| 16 | in every way |

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Kapitel 16

MATS

„Was habt ihr eigentlich gemacht, dass wir Eier brauchen? Wir hatten doch noch irgendwie zwei Packungen!", wunderte ich mich an der Kasse und blickte über meiner Schulter zu Marcel herüber, der gerade die letzten Lebensmittel aus dem Warenkorb auf das Fließband legte. Der eigentliche Plan nur Eier, Orangensaft und Milch zu kaufen war ordentlich in die Hose gegangen, wenn man jetzt auf das gefüllte Fließband vor uns blickte, auf welchem sich unsere Einkäufe reihten. Wir hatten nun nicht nur normale Milch, sondern auch Sojamilch und Mandeldrink und Hafermilch und was wusste ich noch, was Lukasz uns spontan noch auf den Einkaufszettel gesetzt hatte, aber ich wollte mich nicht mit ihm anlegen hinsichtlich, was wir kaufen sollten, immerhin war er eindeutig der Koch bei uns drein und aus Erfahrung wusste ich, dass es auch aus eigenem Interesse war das zu kaufen, was er wollte, weil er oftmals Geniales daraus zauberte.
„Ich hab versucht Rührei zu machen und die Pfanne runtergeworfen!", berichtete mir Marcel.
„Und da hast du zwei Eierpackungen bei zerstört?", ungläubig zog ich eine Augenbraue hoch und drehte mich zu Marcel herüber, da die Kassiererin gerade in eine Diskussion mit der Kundin vor uns verwickelt war, die wohl mit ihrer Melone unzufrieden war oder was wusste ich schon. Ich konnte kein Spanisch, aber es wirkte nicht so, als wäre sie in nächster Zeit fertig. Ich stützte mich gegen das Fließband und sah abwartend auf Marcel herunter.
„Pisz.... Lu hat auch eine Portion ruiniert", meinte er.
„Er?", wunderte mich und bei meiner Nachfrage bemerkte ich, wie sich Marcels Wangen rosa färbten und wie er auf einmal die Eierpackungen auf dem Fließband gerade rückte. Mir wurde bewusst, dass da noch etwas im Busch war und ein Vögelchen zwitscherte mir, dass dieses etwas ein Kuss oder ähnliches war, was mir, erstaunlicherweise, nichts ausmachte. Ich war zwar kein extrem eifersüchtiger Charakter, aber ein wenig Eifersucht kannte ich auch von mir und irgendwie hatte ich erwartet, dass mich die Eifersucht packen würde. Sei es wegen Marcel oder wegen Lukasz. Aber irgendwie machte mich die Vorstellung, dass Lukasz und Marcel sich geküsst haben sollten, nicht eifersüchtig. Im Gegenteil, es war... keine Ahnung cool? Ich wusste nicht, ob es wirklich mit cool beschrieben werden sollte, aber mir fiel auf Anhieb kein anderes Wort ein und dementsprechend behauptete ich jetzt einfach, dass es cool war.
Ohne über meine Handlungen wirklich nachzudenken, piekste ich Marcel in die verfärbte Wange.
„Lass das!", zischte er sofort und schlug meine Hand trotzig weg, was mich schmunzeln ließ. Mein Blick lag auf seinen Lippen und mir wurde bewusst, dass wir uns noch nicht geküsst hatten. Ich hob meinen Blick von seinen Lippen und verlor mich stattdessen in seinen Augen, die mir klarmachten, dass er gerade genau die gleiche Erkenntnisse hatte. Und wir teilten auch die Erkenntnis, dass es eindeutig Zeit war das nachzuholen. Und es gab tausend andere Möglichkeiten sich das erste Mal zu küssen und vermutlich auch tausend bessere Möglichkeiten, aber das hier waren Marcel und ich und nicht Lukasz, was bedeutete, dass wir keine Ahnung von Romantik hatten und dementsprechend war es eigentlich abzusehen, dass ich mich jetzt vorbeugte und meine Lippen ziemlich sporadisch auf Marcels drückte, als hätte ich ihn schon tausend mal geküsst. Aber irgendwie fand ich genau das schön: die Gewohnheit. Das Gefühl, als hätte ich es schon tausend mal getan. Das Gefühl, dass ich mich nicht erst einmal noch als gute Wahl beweisen musste, sondern, dass sie beide mich wählten, obwohl sie meine Macken kannten und nicht bevor sie sie kannten.
Als ich meine Lippen wieder von Marcels lösten, zierte ein schmales Lächeln seine und ich leckte mir noch einmal über meine, schmeckte den sauren Geschmack vom Saft, den Marcel zuvor getrunken hatte.
„An der Kasse vom Supermarkt also", murmelte Marcel und wir beide fingen zeitgleich an zu lachen.
„Lu killt uns", stellte ich klar und Marcel nickte hastig, als hätte er genau den selben Gedankengang gehabt oder wer weiß vielleicht hatte er das auch.
Wir starrten uns noch ein wenig länger in die Augen und weilten einfach im Humor des Moments, bis die Kassiererin uns dann zur Kasse rief, da die Diskussion scheinbar endlich ein Ende gefunden hatte.
„Lukasz und du...", begann ich auf dem Rückweg zum Hafen. Mit dem extrem schweren Taschen in beiden Händen drehte ich meinen Kopf zu Marcel, der neugierig aufblickte.
„Ja", antwortete er auf meine nicht gestellte Frage, aber es war angenehm, dass wir uns noch immer blind verstanden und es war angenehm, dass meine Vermutungen über Marcel und Lukasz richtig waren und vermutlich war es noch angenehmer, dass wir jetzt jeden Weg des ersten Kusses abgearbeitet hatten und jetzt wirklich jeder in unserer Beziehung mit jedem weiter ist.
„Ihr?"
„Auch!", antwortete ich ihm. Marcel lächelte friedlich und ich lächelte ihm entgegen, fühlte eine gewisse Freude, die meinen Körper füllte, gemischt mit Ruhe.
Wir schwiegen für den Rest des Weges, aber es war eine angenehme Stille, nicht die unterdrückende in der sich niemand traute zu sprechen.
Als wir wieder auf die Yacht kamen, war Lukasz nicht da, was verwunderlich war, da er eigentlich zurückgeblieben war, um etwas Ordnung in die chaotische Bude zu bringen, die wirklich aussah, als wäre sie von drei Teenagern bewohnt und nicht drei erwachsenen Männern. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, als wäre jeder von uns auf seine Art und Weise im 17. Lebensjahr stehen geblieben.
„Wo ist er denn?", stellte sich Marcel genau die selbe Frage und stellte seine zwei Taschen auf dem Boden ab, wie ich. Ahnungslos zuckte ich mit den Achseln, warf einen Blick die Treppe hinunter, doch es war still und von Lukasz war weit und breit keine Spur.
„Der wird schon noch kommen", meinte ich dann.
„Jaja, das ist mir klar. Ich würd nur trotzdem gerne wissen, wo er ist!"
Erfahren taten wir das auch die kommenden zwei Stunden nicht, was mich irgendwann dann auch nervös werden ließ. Wo war Lukasz und vor allen Dingen, was machte er dort so lange. Marcel und ich hatten brav alle Einkäufe eingeräumt, selbst den letzten dreck aufgewischt und jetzt saßen wir auf den Liegen und jeder grübelte vor sich her, was wohl mit Lukasz sein könnte.
„Jetzt finde ich die Idee ohne Handys kacke", murmelte Marcel. Ich sah von meinem Teller auf, wo ich mir ein Sandwich zusammengestellt hatte.
„Ey, ihr wart alle begeistert von der Idee!", wehrte ich mich sofort.
„Jaja, aber jetzt gerade ist sie beschissen!"
„Du machst dir echt sorgen, Hmm?"
„Du nicht?"
Erwischt. Ich machte mir auch Sorgen und fühlte mich eher wie eine Helikopter Mama, als wie ein verliebter Kerl, der auf seinen was-auch-immer-Lukasz-war wartete. Es war nicht, dass ich ihm nicht zutraute auf sich selbst aufzupassen, denn dazu war er von uns allen wohl am besten in der Lage, aber das Unwissen, wo er war fand ich dann doch sehr unangenehm. Genauso wie ich es noch unangenehmer fand, dass Lukasz weitere zwei Stunden später noch immer nicht da war.
„Okay, lass uns ihn suchen!", beschloss ich schließlich, als die Sonne am Horizont schon unterging und es langsam wirklich kritisch wurde, wo Lukasz die ganze Zeit verweilte. Marcel sprang sofort von seiner Liege auf und schien ziemlich begeistert von der Idee. Ich streckte meine Hand nach ihm aus, weil es sich einfach richtig anfühlte, das zu tun und weil ich gerade jemanden brauchte, der meine Hand hielt und mit dem ich meine Sorge teilen konnte und gerade gab es keine Person, die mir lieber war, als Marcel, der das tun würde. Seine warme Handfläche in meiner beruhigte mich ein wenig, vor allem, als er sie leicht drückte und mir ein aufmunterndes Lächeln schenkte.
„Wir werden den Tag auch noch zahlen müssen. Ich hab den Platz eigentlich nur bis zum Morgen gemietet!", stellte ich fest, aber Marcel meinte, dass das gerade eher zweitrangig war, womit er wohl recht hatte. Gerade jetzt war es eher wichtiger Lukasz zu finden, wo auch immer er steckte.

———
Wo Lu wohl ist? 🤔
Schreibt mal, was ihr denkt, erfahren werdet ihr es am Mittwoch.
Sonst hoffe ich, dass euch das Kapitel gefällt.
❤️

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