Samstag, 10.10.2020
Mit einem Brennen in der Brust, das dem Ausbruch eines Vulkans gleicht, erwache ich aus einem angenehmen Traum, als mich etwas an der Wange kitzelt. Irritiert verziehe ich das Gesicht und schlage neugierig die Augen auf, als ich innerlich vor mich hin fluche. Ich habe selten solch schöne Träume, warum darf ich sie also nicht genießen? Was ich vor mir sehe, ist allerdings bezaubernder als jede Fantasie, die ich mir zusammenspinnen könnte. Der Anblick raubt mir im wahrsten Sinne des Wortes den Atem. Unwillkürlich ziehe ich scharf die Luft ein und betrachte den schönen Mann, der mich verträumt anblickt. Wenn der Tag schon so beginnt, dann kann er nur schön werden.
Jordan liegt in seiner Uniform bekleidet neben mir auf der Decke, während sie mich von oben umhüllt. Er hat seinen rechten Arm angewinkelt und seinen Kopf darauf abgelegt, während er mit der linken Hand mein Gesicht liebkost. Seine Fingerkuppen fliegen regelrecht über meine erhitzte Wange, über meine Stirn und meine Nase bis hin zu meinem Hals. Ein Schauder durchfährt meinen versteiften Körper, als ich befangen nach seiner Hand greife. Als würde ich ihn damit aus einer Trance reißen, schreckt er zurück und blinzelt mich wie verrückt an.
„Tut mir leid", murmelt er verlegen, weil ich ihn beim Starren erwischt habe. Er will seine Hand zurückziehen, doch ich umschlinge sie fester mit meiner. Jordan scheint überrascht von meiner Geste zu sein, doch augenblicklich schleicht sich ein erleichtertes Lächeln auf seine rosigen Lippen. „Guten Morgen", raunt er daraufhin und führt seine Hand erneut an mein Gesicht. Ich unterdrücke ein genüssliches Seufzen und lächele stattdessen beglückt.
„Guten Morgen", erwidere ich mit kratziger Stimme. „Musst du arbeiten?", frage ich und fahre seinen Körper mit den Augen auf und ab, dabei versuche ich mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
„Viele Kollegen sind ausgefallen und jemand muss einspringen", antwortet Jordan, offenbar auch nicht angetan von diesen Umständen. „Ich weiß, dass wir jede Menge zu bereden haben und es tut mir leid, dass sich das so hinauszögert. Wir sprechen aber spätestens heute Abend, einverstanden?"
Ich nicke zaghaft. Schließlich bleibt mir nichts anderes übrig, als mich dem zu fügen. Auch meine negativen Gedanken und Gefühle von letzter Nacht sind beinahe wie weggefegt. Jetzt wo ich seinem elektrisierenden Blick begegne, sogar umso mehr. Ich schiebe es auf den romantischen, gefühlvollen Traum, den ich von ihm gehabt habe und der mich noch immer betäubt. Alles, woran ich mich noch erinnere, ist, dass er mich an sich gezogen und geküsst hat, nachdem er mir seine Liebe gestanden hat. Wie gerne wünsche ich mir, dass dieser Traum in Erfüllung geht. Allerdings kann ich sein großes Geheimnis nicht einfach ignorieren und schon gar nicht den Fakt, dass ich in meinen besten Freund verliebt bin. Es wird mich vermutlich jede Menge Zeit kosten, mich daran zu gewöhnen. Eine Runde Schlaf hat jedoch zumindest ein wenig dem Nebel in meinem Kopf vertrieben, dank welchem ich nicht habe klar sehen und denken können.
„Soll ich dich noch nach Hause fahren?", bietet Jordan an und sieht aus, als hoffe er, dass ich verneine. „Du kannst auch hier bleiben, wenn du willst", schlägt er daher vor.
Ich schüttele grinsend den Kopf. „Ich komme selbst nach Hause, fahr ruhig zur Arbeit."
Abschätzig mustert er mich und scheint nach etwas zu suchen, dass auf mein Unbehagen hindeutet. Doch als er nichts dergleichen findet, schmunzelt er erleichtert. „Deute ich deine Stimmung richtig? Bist du nicht mehr sauer?"
Eine Weile denke ich über seine Frage nach. Ich bin nie wirklich sauer auf ihn gewesen, sondern lediglich enttäuscht. Das bin ich noch immer und dieses Gefühl wird vermutlich so lange anhalten, bis er mir die ganze Geschichte erzählt hat.
Als Antwort schüttele ich den Kopf. Jordan runzelt die Stirn, als kaufe er mir das nicht ganz ab, also füge ich hinzu: „Nicht sauer, aber ich erwarte trotzdem die ganze Wahrheit." Ich drehe mich auf den Rücken, sodass seine Hand von meiner Wange rutscht. Gespielt sorglos schließe ich die Augen, aber in Wahrheit bebt alles in mir. Nie habe ich zu träumen gewagt, dass ich mit Jordan in einem Bett schlafen würde und dass er der Erste wäre, den ich am Morgen sehen würde. Letzte Nacht, als er ins Bett gekommen ist, bin ich so schlaftrunken gewesen, dass ich mir nicht viel bei meiner Handlung gedacht habe. Nicht einmal die Küsse, die wir miteinander ausgetauscht haben, sind mir so intim vorgekommen, wie die letzte Nacht. Wir haben unschuldig und eng umschlungen nebeneinander gelegen, dennoch hat das eine spezielle Intimität gehabt. Eine Intimität, die mir die Röte ins Gesicht treibt, je länger ich darüber nachdenke. Er ist Blue Rose, verdammt nochmal!
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Blue Rose - Band 2
RomanceNachdem Jordan eine klare Linie zwischen sich und Rose gezogen hat, gehen sie getrennte Wege. Doch es vergeht kein Tag, an dem sie nicht an den Mann denkt, in den sie verliebt ist. In Zeiten wie diesen ist sie es gewohnt, sich an Blue Rose zu wenden...