05 - Die Ruhe vor dem Sturm

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Freitag, 02.10.2020

„Wir haben alle Beweise die wir brauchen", knurrt Alessandro zum wiederholten Mal seit Robert in den Raum getreten ist. „Ich rate Ihnen zu kooperieren."

„Ich rate dir die Schnauze zu halten", pöbelt er und verdreht genervt die Augen. Gelangweilt sinkt er in den kalten Stuhl und legt den Kopf in den Nacken. Dabei stöhnt er wie ein kleiner Junge, der nicht das bekommt, was er will. „Wenn ihr alle Beweise habt, dann braucht ihr auch mein Geständnis nicht."

„Beantworten Sie mir endlich die Fragen!", brüllt Alessandro am Rande der Verzweiflung.

„Du hast mir noch gar keine tauglichen Fragen gestellt, alter Mann", feixt Robert provokant.

„Pass auf wie du mit mir redest", warnt der Polizist sein Gegenüber fauchend.

„Bleib wenigstens professionell", schnaubt Robert verächtlich und setzt sich wieder richtig hin. Gefährlich langsam beugt er sich über den Tisch und stützt sich mit den Unterarmen ab. „Stell mir eine sinnreiche Frage oder ich verweigere jegliche Aussage."

Alessandro sagt einige Sekunden nichts und vergräbt stattdessen entnervt das Gesicht in den Händen. Plötzlich nehmen Bedenken den größten Platz in meinem Kopf ein. Zweifelnd drehe ich mich zu Jordan, doch auch dieser sieht nicht begeistert von der Haltung seines Kollegen aus. Eine spitze Bemerkung kann ich mir daher nicht verkneifen. „Ist er der vertrauenswürdige Kollege, von dem du gesprochen hast?"

Ich nehme so etwas wie ein trockenes Auflachen wahr, allerdings sieht er mich dabei nicht an und schüttelt lediglich den Kopf.

„Warum haben Sie das Mädchen angegriffen?" Alessandro scheint seine Stimme wiedergefunden zu haben. Sein autoritärer Tonfall überschattet die anfängliche Verzweiflung, von der nun keine Spur mehr ist.

„Ist sie hier?", stellt Robert als Gegenfrage, was mich merklich zusammenzucken lässt. Im Augenwinkel kann ich erkennen, dass Jordan mich von der Seite betrachtet. Meinen Blick starr auf das Schauspiel vor mir gerichtet, versuche ich seine Aufmerksamkeit so gut es geht zu ignorieren.

„Ich habe Sie etwas gefragt", spricht Alessandro bevor Robert erneut den Mund aufmachen kann.

Dieser hebt nur seine Hände in Unschuld hoch und demonstriert die Handschellen, die ihm umgelegt worden sind. „Ich kann ihr nichts tun. Also, ist sie hier?"

„Ich habe–" Jordan erhebt sich so ruckartig von seinem Platz, dass der Stuhl umfällt. Erschrocken fasse ich mir ans Herz. Und auch Alessandro, der den Krach wohl gehört hat, unterbricht sich selbst. Mit einem kurzem Blick auf einen rot leuchtenden Punkt auf der Anlage unter Jordans Fingern stelle ich fest, dass das Mikrofon an ist.

„Alessandro! Unter vier Augen!", ruft der Polizist neben mir wütend in das Gerät und stürmt mit festen Schritten aus dem Raum. Die Tür knallt er so fest hinter sich zu, dass ich erneut zusammenfahre.

Perplex sehe ich zu Tobias und Elisabeth, in der Hoffnung, zu erfahren, was hier vor sich geht. Doch sie scheinen genauso ratlos und überfordert zu sein wie ich.

Als jedoch Alessandro aus dem Verhörraum stampft und einige Momente später Jordan den Raum betritt, werden meine Augen groß.

„Wir sehen endlich Offizier O'Connor in Aktion!", quietscht Elisabeth aufgeregt, bemüht darum, ihre Stimme nicht zu heben. Ihr überschwängliches Temperament lässt auch die Nervosität in mir aufsteigen. Ich habe ihn wenige Male in seinem Beruf handeln sehen, doch die Aufregung und Neugierde wird nicht weniger.

„So ein Bastard", höre ich Alessandro aufgebracht fluchen, als er durch die Tür zu uns schreitet. Sein vernichtender Blick streift für ein paar Sekunden meinen Fragenden. Als wäre ich die Ursache seines Jähzorns, wendet er grantig den Blick wieder ab und setzt sich neben mich. Im Gegensatz zu Jordan verströmt er jedoch kein erfrischendes Wärmegefühl.

Blue Rose - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt