Sonntag, 11.10.2020
Der Tag neigt sich dem Ende zu, doch Olivia und Christian sind noch immer da. Nachdem Amber ein paar Flaschen Wein besorgt hat, unterhalten sie sich ausgelassen über jeglichen Unsinn. Alle paar Minuten sehe ich auf mein Handy, in der Hoffnung, dass Jordan geschrieben oder angerufen hat, aber anscheinend ist er zu sehr beschäftigt. Es sollte mich nicht traurig machen, dass er sich seinem Job so sehr widmet, aber in Momenten wie diesen tut es das. Inmitten all dieser Leute, meiner Familie und meinen Freundinnen, fühle ich mich unheimlich einsam und sehne mich nach jemandem, der mir etwas Liebe entgegenbringt. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Amber und Pam mich gern haben, genauso wie meine Adoptiveltern, aber aus irgendeinem Grund fühle ich mich außen vor gelassen. Meine Mutmaßung wird verstärkt, als ich deprimiert auf den Balkon gehe und niemand sein Gespräch unterbricht, um mich zu fragen, ob etwas nicht stimmt.
Eine Weile sitze ich stumm auf dem alten Klappstuhl und betrachte die untergehende Sonne am Horizont, als ich aus dem Augenwinkel wahrnehme, wie sich jemand zu mir gesellt. Überrascht stelle ich fest, dass es Matt ist, der gleichgültig dreinblickt und sich mit etwas Abstand von mir an die Wand lehnt. Ich habe mir gewünscht, dass jemand kommt, um nach mir zu sehen. Was ich davon halten soll, dass dieser Jemand Matthew ist, weiß ich allerdings nicht. Vor ein paar Wochen hätte ich ihm meine Sorgen anvertraut, aber es hat sich so viel zwischen uns verändert, dass das nicht mehr geht. Himmel, ich kann ihn ja kaum ansehen, dabei ist er es, der den ersten Schritt machen sollte. Dieser ist bislang jedes Mal von mir ausgegangen. Es wird Zeit, dass auch er das Problem erkennt und versucht, etwa dagegen zu unternehmen.
„Eure Sachen liegen noch in der WG", unterbricht er plötzlich meine Gedanken. Verwirrt runzele ich die Stirn, weil ich nicht weiß, wovon er redet. „Als ihr abgehauen seid, habt ihr eure Zimmer nicht komplett ausgeräumt. Holt das nach. Am besten heute noch."
„Heute?", wiederhole ich fassungslos.
„Was?", gibt er bissig zurück und begegnet meinem fragenden Blick mit seinem strengen. „Habt ihr etwa vor wieder einzuziehen?"
„Nein!", antworte ich viel zu schnell.
„Dachte ich mir." Er lacht trocken auf. „Heute noch."
„Matt", seufze ich, erschöpft von dem ewigen Drama zwischen uns. Ich suche nach den richtigen Worten, um ein vernünftiges Gespräch mit ihm zu führen und gleichzeitig eine Eskalation zu vermeiden. „Es wird lächerlich. Wir waren doch früher nicht so. Wir waren–"
„Das war bevor du mir das Herz gebrochen hast." Er fällt mir barsch ins Wort. „Matthew. Nenn mich Matthew."
„Matt, du–"
„Matthew."
Der monotone Gesichtsausdruck, mit dem er mich bedenkt, macht mich mit einem Mal rasend vor Wut. „Weißt du, wie du dich gerade verhältst, Matthew?", frage ich anklagend und stelle mich nun vor ihn. Sein eiserner Ausdruck bröckelt für eine Sekunde, doch er fasst sich schnell wieder. „Wie ein kleines Kind! Wir müssen uns nicht streiten. Nicht wegen so etwas. Wir haben beide Fehler gemacht, aber es wird Zeit, dass wir sie uns eingestehen und daran arbeiten. Ich vermisse unsere Beziehung. Bitte lass unsere Freundschaft nicht zerbrechen. Nicht so."
„Du bist es, die unsere Freundschaft zerstört hat", spuckt er allen ernstes aus. Ich bin schockiert, um nicht zu sagen erschüttert, dass er wirklich so denkt. „Hättest du mich damals nicht um diesen Gefallen gebeten, wären meine Gefühle nie so weit gegangen! Hättest du dich für mich entschieden, dann–"
„Für dich entschieden?", unterbreche ich ihn scharf. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals und meine Augen beginnen verdächtig zu brennen. „Meinst du, ich kann mir einfach aussuchen, in wen ich mich verliebe? Wenn das so leicht wäre, könntest du dich auch dafür entscheiden, deine Gefühle für mich loszulassen. Es wird nie passieren, Matt, und das ist auch gut so. Du bist mein Adoptivbruder. Das ist nicht richtig, sieh es ein."
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Blue Rose - Band 2
RomanceNachdem Jordan eine klare Linie zwischen sich und Rose gezogen hat, gehen sie getrennte Wege. Doch es vergeht kein Tag, an dem sie nicht an den Mann denkt, in den sie verliebt ist. In Zeiten wie diesen ist sie es gewohnt, sich an Blue Rose zu wenden...