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Phoebe und Daisy laufen schon vor, während ich von Schritt zu Schritt nervöser werde. "Alles gut?", fragt Lottie neben mir und hakt sich bei mir ein. "Ein bisschen nervös vielleicht.", grinse ich und beiße mir auf die Wange.

Harry heute meiner Familie vorzustellen ist nervenaufreibender, als gedacht.

"Das wird bestimmt ganz toll. Ahh, ich bin schon so aufgeregt, ihn endlich zu sehen.", grinst meine Schwester und stößt mir spielerisch gegen die Schulter.

"Hier?", kommt es von Phoebe, die vor Harrys Zimmertür stehen geblieben ist. Da (warum auch immer) niemand vom Personal auf dem Gang ist, kamen wir schneller durch, als geplant. Und auch die komischen Blicke blieben mir bis jetzt erspart.

Ich nicke nur und obwohl nur die Zwillinge vor Harrys Zimmer stehen, klopfen sie und treten wenig später schon ein. Kopfschüttelnd beschleunige ich meine Schritte und merke wie Lottie neben mir anfängt zu lachen.

"Klappe.", fauche ich und kriege von Félicité eine über den Hinterkopf gezogen, was mich erschrocken aufstöhnen lässt. "Meine Nerven sind am Ende. Ich darf das. Außerdem bin ich der älteste.", entgegne ich und biege in Harrys Zimmer ein.

"So verhältst du dich aber manchmal nicht.", ruft Félicité, doch ich habe nur noch Augen für Harry, der mich mit einem breiten Lächeln angrinst. "Hey.", begrüße ich ihn und umarme ihn kurz. Wir haben uns zwar noch nie umarmt, da ich mich eigentlich immer direkt neben ihn setze und meine Hand mit seiner verschränke oder die Tattoos an seinen Armen nachzeichne.

Da Harry nie etwas gesagt hat, dass es ihn stören würde, habe ich auch nie was anderes gemacht.

"Hey.", murmelt er, bevor ich mich wieder von ihm löse und ihm eine Strähne hinters Ohr schiebe, was mir ein leises "aww" von Phoebe einbringt.

Peinlich berührt löse ich mein Hand wieder aus Harrys Haaren und drehe mich zu meiner Familie, um alle vorzustellen. "Also das sind meine Schwestern Daisy und Phoebe." Ich deute auf die Zwillinge, die Harry grinsend begrüßen und sich an den Tisch setzen.

"Das sind Lottie und Félicité, meine anderen Schwestern." Ich verdrehe innerlich die Augen, da ich meine Schwestern auch schon mal besser vorgestellt habe und deute, nachdem die beiden Harry ebenfalls begrüßt haben, auf Mark, der schräg hinter Lottie steht. "Und das ist Mark, mein Stief- mein Vater." Überrascht schauen meine Schwestern mich an, genau so wie Mark, der mich mit großen Augen anschaut und anfängt, etwas zu sagen, jedoch keine Worte seine Kehle verlassen.

Heute habe ich ihn das erste mal als meinen Vater vorgestellt, anstatt als meinen Stiefvater. Meinen leiblichen Vater kenne ich zwar nicht, aber bis heute war Mark irgendwie nur mein Stiefvater. Aber über die Jahre wurde er immer mehr zu meinem dad, jedoch hatte ich in den letzten Jahren Angst, ihn so zu nennen, da ich ja auch schon seit ein paar Jahren volljährig bin.

Lächelnd schaue ich meinen dad an und beiße mir grinsend auf die Lippe. "Und ja, das ist Harry.", sage ich schließlich und drehe meinen Kopf zu Harry, als er mich an der Hüfte zu sich aufs Bett zieht, sodass ich jetzt auf der Bettkante sitze.

Er lächelt mich breit an und macht keine Anstalten, seinen Arm von meiner Hüfte zu lösen.

"Weißt du schon, wann du hier wieder raus kommst?", kommt es von Félicité, die sich unbehaglich im Zimmer umsieht.

Félicité hasst Krankenhäuser, seitdem sie mit vier ihren Arm gebrochen hat und deswegen operiert werden musste und eine Nacht alleine im Krankenhaus bleiben musste.

"Wenn alles so läuft, wie jetzt, mit der Krankengymnastik, Mitte Januar. Ich hoffe jedoch, dass ich schon früher rauskomme. So langsam reicht es mir, in diesem Zimmer eingesperrt zu sein und ich nicht das machen darf, was ich eigentlich möchte. Ich fühle mich wie ein Kleinkind, welchem die Süßigkeiten verboten werden.", antwortet Harry und schaut zwischendurch zu mir.

„Das wird schon. Die letzten Tage warst du doch schon gut zu Fuß, oder?" Harry nickt und setzt sich ein bisschen aufrechter hin. „Wollt ihr euch setzen?", bietet er meinen Schwestern an, die mit Mark noch stehen. „Sie können sich auf den Stuhl setzen, wenn Louis hier sitzen bleiben möchte." Ich nicke und rücke noch ein Stück näher an Harry, was ihn zum Lächeln bringt.

„Duz mich bitte. So alt bin ich nun auch nicht.", antwortet Mark lachend und nimmt den Stuhl neben mir weg. „Soll ich einem von euch noch einen Stuhl aus dem Wartezimmer holen?", frage ich die Zwillinge und deute zur Tür. „Passt schon.", kommt es von Daisy und ich nicke nur.

„Zie deine Schuhe aus und setz ich ein bisschen gemütlicher hin.", flüstert Harry in mein Ohr. Ich schaue ihn vielleicht eine Sekunde zu lang an und streife mir schließlich meine Vans von den Füßen, bevor ich mich mit angezogenen Beinen neben Harry setze, der es mir gleich tut, sodass meine Schwestern genügend Platz am Fußende haben.

„Wollen wir vielleicht irgendwas spielen? Hast du Uno noch hier?", schlage ich vor und schaue fragend zu Harry, der gerade seinen Arm um meine Schulter legt. Er nickt nur, macht aber keine Anstalten, sich irgendwie zu bewegen, sondern blickt mir einfach nur in die Augen, was sich so anfühlt, als würde er direkt in meine Seele schauen können. Auch, als sich seine Hand etwas an meinen Hals legt und ich seinen Blick auf meinen Lippen spüre, unternehme ich nichts dagegen. Ich komme ihm sogar etwas entgegen und auch Harry macht Anstalten, sich mir zu nähern, zuckt jedoch mindestens genau so heftig zurück, wie ich, als es für meine Verhältnisse zu laut an der Zimmertür klopft.

Keine Antwort abwartend, öffnet sich die Tür schwungvoll und Tobi kommt mit einem breiten Grinsen in den Raum, welches fällt, als er mich sieht. „Tomlinson, was machst du hier?", fragt er schnippisch und macht die Tür mit seinem Fuß zu, da er ein Tablett Essen in der Hand hält. „Dir auch frohe Weihnachten, Tobi.", fange ich an und merke direkt, wie angespannt ich bin. „Ich besuche Harry, wie du siehst. Niemand sollte an Weihnachten alleine sein.", gebe ich so freundlich wie möglich von mir und lächele ihn gefälscht an.

„Und wer ist die halbe Fußballmannschaft?", fragt er nach und stellt das Tablett auf den Tisch. „Bekannte.", ist meine kurze Antwort, die mir definitiv gar nicht gefällt. Ich hasse es zu lügen, weiß aber auch, dass es eigentlich nicht legal ist, Familie vom Personal mit Patienten bekannt zu machen. Generell stehen Harry und ich uns viel zu nah und das könnte zu einem ganz großen Problem werden, wenn jemand auf die Idee kommt, irgendeinem vorgesetzten davon zu erzählen. Deswegen warte ich nur auf den Tag, an dem Harry entlassen wird und wir endlich unser Date haben können. Selbst, wenn aus uns nichts werden sollte, hatte ich zum mindestens ein Mal die Möglichkeit, ihn zum Essen ausführen zu können.

„Tomlinson.", reißt mich Tobis Stimme aus meinen Gedanken und ich schaue wieder zu ihm. „Immer noch Louis.", entgegne ich und merke, dass er wieder etwas gegen Harry sagen möchte, weswegen ich vom Bett aufstehe und auf die Tür zeige. „Bist du dir etwa zu schade, vor deinem Betthäschen mit mir zu reden?", provoziert er mich und grinst gehässig.

„Harry ist nicht mein Betthäschen!", fauche ich und will auf Tobi zu, als Mark mich zurückhält und ich versuche, mich von ihm zu lösen. „Beruhig dich.", flüstert er in mein Ohr und hält mich an den Oberarmen zurück. „Ohh, bist du zu schwach, dich zu befreien, um mir eine zu klatschen?", lacht Tobi und bewirkt damit nur, dass ich noch aggressiver werde.

Ich dachte, dass ich meine Aggressionsprobleme über die Jahre beiseite gelegt hab, was anscheinend nicht der Fall war.

„Glaub mir, wenn ich könnte, würde ich dich ohne mit der Wimper zu zucken, schlagen. Und gnade dir Gott, Wenn du Harry noch einmal so, oder so ähnlich betiteln wirst, klatscht es und zwar keinen Beifall.", fauche ich und bin froh, dass ich zurückgehalten werde.

Dass die Tür aufschwingt, merke ich nicht und wende meinen Blick erst von Tobi ab, als Harry vor mir auftaucht und anscheinend einen Blick mit meinem dad wechselt, da dieser mich loslässt und Harry sich kurz darauf zu der neuen Person im Raum umdreht, die sich wenig später als der Chefarzt der Station entpuppt. „Was ist hier los?", fragt er und schaut zwischen Tobi, Harry und mir hin und her.

„Es tut mir so leid.", flüstere ich mit gebrochener Stimme und schnappe mir meine Schuhe, bevor ich blitzschnell den Raum verlasse und die aufkommenden Tränen versuche zu unterdrücken. „Louis, warte!", ertönt die Stimme von Lottie hinter mir, doch ich laufe nur zum Treppenhaus, die Treppen nach oben in Richtung des abgesperrten Bereiches. Bis heute war mein Zufluchtsort das Zimmer von Harry, nur dummerweise bin ich genau heute aus diesem geflohen.

In einer dunklen Ecke lasse ich mich nieder und versuche, nicht so laut zu schluchzen, während ich darüber nachdenke, wozu meine Gefühle zu Harry geführt haben.

Only a matter of time || Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt