sonne kämpfte sich heute hartnäckig durch die Wolken und erlaubte keine Minute etwas kühlenden Schatten ins Land zu ziehen. Es war so unfassbar heiß, dass ich mein Bett am Liebsten in einem Kühlfach aufbauen würde. Ob es wohl in Dortmund genau so heiß war? Ich schüttelte meinen Kopf, um die Gedanken an Dortmund und alles, was damit zusammenhing, zu verbannen und starrte stattdessen ziellos in die Ferne, wo sich die Bäume am anderen Ufer reihten und ich eine kleine Menschengruppe ausmachte, die im Wasser plantschten.

„Wenigstens ist das Wasser kalt!", murmelte Michael und ließ sich in den See sinken, an dem wir gerade waren. Es war irgendwie komisch und doch zugleich auch normal hier zu stehen, mit all meinen Freunden noch aus Schulzeiten. Komisch, weil ich wusste, dass ich diese Szenerien jetzt öfter sehen würde. Normal, weil ich jeden Sommer hier einige Wochen verbrachte. Aber die Tatsache, dass ich hier jetzt nicht nur einige Wochen verbrachte, sondern ab dieser Woche mein restliches Leben war wieder befremdlich. Ob in einem guten oder schlechten Sinne wusste ich nicht.

Ich mochte meine Freunde, ich war mit ihnen groß geworden, wir hatten so viel mit einander erlebt, dass es für 100 Leben reichen würde, aber... zeitgleich hatte ich das Gefühl, als sei das alles Teil eines anderen Lebens. Verdammt, 14 Jahre Ausland waren wirklich unfassbar lang und drei Wochen Sommer jedes Jahr holten kein ganzes verpasstes Jahr ein.

„Wir trainieren bei solchen Temperaturen aber nicht, oder?", fragte mich Jonas. Ich drehte mich zu ihm. Jonas war mit 1,90 einen ganzen Kopf größer als ich und gerade jetzt stand ich teilweise bedeckt von seinem Schatten, was hilfreich war, um sich von der Sonne nicht grillen zu lassen.

„Warum sollten wir nicht?", fragte ich verwirrt.

„Es ist heiß!", stellte er klar und deutete in den gelben Fleck am Himmel.

„Ja und?"

„Reicht das nicht als Begründung?"

Ein anderes Leben eben. In Dortmund wäre niemand auf die Idee gekommen zu fragen, ob das Training bei solchen Temperaturen ausfallen würde. Vielleicht bei 35 Grad, aber jetzt hatten wir gerade die 30 Grad Marke geknackt und das war allemal nicht heiß genug, um Training ausfallen zu lassen. Aber ich konnte es Jonas nicht verübeln. Es war nicht Profisportler. Er war Sicherheitsmanager einer Agentur, der in seiner Freizeit kickte. Da war die Messlatte, wann es zu warm für Training war wohl etwas tiefer gesetzt, als bei mir.

„Ich dachte, du wolltest in Form kommen. Du kommst nicht in Form mit Ausreden, warum kein Training stattfinden sollte!", rief Victoria vom Seeufer zu, die neben Agata saß und gerade an ihrem Eiskaffee schlürfte, den sie hatten selbst von Zuhause mitbringen müssen, da es hier keinen Laden in der näheren Umgebung gab, der Eiskaffee verkaufte.

So anders als Dortmund

„Joggen hilft, wenn man Abnehmen will!", meinte ich und wünschte mir dabei meinen vorwurfsvollen Unterton etwas besser im Griff zu haben, weil ich auch wusste, dass ich nicht von Jonas erwarten konnte, dass er jeden Morgen mit mir Joggen ging und doch war ich genervt, weil er es nicht tat. Aber mich nervte momentan auch so gut wie alles.

Ich vermisste Dortmund.

Ich vermisste Morgens von Mats zu einer Joggingrunde abgeholt zu werden und auf dem Weg Marcel, sofern er fit war, abzuholen und Wettrennen mit dessen Hunden zu starten, die wir grundsätzlich verloren, es sei denn die Hunde erschnüffelten irgendeinen interessanten Geruch am Straßenrand.

Ich vermisste es mich mit einer riesigen Gruppe auf dem Trainingsplatz zusammenzufinden und mich über die neusten Ergebnisse auszutauschen.

Ich vermisste es durch eine Stadtmitte zu schlendern, die ich nicht mit gefühlt fünf Schritten durchquert hatte.

HERE'S YOU'RE PERFECT | hummels x piszczek x schmelzer ✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt